Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.Es war ein Rechtsstreit zwischen der romanti¬ Es war ein Rechtsſtreit zwiſchen der romanti¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0146" n="134"/> <p>Es war ein Rechtsſtreit zwiſchen der romanti¬<lb/> ſchen und der klaſſiſchen Schule, es war wörtlich<lb/> nichts anders als das, wie wir ſpäter aus Victor<lb/> Hugo's Rede ſehen werden — und dieſen Streit<lb/> ſollte ein Handelsgericht entſcheiden! Iſt das nicht<lb/> merkwürdig? Die Anhänger der romantiſchen Schule<lb/> hatten ſich in großer Menge frühzeitig im Saale ein¬<lb/> gefunden und ſollen ſich ſehr unanſtändig und unge¬<lb/> bührlich betragen haben. Als ihr König und Feld¬<lb/> herr Victor Hugo eintrat, wurde er von ſeinem<lb/> treuen Heere mit rauſchendem Beifallklatſchen empfan¬<lb/> gen; aber es ſchien, daß ihn dieſe kleine Huldigung<lb/> mehr in Verlegenheit geſetzt als geſchmeichelt habe.<lb/> Odillon-Barrot, der Advokat des Klägers, nahm das<lb/> Wort. „Die Berühmtheit meines Clienten überhebt<lb/> „mich der Pflicht Sie mit ihm bekannt zu machen.<lb/> „Seine Sendung, die ihm von ſeinem Talente, ſei¬<lb/> „nem Genie angewieſen, war, unſere Literatur zur<lb/> „Wahrheit zurückzuführen; nicht zu jener Wahrheit<lb/> „die nur ein Werk zur Uebereinkunft iſt, zu einer<lb/> „gemachten Wahrheit; ſondern zu der Wahrheit, die<lb/> „aus der Tiefe unſerer Natur, unſerer Sitten und<lb/> „Gewohnheiten geſchöpft wird. Dieſe Sendung, er<lb/> „hat ſie mit Muth übernommen, mit Ausdauer und<lb/> „Talent durchgeführt.“ Nun bitte ich Sie, was das<lb/> für Menſchen ſind! Da iſt Viktor Hugo, der Fürſt<lb/> der Romantiker, der ſein Land und Volk vertheidigt;<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [134/0146]
Es war ein Rechtsſtreit zwiſchen der romanti¬
ſchen und der klaſſiſchen Schule, es war wörtlich
nichts anders als das, wie wir ſpäter aus Victor
Hugo's Rede ſehen werden — und dieſen Streit
ſollte ein Handelsgericht entſcheiden! Iſt das nicht
merkwürdig? Die Anhänger der romantiſchen Schule
hatten ſich in großer Menge frühzeitig im Saale ein¬
gefunden und ſollen ſich ſehr unanſtändig und unge¬
bührlich betragen haben. Als ihr König und Feld¬
herr Victor Hugo eintrat, wurde er von ſeinem
treuen Heere mit rauſchendem Beifallklatſchen empfan¬
gen; aber es ſchien, daß ihn dieſe kleine Huldigung
mehr in Verlegenheit geſetzt als geſchmeichelt habe.
Odillon-Barrot, der Advokat des Klägers, nahm das
Wort. „Die Berühmtheit meines Clienten überhebt
„mich der Pflicht Sie mit ihm bekannt zu machen.
„Seine Sendung, die ihm von ſeinem Talente, ſei¬
„nem Genie angewieſen, war, unſere Literatur zur
„Wahrheit zurückzuführen; nicht zu jener Wahrheit
„die nur ein Werk zur Uebereinkunft iſt, zu einer
„gemachten Wahrheit; ſondern zu der Wahrheit, die
„aus der Tiefe unſerer Natur, unſerer Sitten und
„Gewohnheiten geſchöpft wird. Dieſe Sendung, er
„hat ſie mit Muth übernommen, mit Ausdauer und
„Talent durchgeführt.“ Nun bitte ich Sie, was das
für Menſchen ſind! Da iſt Viktor Hugo, der Fürſt
der Romantiker, der ſein Land und Volk vertheidigt;
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