Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.und den Blatternarben der Freiheit und ein hübsches, und den Blatternarben der Freiheit und ein hübſches, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <p><pb facs="#f0016" n="4"/> und den Blatternarben der Freiheit und ein hübſches,<lb/> weibliches, polizeiglattes Geſicht behalte; ſondern ge¬<lb/> gen die Baiern, die ruhig und breit daſtehen, wie die<lb/> Bocksbierfäßer, und ohne ſich zu rühren, ſich anzapfen<lb/> laſſen von dem unerſättlichen Gewalts-Durſte ihres<lb/> Königs. Nicht gegen die heſſiſche Maitreſſen-Re¬<lb/> gierung, welche alle freiſinnigen Deputirten mit Fä¬<lb/> cherſchlägen aus der Kammer jagt; ſondern gegen<lb/> dieſe ſelbſt, die ſich wie Spatzen durch ein Huſch!<lb/> Huſch! vertreiben laſſen. Die in Caſſel begreife ich<lb/> nicht. Die Cholera iſt dort und wie ich geleſen ha¬<lb/> ben ſie große Furcht davor. Wenn man aber die<lb/> Cholera fürchtet, wie kann man zugleich Gefängniß<lb/> und Geldſtrafen fürchten? Aber der Deutſche hat<lb/> ein großes Herz! Als einſt Napoleon einen Offi¬<lb/> zier ausſchmähete, antwortete dieſer: Ihr Zorn iſt<lb/> nicht gefährlicher als eine Kanonenkugel — und dar¬<lb/> auf ſchwieg der Kaiſer und lächelte. Es war freilich<lb/> Napoleon; wäre es ein deutſcher Wachtparadenfürſt<lb/> geweſen, er hätte den Offizier kaſſirt und ihn auf<lb/> die Feſtung geſchickt. Es iſt doch etwas ſehr ge¬<lb/> heimnißvolles in der Furcht; den Heldenmuth begreift<lb/> man viel leichter. Hunderte von freiſinnigen Bürgern<lb/> in Frankfurt laſſen ſich dort von der Polizei ſchul¬<lb/> bübiſch examiniren und abſtrafen und denken gar nicht<lb/> daran, daß wenn ſie hunderte wie ihrer ſind, ſich<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [4/0016]
und den Blatternarben der Freiheit und ein hübſches,
weibliches, polizeiglattes Geſicht behalte; ſondern ge¬
gen die Baiern, die ruhig und breit daſtehen, wie die
Bocksbierfäßer, und ohne ſich zu rühren, ſich anzapfen
laſſen von dem unerſättlichen Gewalts-Durſte ihres
Königs. Nicht gegen die heſſiſche Maitreſſen-Re¬
gierung, welche alle freiſinnigen Deputirten mit Fä¬
cherſchlägen aus der Kammer jagt; ſondern gegen
dieſe ſelbſt, die ſich wie Spatzen durch ein Huſch!
Huſch! vertreiben laſſen. Die in Caſſel begreife ich
nicht. Die Cholera iſt dort und wie ich geleſen ha¬
ben ſie große Furcht davor. Wenn man aber die
Cholera fürchtet, wie kann man zugleich Gefängniß
und Geldſtrafen fürchten? Aber der Deutſche hat
ein großes Herz! Als einſt Napoleon einen Offi¬
zier ausſchmähete, antwortete dieſer: Ihr Zorn iſt
nicht gefährlicher als eine Kanonenkugel — und dar¬
auf ſchwieg der Kaiſer und lächelte. Es war freilich
Napoleon; wäre es ein deutſcher Wachtparadenfürſt
geweſen, er hätte den Offizier kaſſirt und ihn auf
die Feſtung geſchickt. Es iſt doch etwas ſehr ge¬
heimnißvolles in der Furcht; den Heldenmuth begreift
man viel leichter. Hunderte von freiſinnigen Bürgern
in Frankfurt laſſen ſich dort von der Polizei ſchul¬
bübiſch examiniren und abſtrafen und denken gar nicht
daran, daß wenn ſie hunderte wie ihrer ſind, ſich
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