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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.

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Ich habe die Xenien gelesen und habe mich sehr
daran ergötzt. Die Hauptsache ist jetzt, die schläfri¬
gen Deutschen wach zu erhalten, sei es durch Kaffe
oder Schnupftaback, sei es durch singen oder schreien
-- gleichviel; nur daß sie nicht einschlafen. Schla¬
fend durch die Pontinischen Sümpfe zu reisen, soll
lebensgefährlich sein. Viele Xenien haben mir unge¬
mein gut gefallen, besonders die über mich -- ver¬
steht sich. Grob sind sie freilich alle, grobianißimo.
Aber was liegt daran, wie eine Katze die Mäuse
abthut, wenn wir sie dadurch los werden? Auch
hat ja der Dichter sehr gut erklärt warum die Gra¬
zien ausgeblieben. Aber seine hebräischen Späße sind
entsetzlich einfältig. Das war wohl die Vermögens¬
steuer des Frankfurter Bürgers, und der Mann hat
sich aus Eitelkeit für dümmer angegeben als er ist.
Er mag sich hüten, daß Heine nicht über ihn kömmt,
er mag seine Nachtmütze nur recht tief über die Au¬
gen herunterziehen. Erinnern Sie sich:


Ich habe die Xenien geleſen und habe mich ſehr
daran ergötzt. Die Hauptſache iſt jetzt, die ſchläfri¬
gen Deutſchen wach zu erhalten, ſei es durch Kaffe
oder Schnupftaback, ſei es durch ſingen oder ſchreien
— gleichviel; nur daß ſie nicht einſchlafen. Schla¬
fend durch die Pontiniſchen Sümpfe zu reiſen, ſoll
lebensgefährlich ſein. Viele Xenien haben mir unge¬
mein gut gefallen, beſonders die über mich — ver¬
ſteht ſich. Grob ſind ſie freilich alle, grobianißimo.
Aber was liegt daran, wie eine Katze die Mäuſe
abthut, wenn wir ſie dadurch los werden? Auch
hat ja der Dichter ſehr gut erklärt warum die Gra¬
zien ausgeblieben. Aber ſeine hebräiſchen Späße ſind
entſetzlich einfältig. Das war wohl die Vermögens¬
ſteuer des Frankfurter Bürgers, und der Mann hat
ſich aus Eitelkeit für dümmer angegeben als er iſt.
Er mag ſich hüten, daß Heine nicht über ihn kömmt,
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[169/0181] Freitag, den 4. Januar. Ich habe die Xenien geleſen und habe mich ſehr daran ergötzt. Die Hauptſache iſt jetzt, die ſchläfri¬ gen Deutſchen wach zu erhalten, ſei es durch Kaffe oder Schnupftaback, ſei es durch ſingen oder ſchreien — gleichviel; nur daß ſie nicht einſchlafen. Schla¬ fend durch die Pontiniſchen Sümpfe zu reiſen, ſoll lebensgefährlich ſein. Viele Xenien haben mir unge¬ mein gut gefallen, beſonders die über mich — ver¬ ſteht ſich. Grob ſind ſie freilich alle, grobianißimo. Aber was liegt daran, wie eine Katze die Mäuſe abthut, wenn wir ſie dadurch los werden? Auch hat ja der Dichter ſehr gut erklärt warum die Gra¬ zien ausgeblieben. Aber ſeine hebräiſchen Späße ſind entſetzlich einfältig. Das war wohl die Vermögens¬ ſteuer des Frankfurter Bürgers, und der Mann hat ſich aus Eitelkeit für dümmer angegeben als er iſt. Er mag ſich hüten, daß Heine nicht über ihn kömmt, er mag ſeine Nachtmütze nur recht tief über die Au¬ gen herunterziehen. Erinnern Sie ſich:

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/181>, abgerufen am 26.11.2024.