Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Nacht überfiel er einen malaiischen Ort und metzelte
die Einwohner nieder, sie für verübte Gewaltthätig¬
keiten zu züchtigen. Die Gefangenen der Malaien
befreite er. Unter diesen war ein Araber, zum Tode
verwundet, der ehe er verschied, die Hand seiner
vierzehenjährigen Tochter in die ihres Erretters legte.
Der Corsar trug sie auf seinen Schultern in sein
Schiff. Sie ward sein Weib, die Mutter seiner
Kinder, sie begleitete ihn auf allen seinen Seezügen,
theilte alle seine Gefahren, ward sein Schutzgeist.
Könnte ich Ihnen die arabische Zela schildern! Sie
ist der holde Genius des Kaffes, der heiße
dunkle Blick des Morgenlandes, ein Brennspiegel der
Seeligkeit. Zela ist für den Geist des Corsaren, was
der Kaffe für sein Fleisch. Denn ich muß Ihnen
sagen, er trinkt Kaffe, wie ich auch, nur unter an¬
dern Umständen, und das hat mich am meisten ge¬
ärgert und darüber bin ich roth geworden. Ich
trinke Kaffe -- nicht einmal des Morgens, da kann
ich ihn nicht vertragen; sondern Mittags nach dem
Essen, nachdem ich etwas geschlummert, um neue
Kraft zu neuer Schwäche zu sammeln; ehe ich mich
wieder an den Schreibtisch setze und federfuchse und
schimpfe wie ein altes Weib gegen Buben, die mit
Steinen nach mir werfen. Er -- wenn ihn eine
tolle Meereswoge in die See schleudert und die Wel¬
len mit ihm spielen und ihn sich einander zurollen;

Nacht überfiel er einen malaiiſchen Ort und metzelte
die Einwohner nieder, ſie für verübte Gewaltthätig¬
keiten zu züchtigen. Die Gefangenen der Malaien
befreite er. Unter dieſen war ein Araber, zum Tode
verwundet, der ehe er verſchied, die Hand ſeiner
vierzehenjährigen Tochter in die ihres Erretters legte.
Der Corſar trug ſie auf ſeinen Schultern in ſein
Schiff. Sie ward ſein Weib, die Mutter ſeiner
Kinder, ſie begleitete ihn auf allen ſeinen Seezügen,
theilte alle ſeine Gefahren, ward ſein Schutzgeiſt.
Könnte ich Ihnen die arabiſche Zela ſchildern! Sie
iſt der holde Genius des Kaffes, der heiße
dunkle Blick des Morgenlandes, ein Brennſpiegel der
Seeligkeit. Zela iſt für den Geiſt des Corſaren, was
der Kaffe für ſein Fleiſch. Denn ich muß Ihnen
ſagen, er trinkt Kaffe, wie ich auch, nur unter an¬
dern Umſtänden, und das hat mich am meiſten ge¬
ärgert und darüber bin ich roth geworden. Ich
trinke Kaffe — nicht einmal des Morgens, da kann
ich ihn nicht vertragen; ſondern Mittags nach dem
Eſſen, nachdem ich etwas geſchlummert, um neue
Kraft zu neuer Schwäche zu ſammeln; ehe ich mich
wieder an den Schreibtiſch ſetze und federfuchſe und
ſchimpfe wie ein altes Weib gegen Buben, die mit
Steinen nach mir werfen. Er — wenn ihn eine
tolle Meereswoge in die See ſchleudert und die Wel¬
len mit ihm ſpielen und ihn ſich einander zurollen;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0233" n="221"/>
Nacht überfiel er einen malaii&#x017F;chen Ort und metzelte<lb/>
die Einwohner nieder, &#x017F;ie für verübte Gewaltthätig¬<lb/>
keiten zu züchtigen. Die Gefangenen der Malaien<lb/>
befreite er. Unter die&#x017F;en war ein Araber, zum Tode<lb/>
verwundet, der ehe er ver&#x017F;chied, die Hand &#x017F;einer<lb/>
vierzehenjährigen Tochter in die ihres Erretters legte.<lb/>
Der Cor&#x017F;ar trug &#x017F;ie auf &#x017F;einen Schultern in &#x017F;ein<lb/>
Schiff. Sie ward &#x017F;ein Weib, die Mutter &#x017F;einer<lb/>
Kinder, &#x017F;ie begleitete ihn auf allen &#x017F;einen Seezügen,<lb/>
theilte alle &#x017F;eine Gefahren, ward &#x017F;ein Schutzgei&#x017F;t.<lb/>
Könnte ich Ihnen die arabi&#x017F;che <hi rendition="#g">Zela</hi> &#x017F;childern! Sie<lb/>
i&#x017F;t der holde <hi rendition="#g">Genius des Kaffes</hi>, der heiße<lb/>
dunkle Blick des Morgenlandes, ein Brenn&#x017F;piegel der<lb/>
Seeligkeit. Zela i&#x017F;t für den Gei&#x017F;t des Cor&#x017F;aren, was<lb/>
der Kaffe für &#x017F;ein Flei&#x017F;ch. Denn ich muß Ihnen<lb/>
&#x017F;agen, er trinkt Kaffe, wie ich auch, nur unter an¬<lb/>
dern Um&#x017F;tänden, und das hat mich am mei&#x017F;ten ge¬<lb/>
ärgert und darüber bin ich roth geworden. Ich<lb/>
trinke Kaffe &#x2014; nicht einmal des Morgens, da kann<lb/>
ich ihn nicht vertragen; &#x017F;ondern Mittags nach dem<lb/>
E&#x017F;&#x017F;en, nachdem ich etwas ge&#x017F;chlummert, um neue<lb/>
Kraft zu neuer Schwäche zu &#x017F;ammeln; ehe ich mich<lb/>
wieder an den Schreibti&#x017F;ch &#x017F;etze und federfuch&#x017F;e und<lb/>
&#x017F;chimpfe wie ein altes Weib gegen Buben, die mit<lb/>
Steinen nach mir werfen. Er &#x2014; wenn ihn eine<lb/>
tolle Meereswoge in die See &#x017F;chleudert und die Wel¬<lb/>
len mit ihm &#x017F;pielen und ihn &#x017F;ich einander zurollen;<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[221/0233] Nacht überfiel er einen malaiiſchen Ort und metzelte die Einwohner nieder, ſie für verübte Gewaltthätig¬ keiten zu züchtigen. Die Gefangenen der Malaien befreite er. Unter dieſen war ein Araber, zum Tode verwundet, der ehe er verſchied, die Hand ſeiner vierzehenjährigen Tochter in die ihres Erretters legte. Der Corſar trug ſie auf ſeinen Schultern in ſein Schiff. Sie ward ſein Weib, die Mutter ſeiner Kinder, ſie begleitete ihn auf allen ſeinen Seezügen, theilte alle ſeine Gefahren, ward ſein Schutzgeiſt. Könnte ich Ihnen die arabiſche Zela ſchildern! Sie iſt der holde Genius des Kaffes, der heiße dunkle Blick des Morgenlandes, ein Brennſpiegel der Seeligkeit. Zela iſt für den Geiſt des Corſaren, was der Kaffe für ſein Fleiſch. Denn ich muß Ihnen ſagen, er trinkt Kaffe, wie ich auch, nur unter an¬ dern Umſtänden, und das hat mich am meiſten ge¬ ärgert und darüber bin ich roth geworden. Ich trinke Kaffe — nicht einmal des Morgens, da kann ich ihn nicht vertragen; ſondern Mittags nach dem Eſſen, nachdem ich etwas geſchlummert, um neue Kraft zu neuer Schwäche zu ſammeln; ehe ich mich wieder an den Schreibtiſch ſetze und federfuchſe und ſchimpfe wie ein altes Weib gegen Buben, die mit Steinen nach mir werfen. Er — wenn ihn eine tolle Meereswoge in die See ſchleudert und die Wel¬ len mit ihm ſpielen und ihn ſich einander zurollen;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/233
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/233>, abgerufen am 21.11.2024.