Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.ehe das Gemetzel in Antwerpen angeht, das vielleicht Es darf Sie nicht wundern, daß die vier ehe das Gemetzel in Antwerpen angeht, das vielleicht Es darf Sie nicht wundern, daß die vier <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0035" n="23"/> ehe das Gemetzel in Antwerpen angeht, das vielleicht<lb/> die Sperrung des Poſtenlaufs nach Deutſchland zur<lb/> Folge haben kann. Die Holländer in der Citadelle<lb/> haben zwei hundert Mörſer, die Franzoſen in der<lb/> Stadt vierhundert. Dieſe ſechshundert Mörſer kön¬<lb/> nen in Zeit von einer Stunde zwölftauſend Men¬<lb/> ſchen zerſtoßen. Dann gäbe es zwar zwölftauſend<lb/> Narren weniger in der Stadt; aber ſie dauern mich<lb/> doch die armen zerquetſchten Menſchen! Es bleiben<lb/> ſo viele Narren noch übrig, daß man den kleinen<lb/> Abgang nicht ſpüren wird. Sich todt ſchießen zu<lb/> laſſen um einen Taufnamen, daß ein König Wilhelm<lb/> oder Leopold heiße! Die Erde iſt das Tollhaus der<lb/> Welt und alle Narren des Firmaments ſind da ver¬<lb/> ſammelt.</p><lb/> <p>Es darf Sie nicht wundern, daß die vier<lb/> Bände Tugend von Balzac mir keine Langeweile ge¬<lb/> macht. Denn erſtens iſt es weibliche Tugend, die<lb/> mich nicht hindert, ich meine <hi rendition="#g">nicht mehr</hi>. Dann<lb/> ſind es gerade nicht immer tugendhafte Perſonen<lb/> die auftreten, ſondern im Gegentheile. Nachdem<lb/> man aber mit den andern den Blumenweg der Un¬<lb/> tugend gewandert, ſtellt der Verfaſſer tugendhafte<lb/> Betrachtungen an, die man ſich gefallen läßt, weil<lb/> ſie nichts koſten, denn man hat den Profit voraus.<lb/> Aber ich kann Ihnen den Balzac nicht genug loben.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [23/0035]
ehe das Gemetzel in Antwerpen angeht, das vielleicht
die Sperrung des Poſtenlaufs nach Deutſchland zur
Folge haben kann. Die Holländer in der Citadelle
haben zwei hundert Mörſer, die Franzoſen in der
Stadt vierhundert. Dieſe ſechshundert Mörſer kön¬
nen in Zeit von einer Stunde zwölftauſend Men¬
ſchen zerſtoßen. Dann gäbe es zwar zwölftauſend
Narren weniger in der Stadt; aber ſie dauern mich
doch die armen zerquetſchten Menſchen! Es bleiben
ſo viele Narren noch übrig, daß man den kleinen
Abgang nicht ſpüren wird. Sich todt ſchießen zu
laſſen um einen Taufnamen, daß ein König Wilhelm
oder Leopold heiße! Die Erde iſt das Tollhaus der
Welt und alle Narren des Firmaments ſind da ver¬
ſammelt.
Es darf Sie nicht wundern, daß die vier
Bände Tugend von Balzac mir keine Langeweile ge¬
macht. Denn erſtens iſt es weibliche Tugend, die
mich nicht hindert, ich meine nicht mehr. Dann
ſind es gerade nicht immer tugendhafte Perſonen
die auftreten, ſondern im Gegentheile. Nachdem
man aber mit den andern den Blumenweg der Un¬
tugend gewandert, ſtellt der Verfaſſer tugendhafte
Betrachtungen an, die man ſich gefallen läßt, weil
ſie nichts koſten, denn man hat den Profit voraus.
Aber ich kann Ihnen den Balzac nicht genug loben.
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