Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.Moral an? Warum haben sie die Ausführung des Moral an? Warum haben ſie die Ausführung des <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0097" n="85"/> Moral an? Warum haben ſie die Ausführung des<lb/> Stückes verboten? Bin ich nicht da? Hören wir<lb/> jetzt was Viktor Hugo darüber ſagt. Am Morgen<lb/> nach der erſten Aufführung erhielt der Dichter ein<lb/> Billet vom Theater-Direktor; er habe ſo eben vom<lb/> Miniſter den Befehl erhalten, das Stück nicht ferner<lb/> geben zu laſſen. „<hi rendition="#aq">L'auteur, ne pouvant croire à<lb/> „tant d'insolence et de folie, courrût au théa¬<lb/> „tre</hi>“ ... <hi rendition="#aq">Insolence</hi> — <hi rendition="#aq">folie</hi> — von einem Mi¬<lb/> niſter! das wäre nach dem baieriſchen Strafrechte ein<lb/> Verbrechen, das von einem Majeſtätsverbrechen nur<lb/> durch eine Brandmauer geſchieden iſt, der Hausnach¬<lb/> bar eines Königsmordes. Viktor Hugo eilt in das<lb/> Theater; es iſt wirklich ſo; er lieſt den Befehl des<lb/> Miniſters. Das Drama wäre unmoraliſch befunden<lb/> worden. <hi rendition="#aq">„Cette pièce a revolté la pudeur des<lb/> „gensd'armes, la brigade Leotaut y étoit et l'a<lb/> „trouvé obscêne; le bureau des moeurs s'est<lb/> „voilé la face; monsieur Vidocq a rougi</hi>.“<lb/> Aber war es von Seiten des Miniſters mit der<lb/> Einwendung der Unmoralität ernſt gemeint? Hugo<lb/> ſagt: das ſei nur ein Vorwand geweſen, der eigent¬<lb/> liche Grund aber des Verbotes ſei ein Vers im<lb/> dritten Akte „<hi rendition="#aq">où la sagacité maladroite de quel¬<lb/> „sion familiers du palais a découvert une allu¬<lb/> „sion à laquelle ni le public ni l'auteur n'avait<lb/> „songé jusque là, mais qui une fois denoncée</hi><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [85/0097]
Moral an? Warum haben ſie die Ausführung des
Stückes verboten? Bin ich nicht da? Hören wir
jetzt was Viktor Hugo darüber ſagt. Am Morgen
nach der erſten Aufführung erhielt der Dichter ein
Billet vom Theater-Direktor; er habe ſo eben vom
Miniſter den Befehl erhalten, das Stück nicht ferner
geben zu laſſen. „L'auteur, ne pouvant croire à
„tant d'insolence et de folie, courrût au théa¬
„tre“ ... Insolence — folie — von einem Mi¬
niſter! das wäre nach dem baieriſchen Strafrechte ein
Verbrechen, das von einem Majeſtätsverbrechen nur
durch eine Brandmauer geſchieden iſt, der Hausnach¬
bar eines Königsmordes. Viktor Hugo eilt in das
Theater; es iſt wirklich ſo; er lieſt den Befehl des
Miniſters. Das Drama wäre unmoraliſch befunden
worden. „Cette pièce a revolté la pudeur des
„gensd'armes, la brigade Leotaut y étoit et l'a
„trouvé obscêne; le bureau des moeurs s'est
„voilé la face; monsieur Vidocq a rougi.“
Aber war es von Seiten des Miniſters mit der
Einwendung der Unmoralität ernſt gemeint? Hugo
ſagt: das ſei nur ein Vorwand geweſen, der eigent¬
liche Grund aber des Verbotes ſei ein Vers im
dritten Akte „où la sagacité maladroite de quel¬
„sion familiers du palais a découvert une allu¬
„sion à laquelle ni le public ni l'auteur n'avait
„songé jusque là, mais qui une fois denoncée
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