Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

gelitten. Und doch ist nichts außerordentliches in
ihm, als daß er sich außerordentlich viel Freiheit
genommen. Nichts Ungewöhnliches ist ihm begegnet;
aber er ist den gemeinen Dingen auf eine ungewöhn¬
liche Art begegnet und das hat ihn groß gemacht.
Man sieht: es ist in jedem Menschen eine Kraft
gleich der des Dampfes, und wer diese zu finden
und zu gebrauchen versteht, kann mehr vollbringen
als tausend andere vereinte Menschen.

Aber nicht bloß ein Held ist Trelawney, er ist
auch ein Meister im Malen und im Dichten.
Nichts herrlicher als seine Beschreibungen von jener
zauberhaften indischen Welt; nichts epischer und
dramatischer als seine Schilderungen der Ereignisse
und der Menschen und Völkerschaften die daran
Theil genommen. Es begleiten ihn zwei komische
Charaktere auf seinem abentheuerlichen Leben, der
Koch und der Wundarzt des Schiffes, die Shakespear
nicht schöner hätte darstellen können. Sie leben
beide mit Geist und Herz nur in ihrer Kunst.
Auf dem Meere und in der Sandwüste, bei Sturm
und Sonnenschein, in der Schlacht und im lustigen
Uebermuthe des Hafens, denken sie nur an kochen
und heilen. Und auch hier sieht man was die Frei¬
heit vermag. Der Koch wagt Gerichte, vor denen
Vatel gezittert, der Wundarzt Heilungen, vor

gelitten. Und doch iſt nichts außerordentliches in
ihm, als daß er ſich außerordentlich viel Freiheit
genommen. Nichts Ungewöhnliches iſt ihm begegnet;
aber er iſt den gemeinen Dingen auf eine ungewöhn¬
liche Art begegnet und das hat ihn groß gemacht.
Man ſieht: es iſt in jedem Menſchen eine Kraft
gleich der des Dampfes, und wer dieſe zu finden
und zu gebrauchen verſteht, kann mehr vollbringen
als tauſend andere vereinte Menſchen.

Aber nicht bloß ein Held iſt Trelawney, er iſt
auch ein Meiſter im Malen und im Dichten.
Nichts herrlicher als ſeine Beſchreibungen von jener
zauberhaften indiſchen Welt; nichts epiſcher und
dramatiſcher als ſeine Schilderungen der Ereigniſſe
und der Menſchen und Völkerſchaften die daran
Theil genommen. Es begleiten ihn zwei komiſche
Charaktere auf ſeinem abentheuerlichen Leben, der
Koch und der Wundarzt des Schiffes, die Shakespear
nicht ſchöner hätte darſtellen können. Sie leben
beide mit Geiſt und Herz nur in ihrer Kunſt.
Auf dem Meere und in der Sandwüſte, bei Sturm
und Sonnenſchein, in der Schlacht und im luſtigen
Uebermuthe des Hafens, denken ſie nur an kochen
und heilen. Und auch hier ſieht man was die Frei¬
heit vermag. Der Koch wagt Gerichte, vor denen
Vatel gezittert, der Wundarzt Heilungen, vor

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0192" n="180"/>
gelitten. Und doch i&#x017F;t nichts außerordentliches in<lb/>
ihm, als daß er &#x017F;ich außerordentlich viel Freiheit<lb/>
genommen. Nichts Ungewöhnliches i&#x017F;t ihm begegnet;<lb/>
aber er i&#x017F;t den gemeinen Dingen auf eine ungewöhn¬<lb/>
liche Art begegnet und das hat ihn groß gemacht.<lb/>
Man &#x017F;ieht: es i&#x017F;t in jedem Men&#x017F;chen eine Kraft<lb/>
gleich der des Dampfes, und wer die&#x017F;e zu finden<lb/>
und zu gebrauchen ver&#x017F;teht, kann mehr vollbringen<lb/>
als tau&#x017F;end andere vereinte Men&#x017F;chen.</p><lb/>
          <p>Aber nicht bloß ein Held i&#x017F;t Trelawney, er i&#x017F;t<lb/>
auch ein Mei&#x017F;ter im Malen und im Dichten.<lb/>
Nichts herrlicher als &#x017F;eine Be&#x017F;chreibungen von jener<lb/>
zauberhaften indi&#x017F;chen Welt; nichts epi&#x017F;cher und<lb/>
dramati&#x017F;cher als &#x017F;eine Schilderungen der Ereigni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
und der Men&#x017F;chen und Völker&#x017F;chaften die daran<lb/>
Theil genommen. Es begleiten ihn zwei komi&#x017F;che<lb/>
Charaktere auf &#x017F;einem abentheuerlichen Leben, der<lb/>
Koch und der Wundarzt des Schiffes, die Shakespear<lb/>
nicht &#x017F;chöner hätte dar&#x017F;tellen können. Sie leben<lb/>
beide mit Gei&#x017F;t und Herz nur in ihrer Kun&#x017F;t.<lb/><hi rendition="#g">Auf</hi> dem Meere und in der Sandwü&#x017F;te, bei Sturm<lb/>
und Sonnen&#x017F;chein, in der Schlacht und im lu&#x017F;tigen<lb/>
Uebermuthe des Hafens, denken &#x017F;ie nur an kochen<lb/>
und heilen. Und auch hier &#x017F;ieht man was die Frei¬<lb/>
heit vermag. Der Koch wagt Gerichte, vor denen<lb/>
Vatel gezittert, der Wundarzt Heilungen, vor<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[180/0192] gelitten. Und doch iſt nichts außerordentliches in ihm, als daß er ſich außerordentlich viel Freiheit genommen. Nichts Ungewöhnliches iſt ihm begegnet; aber er iſt den gemeinen Dingen auf eine ungewöhn¬ liche Art begegnet und das hat ihn groß gemacht. Man ſieht: es iſt in jedem Menſchen eine Kraft gleich der des Dampfes, und wer dieſe zu finden und zu gebrauchen verſteht, kann mehr vollbringen als tauſend andere vereinte Menſchen. Aber nicht bloß ein Held iſt Trelawney, er iſt auch ein Meiſter im Malen und im Dichten. Nichts herrlicher als ſeine Beſchreibungen von jener zauberhaften indiſchen Welt; nichts epiſcher und dramatiſcher als ſeine Schilderungen der Ereigniſſe und der Menſchen und Völkerſchaften die daran Theil genommen. Es begleiten ihn zwei komiſche Charaktere auf ſeinem abentheuerlichen Leben, der Koch und der Wundarzt des Schiffes, die Shakespear nicht ſchöner hätte darſtellen können. Sie leben beide mit Geiſt und Herz nur in ihrer Kunſt. Auf dem Meere und in der Sandwüſte, bei Sturm und Sonnenſchein, in der Schlacht und im luſtigen Uebermuthe des Hafens, denken ſie nur an kochen und heilen. Und auch hier ſieht man was die Frei¬ heit vermag. Der Koch wagt Gerichte, vor denen Vatel gezittert, der Wundarzt Heilungen, vor

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/192
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/192>, abgerufen am 23.11.2024.