Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Beaumarchais, durch seine Gewandtheit, wußte aus allen
diesen Verwicklungen sich zu seinem Vortheile zu ziehen.
Nun, dieser nämliche Beaumarchais zeigte sich in der
Revolution unerfahren wie ein Kind, feige wie ein
deutscher Stubengelehrter. Er unternahm auch für
die revoultionaire Regierung, Gewehrlieferungen;
verlor aber nicht allein sein Geld, sondern fast auch
seinen Kopf darüber. Früher hatte er es mit Mi
nistern einer absoluten Monarchie zu thun. Die
Cabinetsthüren solcher Großen schließen und öffnen
sich jedem leicht und sanft, der Schlösser und An¬
geln zu ölen versteht. Später hatte es Beaumar¬
chais mit ehrlichen, das heißt mit gefährlichen
Leuten zu thun; das wußte er nicht zu unterscheiden
und ging zu Grunde darüber.

Man hörte, daß er im Auslande Waffen auf¬
kaufte, und er kam in Verdacht, dieses für Rechnung
der Feinde zu thun; das Gerücht verbreitet sich im
Volke. In einer Nacht stürmten die Vorstädter,
Racheglühend, sein Haus. Sie schrien, es wären
Waffen darin versteckt. Beaumarchais flüchtete sich
in Todesfurcht. Das ganze Haus wurde umgekehrt,
die Erde des Gartens wurde tief aufgewühlt; man
fand nichts. Besonders die Weiber des heiligen An¬
tonius waren wie rasend. Man hat sie oft die Fu¬
rien der Revolution
genannt; aber nein, sie

Beaumarchais, durch ſeine Gewandtheit, wußte aus allen
dieſen Verwicklungen ſich zu ſeinem Vortheile zu ziehen.
Nun, dieſer nämliche Beaumarchais zeigte ſich in der
Revolution unerfahren wie ein Kind, feige wie ein
deutſcher Stubengelehrter. Er unternahm auch für
die revoultionaire Regierung, Gewehrlieferungen;
verlor aber nicht allein ſein Geld, ſondern faſt auch
ſeinen Kopf darüber. Früher hatte er es mit Mi
niſtern einer abſoluten Monarchie zu thun. Die
Cabinetsthüren ſolcher Großen ſchließen und öffnen
ſich jedem leicht und ſanft, der Schlöſſer und An¬
geln zu ölen verſteht. Später hatte es Beaumar¬
chais mit ehrlichen, das heißt mit gefährlichen
Leuten zu thun; das wußte er nicht zu unterſcheiden
und ging zu Grunde darüber.

Man hörte, daß er im Auslande Waffen auf¬
kaufte, und er kam in Verdacht, dieſes für Rechnung
der Feinde zu thun; das Gerücht verbreitet ſich im
Volke. In einer Nacht ſtürmten die Vorſtädter,
Racheglühend, ſein Haus. Sie ſchrien, es wären
Waffen darin verſteckt. Beaumarchais flüchtete ſich
in Todesfurcht. Das ganze Haus wurde umgekehrt,
die Erde des Gartens wurde tief aufgewühlt; man
fand nichts. Beſonders die Weiber des heiligen An¬
tonius waren wie raſend. Man hat ſie oft die Fu¬
rien der Revolution
genannt; aber nein, ſie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div>
            <p><pb facs="#f0035" n="23"/>
Beaumarchais, durch &#x017F;eine Gewandtheit, wußte aus allen<lb/>
die&#x017F;en Verwicklungen &#x017F;ich zu &#x017F;einem Vortheile zu ziehen.<lb/>
Nun, die&#x017F;er nämliche Beaumarchais zeigte &#x017F;ich in der<lb/>
Revolution unerfahren wie ein Kind, feige wie ein<lb/>
deut&#x017F;cher Stubengelehrter. Er unternahm auch für<lb/>
die revoultionaire Regierung, Gewehrlieferungen;<lb/>
verlor aber nicht allein &#x017F;ein Geld, &#x017F;ondern fa&#x017F;t auch<lb/>
&#x017F;einen Kopf darüber. Früher hatte er es mit Mi<lb/>
ni&#x017F;tern einer ab&#x017F;oluten Monarchie zu thun. Die<lb/>
Cabinetsthüren &#x017F;olcher Großen &#x017F;chließen und öffnen<lb/>
&#x017F;ich jedem leicht und &#x017F;anft, der Schlö&#x017F;&#x017F;er und An¬<lb/>
geln zu ölen ver&#x017F;teht. Später hatte es Beaumar¬<lb/>
chais mit <hi rendition="#g">ehrlichen</hi>, das heißt mit <hi rendition="#g">gefährlichen</hi><lb/>
Leuten zu thun; das wußte er nicht zu unter&#x017F;cheiden<lb/>
und ging zu Grunde darüber.</p><lb/>
            <p>Man hörte, daß er im Auslande Waffen auf¬<lb/>
kaufte, und er kam in Verdacht, die&#x017F;es für Rechnung<lb/>
der Feinde zu thun; das Gerücht verbreitet &#x017F;ich im<lb/>
Volke. In einer Nacht &#x017F;türmten die Vor&#x017F;tädter,<lb/>
Racheglühend, &#x017F;ein Haus. Sie &#x017F;chrien, es wären<lb/>
Waffen darin ver&#x017F;teckt. Beaumarchais flüchtete &#x017F;ich<lb/>
in Todesfurcht. Das ganze Haus wurde umgekehrt,<lb/>
die Erde des Gartens wurde tief aufgewühlt; man<lb/>
fand nichts. Be&#x017F;onders die Weiber des heiligen An¬<lb/>
tonius waren wie ra&#x017F;end. Man hat &#x017F;ie oft die <hi rendition="#g">Fu¬<lb/>
rien der Revolution</hi> genannt; aber nein, &#x017F;ie<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0035] Beaumarchais, durch ſeine Gewandtheit, wußte aus allen dieſen Verwicklungen ſich zu ſeinem Vortheile zu ziehen. Nun, dieſer nämliche Beaumarchais zeigte ſich in der Revolution unerfahren wie ein Kind, feige wie ein deutſcher Stubengelehrter. Er unternahm auch für die revoultionaire Regierung, Gewehrlieferungen; verlor aber nicht allein ſein Geld, ſondern faſt auch ſeinen Kopf darüber. Früher hatte er es mit Mi niſtern einer abſoluten Monarchie zu thun. Die Cabinetsthüren ſolcher Großen ſchließen und öffnen ſich jedem leicht und ſanft, der Schlöſſer und An¬ geln zu ölen verſteht. Später hatte es Beaumar¬ chais mit ehrlichen, das heißt mit gefährlichen Leuten zu thun; das wußte er nicht zu unterſcheiden und ging zu Grunde darüber. Man hörte, daß er im Auslande Waffen auf¬ kaufte, und er kam in Verdacht, dieſes für Rechnung der Feinde zu thun; das Gerücht verbreitet ſich im Volke. In einer Nacht ſtürmten die Vorſtädter, Racheglühend, ſein Haus. Sie ſchrien, es wären Waffen darin verſteckt. Beaumarchais flüchtete ſich in Todesfurcht. Das ganze Haus wurde umgekehrt, die Erde des Gartens wurde tief aufgewühlt; man fand nichts. Beſonders die Weiber des heiligen An¬ tonius waren wie raſend. Man hat ſie oft die Fu¬ rien der Revolution genannt; aber nein, ſie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/35
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/35>, abgerufen am 03.12.2024.