Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

fand Beaumarchais wie im Schlafrocke. Wie wäre
es erst Voltaire ergangen, der so viel waffenreicher
als Beaumarchais, sich so viel wehrloser gefühlt hätte!
Sie kennen Beaumarchais als Schriftsteller, aber
wissen vielleicht nicht, daß er einer der größten und
thätigsten Geschäftsmänner, einer der unternehmend¬
sten Köpfe, einer der feinsten Hofleute und gewandt¬
sten Weltleute gewesen, und daß er in allen Verle¬
genheiten, in allen Gefahren des geselligen und bür¬
gerlichen Lebens, immer den größten Muth und eine
bewunderungswürdige Geistesgegenwart gezeigt. Sein
Abentheuer mit Clavigo in Spanien ist durch Göthe
bekannt geworden; aber erst gestern habe ich aus
seinen hinterlassenen Briefen erfahren, wie er einst
ganz allein in einem Walde bei Nürnberg von Räu¬
bern angefallen worden, und, ob zwar schwer ver¬
wundet, sich durch seine Unerschrockenheit und Tapfer¬
keit gerettet hatte, nachdem er einen der Räuber nieder¬
gestoßen, die andern verjagt. Er war zugleich ein
Ouvrard und ein Voltaire. Durch seine kühnen
und glücklichen Handelsunternehmungen ward er einer
der reichsten Männer von Frankreich. Im Amerika¬
nischen Freiheitskriege, machte er den Insurgenten,
im Einverständnisse mit der französischen Regierung,
große Waffenlieferungen. Da gab es nun, wie im¬
mer bei solchen Unternehmungen, Kapereien, Schiff¬
brüche, verzögerte oder verweigerte Bezahlungen.

fand Beaumarchais wie im Schlafrocke. Wie wäre
es erſt Voltaire ergangen, der ſo viel waffenreicher
als Beaumarchais, ſich ſo viel wehrloſer gefühlt hätte!
Sie kennen Beaumarchais als Schriftſteller, aber
wiſſen vielleicht nicht, daß er einer der größten und
thätigſten Geſchäftsmänner, einer der unternehmend¬
ſten Köpfe, einer der feinſten Hofleute und gewandt¬
ſten Weltleute geweſen, und daß er in allen Verle¬
genheiten, in allen Gefahren des geſelligen und bür¬
gerlichen Lebens, immer den größten Muth und eine
bewunderungswürdige Geiſtesgegenwart gezeigt. Sein
Abentheuer mit Clavigo in Spanien iſt durch Göthe
bekannt geworden; aber erſt geſtern habe ich aus
ſeinen hinterlaſſenen Briefen erfahren, wie er einſt
ganz allein in einem Walde bei Nürnberg von Räu¬
bern angefallen worden, und, ob zwar ſchwer ver¬
wundet, ſich durch ſeine Unerſchrockenheit und Tapfer¬
keit gerettet hatte, nachdem er einen der Räuber nieder¬
geſtoßen, die andern verjagt. Er war zugleich ein
Ouvrard und ein Voltaire. Durch ſeine kühnen
und glücklichen Handelsunternehmungen ward er einer
der reichſten Männer von Frankreich. Im Amerika¬
niſchen Freiheitskriege, machte er den Inſurgenten,
im Einverſtändniſſe mit der franzöſiſchen Regierung,
große Waffenlieferungen. Da gab es nun, wie im¬
mer bei ſolchen Unternehmungen, Kapereien, Schiff¬
brüche, verzögerte oder verweigerte Bezahlungen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div>
            <p><pb facs="#f0034" n="22"/>
fand Beaumarchais wie im Schlafrocke. Wie wäre<lb/>
es er&#x017F;t Voltaire ergangen, der &#x017F;o viel waffenreicher<lb/>
als Beaumarchais, &#x017F;ich &#x017F;o viel wehrlo&#x017F;er gefühlt hätte!<lb/>
Sie kennen Beaumarchais als Schrift&#x017F;teller, aber<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en vielleicht nicht, daß er einer der größten und<lb/>
thätig&#x017F;ten Ge&#x017F;chäftsmänner, einer der unternehmend¬<lb/>
&#x017F;ten Köpfe, einer der fein&#x017F;ten Hofleute und gewandt¬<lb/>
&#x017F;ten Weltleute gewe&#x017F;en, und daß er in allen Verle¬<lb/>
genheiten, in allen Gefahren des ge&#x017F;elligen und bür¬<lb/>
gerlichen Lebens, immer den größten Muth und eine<lb/>
bewunderungswürdige Gei&#x017F;tesgegenwart gezeigt. Sein<lb/>
Abentheuer mit Clavigo in Spanien i&#x017F;t durch Göthe<lb/>
bekannt geworden; aber er&#x017F;t ge&#x017F;tern habe ich aus<lb/>
&#x017F;einen hinterla&#x017F;&#x017F;enen Briefen erfahren, wie er ein&#x017F;t<lb/>
ganz allein in einem Walde bei Nürnberg von Räu¬<lb/>
bern angefallen worden, und, ob zwar &#x017F;chwer ver¬<lb/>
wundet, &#x017F;ich durch &#x017F;eine Uner&#x017F;chrockenheit und Tapfer¬<lb/>
keit gerettet hatte, nachdem er einen der Räuber nieder¬<lb/>
ge&#x017F;toßen, die andern verjagt. Er war zugleich ein<lb/>
Ouvrard und ein Voltaire. Durch &#x017F;eine kühnen<lb/>
und glücklichen Handelsunternehmungen ward er einer<lb/>
der reich&#x017F;ten Männer von Frankreich. Im Amerika¬<lb/>
ni&#x017F;chen Freiheitskriege, machte er den In&#x017F;urgenten,<lb/>
im Einver&#x017F;tändni&#x017F;&#x017F;e mit der franzö&#x017F;i&#x017F;chen Regierung,<lb/>
große Waffenlieferungen. Da gab es nun, wie im¬<lb/>
mer bei &#x017F;olchen Unternehmungen, Kapereien, Schiff¬<lb/>
brüche, verzögerte oder verweigerte Bezahlungen.<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0034] fand Beaumarchais wie im Schlafrocke. Wie wäre es erſt Voltaire ergangen, der ſo viel waffenreicher als Beaumarchais, ſich ſo viel wehrloſer gefühlt hätte! Sie kennen Beaumarchais als Schriftſteller, aber wiſſen vielleicht nicht, daß er einer der größten und thätigſten Geſchäftsmänner, einer der unternehmend¬ ſten Köpfe, einer der feinſten Hofleute und gewandt¬ ſten Weltleute geweſen, und daß er in allen Verle¬ genheiten, in allen Gefahren des geſelligen und bür¬ gerlichen Lebens, immer den größten Muth und eine bewunderungswürdige Geiſtesgegenwart gezeigt. Sein Abentheuer mit Clavigo in Spanien iſt durch Göthe bekannt geworden; aber erſt geſtern habe ich aus ſeinen hinterlaſſenen Briefen erfahren, wie er einſt ganz allein in einem Walde bei Nürnberg von Räu¬ bern angefallen worden, und, ob zwar ſchwer ver¬ wundet, ſich durch ſeine Unerſchrockenheit und Tapfer¬ keit gerettet hatte, nachdem er einen der Räuber nieder¬ geſtoßen, die andern verjagt. Er war zugleich ein Ouvrard und ein Voltaire. Durch ſeine kühnen und glücklichen Handelsunternehmungen ward er einer der reichſten Männer von Frankreich. Im Amerika¬ niſchen Freiheitskriege, machte er den Inſurgenten, im Einverſtändniſſe mit der franzöſiſchen Regierung, große Waffenlieferungen. Da gab es nun, wie im¬ mer bei ſolchen Unternehmungen, Kapereien, Schiff¬ brüche, verzögerte oder verweigerte Bezahlungen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/34
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/34>, abgerufen am 23.11.2024.