Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834.knüpfen lassen, wenn das sein Ernst war. Weitzel ist knüpfen laſſen, wenn das ſein Ernſt war. Weitzel iſt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0089" n="77"/> knüpfen laſſen, wenn das ſein Ernſt war. Weitzel iſt<lb/> einer der beſten und klarſten politiſchen Köpfe Deutſch¬<lb/> lands und ſein Rath mit der Ausbeſſerung des Hau¬<lb/> ſes zu warten, weil es noch manche Jahrzehente dau¬<lb/> ern könnte, bis uns das Dach über den Kopf zu¬<lb/> ſammenſtürzt, war gewiß nicht aufrichtig. Wenn<lb/> einmal Ariſtokratie und Monarchie zuſammenfallen,<lb/> dann bleibt uns nichts mehr zu thun übrig. Man<lb/> verliert alle Geduld. Da bitten ſie uns täglich, wir<lb/> möchten doch ſo gut ſein, die Wirkung der Zeit ab¬<lb/> zuwarten. Als wenn Zeit und Natur zu etwas aus<lb/> nichts ſchaffen! Als wenn ſie nicht ſelbſt vorher zer¬<lb/> ſtören müßten, um Neues zu bilden! Für ſolche<lb/> Dummköpfe halten ſie uns, daß ſie uns unaufhörlich<lb/> vorpredigen, wir möchten, ehe wir das verhaßte Alte<lb/> zerſtören, das beliebte Neue vorher aufführen. Wo<lb/> wir aber Bauplätze herbekommen ſollen, wenn wir<lb/> nicht vorher den alten Schutt wegräumen; wo wir<lb/> Zimmerholz hernehmen ſollen, wenn wir keine Bäume<lb/> umhauen — das Geheimniß predigen ſie uns nicht.<lb/> Und wenn ſie zanken: <hi rendition="#g">Der Liberalismus könne<lb/> nur zerſtören</hi>, finden ſich in Deutſchland gutmü¬<lb/> thige, aber einfältige Menſchen genug, die vor dem<lb/> Schrecken dieſes Vorwurfs zuſammenfahren, und, aus<lb/> Furcht für Mordbrenner gehalten zu werden, nach<lb/> Hause ſchleichen, die Nachtmütze aufſetzen und in den<lb/> Andachtsſtunden leſen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [77/0089]
knüpfen laſſen, wenn das ſein Ernſt war. Weitzel iſt
einer der beſten und klarſten politiſchen Köpfe Deutſch¬
lands und ſein Rath mit der Ausbeſſerung des Hau¬
ſes zu warten, weil es noch manche Jahrzehente dau¬
ern könnte, bis uns das Dach über den Kopf zu¬
ſammenſtürzt, war gewiß nicht aufrichtig. Wenn
einmal Ariſtokratie und Monarchie zuſammenfallen,
dann bleibt uns nichts mehr zu thun übrig. Man
verliert alle Geduld. Da bitten ſie uns täglich, wir
möchten doch ſo gut ſein, die Wirkung der Zeit ab¬
zuwarten. Als wenn Zeit und Natur zu etwas aus
nichts ſchaffen! Als wenn ſie nicht ſelbſt vorher zer¬
ſtören müßten, um Neues zu bilden! Für ſolche
Dummköpfe halten ſie uns, daß ſie uns unaufhörlich
vorpredigen, wir möchten, ehe wir das verhaßte Alte
zerſtören, das beliebte Neue vorher aufführen. Wo
wir aber Bauplätze herbekommen ſollen, wenn wir
nicht vorher den alten Schutt wegräumen; wo wir
Zimmerholz hernehmen ſollen, wenn wir keine Bäume
umhauen — das Geheimniß predigen ſie uns nicht.
Und wenn ſie zanken: Der Liberalismus könne
nur zerſtören, finden ſich in Deutſchland gutmü¬
thige, aber einfältige Menſchen genug, die vor dem
Schrecken dieſes Vorwurfs zuſammenfahren, und, aus
Furcht für Mordbrenner gehalten zu werden, nach
Hause ſchleichen, die Nachtmütze aufſetzen und in den
Andachtsſtunden leſen.
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