Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834."auf meine fünf Gulden dreißig Kreuzer; ich werde Vl. 6
„auf meine fünf Gulden dreißig Kreuzer; ich werde Vl. 6
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„auf meine fünf Gulden dreißig Kreuzer; ich werde
„aber einen Gulden täglich den Armen zukommen
laſſen.“ Auch dieſe ſchönen Worte hatten vielſtimmi¬
gen Widerhall. Endlich ſtand einer auf und rief:
„Wenn man mich zum Präſidenten der Kammer er¬
„wählen ſollte, werde ich mich, ſtatt der feſtgeſetzten
„fünftauſend Gulden, mit dreitauſend begnügen.“
Und jetzt hielt die Tugend eine herzallerliebſte Ver¬
ſteigerung und Einer forderte immer weniger als der
Andere. Dieſesmal aber als die Junker ſahen, wie
ſich die Moral in Tauſende verſtieg, lachten ſie nicht
mehr, ſondern ſie murrten ....... Und ſolchen
unverſtändigen Menſchen iſt das Wohl des Landes
anvertraut! So laſſen ſie ſich von ihrem Her¬
zen zum Beſten haben! Sie ſehen nicht ein,
daß ſie für einige tauſend Gulden die ſie durch
Verminderung der Taggelder dem Volke erſparen,
ihm vielleicht Millionen an andern Laſten auflegen.
Denn wenn die Diäten ſo gering ſind, daß ſie den
Deputirtenden Verluſt ihrer Zeit nicht mehr vergüten,
müſſen ſie zurücktreten und ihre Stellen den Reichen
und den Staatsbeamten überlaſſen. Dieſe aber
werden wie immer die Auflage ſo viel als möglich
auf die untern Volksklaſſen wälzen. Es iſt ſchön
wenn einer edel iſt; aber das ſei er im Geheim.
Edelleuten und Miniſtern gegenüber, ſoll ein Bürger
Vl. 6
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