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Bogatzky, Carl Heinrich von: Güldenes Schatz-Kästlein der Kinder GOttes, deren Schatz im Himmel ist. Halle, 1755.

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Was deines Amts nicht ist, da laß deinen Vorwitz, denn dir ist vor
mehr befohlen, weder du kanst ausrichten.
* Mein Heiland,
bewahre mich in dir in der Stille und Demuth vor aller ausschweifenden Ver-
messenheit, und unbefohlnen Dingen. Wer stets nach was neuen lüstern ist,
dem ist wol das alte Wort GOttes noch nicht recht kräftig worden: er würde
sonst genug dran haben. Besser täglich neue Kraft, als neue Worte, Uebungen
u. Lehrarten. Die Lehrart, von nichts als Wunden reden, ist nicht apostolisch.
HErr, mache mir deine alte Wahr heit immer lebendiger, u mein Herz immer
mürber u. derselben fähiger, daß bey mir bleibe, was ich von Anfang gehöret.

Die Neubegierigkeit ist eine Pest der Seelen,
Und macht, daß wir uns nur zerstreu'n und selber quälen:
Es hat ein stiller Geist genug mit sich zu thun,
* Sir. 3, 24. 25.

Daß er sich sammlen kan, um recht in GOtt zu ruhn:
Wie kan doch dieser wohl zur wahren Ruhe kommen,
Der alles wissen will? den Vorwitz eingenommen?
Was geht der andern Thun, was geht die Welt mich an?
Was hilft das Wissen mir, das mich nicht bessern kan?
Ich wolte manches noch in dem Gedächtniß missen,
Und wolte ja sonst nichts, möcht ich nur JESUM wissen.

Was deines Amts nicht iſt, da laß deinen Vorwitz, denn dir iſt vor
mehr befohlen, weder du kanſt ausrichten.
* Mein Heiland,
bewahre mich in dir in der Stille und Demuth vor aller ausſchweifenden Ver-
meſſenheit, und unbefohlnen Dingen. Wer ſtets nach was neuen lüſtern iſt,
dem iſt wol das alte Wort GOttes noch nicht recht kräftig worden: er würde
ſonſt genug dran haben. Beſſer täglich neue Kraft, als neue Worte, Uebungen
u. Lehrarten. Die Lehrart, von nichts als Wunden reden, iſt nicht apoſtoliſch.
HErr, mache mir deine alte Wahr heit immer lebendiger, u mein Herz immer
mürber u. derſelben fähiger, daß bey mir bleibe, was ich von Anfang gehöret.

Die Neubegierigkeit iſt eine Peſt der Seelen,
Und macht, daß wir uns nur zerſtreu’n und ſelber quälen:
Es hat ein ſtiller Geiſt genug mit ſich zu thun,
* Sir. 3, 24. 25.

Daß er ſich ſammlen kan, um recht in GOtt zu ruhn:
Wie kan doch dieſer wohl zur wahren Ruhe kommen,
Der alles wiſſen will? den Vorwitz eingenommen?
Was geht der andern Thun, was geht die Welt mich an?
Was hilft das Wiſſen mir, das mich nicht beſſern kan?
Ich wolte manches noch in dem Gedächtniß miſſen,
Und wolte ja ſonſt nichts, möcht ich nur JESUM wiſſen.
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[265/0277] 22. Sept. Was deines Amts nicht iſt, da laß deinen Vorwitz, denn dir iſt vor mehr befohlen, weder du kanſt ausrichten. * Mein Heiland, bewahre mich in dir in der Stille und Demuth vor aller ausſchweifenden Ver- meſſenheit, und unbefohlnen Dingen. Wer ſtets nach was neuen lüſtern iſt, dem iſt wol das alte Wort GOttes noch nicht recht kräftig worden: er würde ſonſt genug dran haben. Beſſer täglich neue Kraft, als neue Worte, Uebungen u. Lehrarten. Die Lehrart, von nichts als Wunden reden, iſt nicht apoſtoliſch. HErr, mache mir deine alte Wahr heit immer lebendiger, u mein Herz immer mürber u. derſelben fähiger, daß bey mir bleibe, was ich von Anfang gehöret. Die Neubegierigkeit iſt eine Peſt der Seelen, Und macht, daß wir uns nur zerſtreu’n und ſelber quälen: Es hat ein ſtiller Geiſt genug mit ſich zu thun, * Sir. 3, 24. 25. Daß er ſich ſammlen kan, um recht in GOtt zu ruhn: Wie kan doch dieſer wohl zur wahren Ruhe kommen, Der alles wiſſen will? den Vorwitz eingenommen? Was geht der andern Thun, was geht die Welt mich an? Was hilft das Wiſſen mir, das mich nicht beſſern kan? Ich wolte manches noch in dem Gedächtniß miſſen, Und wolte ja ſonſt nichts, möcht ich nur JESUM wiſſen.

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Zitationshilfe: Bogatzky, Carl Heinrich von: Güldenes Schatz-Kästlein der Kinder GOttes, deren Schatz im Himmel ist. Halle, 1755, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bogatzky_gueldenes_1739/277>, abgerufen am 21.11.2024.