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Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696.

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Heinrich des Vierdten
müths-Neigungen beschrieben. Er wäre ein Herr
aus dem vornehmsten Spanischen Hause gewesen/
und wäre niemand aus denen/ so von königlichem
Geblüthe/ gewichen. Jm übrigen habe er Hertz und
Einbildung genug gehabt/ aber wenig conduite.
Seine Mittel wären nicht groß genug gewesen/ daß
er anderer ihre Gewogenheit entrathen können/ und
doch hätte er sich darum nicht bewerben wollen. Er
wäre bey dem Könige/ als er noch Printz gewesen
von Spanien/ Cammerjuncker gewesen/ hätte a-
ber sich so wenig bey ihm zu selbiger Zeit beliebt ge-
macht/ daß/ da hernach dieser Fürst zur Regierung
gekommen/ und er allen andern jungen Herren/ die
ihn bedienet/ besondere Gnade spühren lassen/ Al-
phonsus
leer ausgegangen wäre.

Er wäre demnach am Hofe gewesen/ ohne daß er
eine rechte Charge bedienet; gleichwohl habe er
diese des Königes Ungnade also ertragen/ als wenn
ihm alles gleich viel gölte; indem er geglaubet/ bald
in der Liebe dasjenige anzutreffen/ was ihn über sein
widriges Glück genugsam trösten solte.

Er wär von Catharina von Sandoval, einer der
schönsten Damen/ und deren Verstand noch ihre
Schönheit überstiegen/ entzündet worden. Nun sey
er nicht übel gemacht gewesen/ sondern habe ihm al-
les sehr wohl gelassen/ er auch genugsam gewust/ wie
er sich durch Höflichkeit bey dem Frauenzimmer in-
sinui
ren solte/ ob er schon gegen das Mannsvolck
eurisch geblieben.

Sie hätten also beyde angefangen/ einander recht
aufrichtig zu lieben; aber diese Liebe hätte kein rech-
tes Bündniß bestätigen können: denn weil sie auf

bey-

Heinrich des Vierdten
muͤths-Neigungen beſchrieben. Er waͤre ein Herr
aus dem vornehmſten Spaniſchen Hauſe geweſen/
und waͤre niemand aus denen/ ſo von koͤniglichem
Gebluͤthe/ gewichen. Jm uͤbrigen habe er Hertz und
Einbildung genug gehabt/ aber wenig conduite.
Seine Mittel waͤren nicht groß genug geweſen/ daß
er anderer ihre Gewogenheit entrathen koͤnnen/ und
doch haͤtte er ſich darum nicht bewerben wollen. Er
waͤre bey dem Koͤnige/ als er noch Printz geweſen
von Spanien/ Cammerjuncker geweſen/ haͤtte a-
ber ſich ſo wenig bey ihm zu ſelbiger Zeit beliebt ge-
macht/ daß/ da hernach dieſer Fuͤrſt zur Regierung
gekommen/ und er allen andern jungen Herren/ die
ihn bedienet/ beſondere Gnade ſpuͤhren laſſen/ Al-
phonſus
leer ausgegangen waͤre.

Er waͤre demnach am Hofe geweſen/ ohne daß er
eine rechte Charge bedienet; gleichwohl habe er
dieſe des Koͤniges Ungnade alſo ertragen/ als wenn
ihm alles gleich viel goͤlte; indem er geglaubet/ bald
in der Liebe dasjenige anzutreffen/ was ihn uͤber ſein
widriges Gluͤck genugſam troͤſten ſolte.

Er waͤr von Catharina von Sandoval, einer der
ſchoͤnſten Damen/ und deren Verſtand noch ihre
Schoͤnheit uͤberſtiegen/ entzuͤndet worden. Nun ſey
er nicht uͤbel gemacht geweſen/ ſondern habe ihm al-
les ſehr wohl gelaſſen/ er auch genugſam gewuſt/ wie
er ſich durch Hoͤflichkeit bey dem Frauenzimmer in-
ſinui
ren ſolte/ ob er ſchon gegen das Mannsvolck
euriſch geblieben.

Sie haͤtten alſo beyde angefangen/ einander recht
aufrichtig zu lieben; aber dieſe Liebe haͤtte kein rech-
tes Buͤndniß beſtaͤtigen koͤnnen: denn weil ſie auf

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[422/0458] Heinrich des Vierdten muͤths-Neigungen beſchrieben. Er waͤre ein Herr aus dem vornehmſten Spaniſchen Hauſe geweſen/ und waͤre niemand aus denen/ ſo von koͤniglichem Gebluͤthe/ gewichen. Jm uͤbrigen habe er Hertz und Einbildung genug gehabt/ aber wenig conduite. Seine Mittel waͤren nicht groß genug geweſen/ daß er anderer ihre Gewogenheit entrathen koͤnnen/ und doch haͤtte er ſich darum nicht bewerben wollen. Er waͤre bey dem Koͤnige/ als er noch Printz geweſen von Spanien/ Cammerjuncker geweſen/ haͤtte a- ber ſich ſo wenig bey ihm zu ſelbiger Zeit beliebt ge- macht/ daß/ da hernach dieſer Fuͤrſt zur Regierung gekommen/ und er allen andern jungen Herren/ die ihn bedienet/ beſondere Gnade ſpuͤhren laſſen/ Al- phonſus leer ausgegangen waͤre. Er waͤre demnach am Hofe geweſen/ ohne daß er eine rechte Charge bedienet; gleichwohl habe er dieſe des Koͤniges Ungnade alſo ertragen/ als wenn ihm alles gleich viel goͤlte; indem er geglaubet/ bald in der Liebe dasjenige anzutreffen/ was ihn uͤber ſein widriges Gluͤck genugſam troͤſten ſolte. Er waͤr von Catharina von Sandoval, einer der ſchoͤnſten Damen/ und deren Verſtand noch ihre Schoͤnheit uͤberſtiegen/ entzuͤndet worden. Nun ſey er nicht uͤbel gemacht geweſen/ ſondern habe ihm al- les ſehr wohl gelaſſen/ er auch genugſam gewuſt/ wie er ſich durch Hoͤflichkeit bey dem Frauenzimmer in- ſinuiren ſolte/ ob er ſchon gegen das Mannsvolck euriſch geblieben. Sie haͤtten alſo beyde angefangen/ einander recht aufrichtig zu lieben; aber dieſe Liebe haͤtte kein rech- tes Buͤndniß beſtaͤtigen koͤnnen: denn weil ſie auf bey-

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Zitationshilfe: Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bohse_helicon_1696/458>, abgerufen am 22.11.2024.