pbo_022.001 Stelle völlig genug thun, wenn es sich auf eine Sphäre beschränkt pbo_022.002 oder in einer Form kundgiebt, die der Weite und pbo_022.003 Kraft seiner Anschauung vollkommen entspricht. Daher die pbo_022.004 Freude, die Goethe vor allen "forcierten Talenten" an der pbo_022.005 engen, aber fest in sich gegründeten Bauernnatur Joh. Heinrich pbo_022.006 Vossens bekundete, die wir an Joh. Pet. Hebels und pbo_022.007 Fritz Reuters kleinen, aber vollkommen erschauten Welten pbo_022.008 haben, die uns die frische Ursprünglichkeit etwa eines Paul pbo_022.009 Fleming im 17. Jahrhundert oder Ferd. Freiligrathspbo_022.010 im 19. Jahrhundert vor anspruchsvolleren Genossen bereitet.
pbo_022.011 § 14. Typus. Manier.
pbo_022.012 Die Grade der Talente sind verschieden, wie die der pbo_022.013 Kennerschaft. Jhre Typen, gleichsam die Elemente, aus pbo_022.014 denen die künstlerische Natur zusammengesetzt erscheint, kehren pbo_022.015 zu allen Zeiten wieder. Die Litteraturgeschichte, in der das pbo_022.016 Technische nicht die Rolle spielt wie in der Geschichte der pbo_022.017 übrigen Künste, beruht mehr auf dem äußerlichen Wechsel der pbo_022.018 Lebensformen, als auf dem der dichterischen Kräfte. Große pbo_022.019 Talente sind niemals häufig, Genies selten, in ihrem Kreise pbo_022.020 einzig, Nachahmer die Regel. Diese letzteren entstellen die pbo_022.021 ganz persönliche und originale Anschauungsweise der großen pbo_022.022 Meister, deren Stil, zu berechneter Nachahmung und Uebertreibung pbo_022.023 ihrer charakteristischen Wirkungen (Effekte). Ein pbo_022.024 Surrogat aus zweiter Hand, die Manier!
pbo_022.025
§ 15. Dilemma im Stilbegriff. pbo_022.026 Sprache des Dichters und seiner Personen.
pbo_022.027 Eine Schwierigkeit aber scheint sich in die Bestimmung pbo_022.028 des Begriffes Stil einzuschleichen, die wir jetzt hervortreten pbo_022.029 lassen können, da wir uns von dem allgemeinen zu den besonderen
pbo_022.001 Stelle völlig genug thun, wenn es sich auf eine Sphäre beschränkt pbo_022.002 oder in einer Form kundgiebt, die der Weite und pbo_022.003 Kraft seiner Anschauung vollkommen entspricht. Daher die pbo_022.004 Freude, die Goethe vor allen „forcierten Talenten“ an der pbo_022.005 engen, aber fest in sich gegründeten Bauernnatur Joh. Heinrich pbo_022.006 Vossens bekundete, die wir an Joh. Pet. Hebels und pbo_022.007 Fritz Reuters kleinen, aber vollkommen erschauten Welten pbo_022.008 haben, die uns die frische Ursprünglichkeit etwa eines Paul pbo_022.009 Fleming im 17. Jahrhundert oder Ferd. Freiligrathspbo_022.010 im 19. Jahrhundert vor anspruchsvolleren Genossen bereitet.
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Borinski, Karl: Deutsche Poetik. Stuttgart, 1895, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/borinski_poetik_1895/26>, abgerufen am 16.02.2025.
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