Borinski, Karl: Deutsche Poetik. Stuttgart, 1895.pbo_044.001 § 36. Emphase. pbo_044.002 pbo_044.012 pbo_044.020 pbo_044.001 § 36. Emphase. pbo_044.002 pbo_044.012 pbo_044.020 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0048" n="44"/> <lb n="pbo_044.001"/> </div> <div n="4"> <head> <hi rendition="#c">§ 36. Emphase.</hi> </head> <p><lb n="pbo_044.002"/> Will man ein Repräsentativform aller dieser <hi rendition="#g">pointierenden</hi> <lb n="pbo_044.003"/> Rede-Figuren, so hat man sie in der <hi rendition="#g">Emphase</hi> <lb n="pbo_044.004"/> (griech. = Andeutung, Hinweisung). Jhr Begriff ist erschöpft <lb n="pbo_044.005"/> in unserem Ausdruck „etwas mit <hi rendition="#g">Bedeutung</hi> sagen“. Die <lb n="pbo_044.006"/> bekannte Phrase „sei ein Mann,“ zu einem Manne gesagt, <lb n="pbo_044.007"/> wäre sinnlos, wenn wir nicht gerade aus dem Nachdrucke, <lb n="pbo_044.008"/> mit dem sie gesagt wird, sofort die besondere Bedeutung schlössen, <lb n="pbo_044.009"/> die hier dem Worte „Mann“ beigelegt wird, nämlich den <lb n="pbo_044.010"/> Jnbegriff desjenigen, was den Mann als solchen (vor dem <lb n="pbo_044.011"/> Knaben, dem Greise, dem Weibe) auszeichnet, was ihm ziemt.</p> <p><lb n="pbo_044.012"/> Es ist der <hi rendition="#g">Jnhalt</hi> eines Wortes, im Unterschied von <lb n="pbo_044.013"/> seiner gewöhnlichen, lediglich bezeichnenden Aufgabe, der hier <lb n="pbo_044.014"/> wieder durchbricht. Das Wort wird gleichsam noch einmal <lb n="pbo_044.015"/> geboren, indem es nach dem grammatischen Ausdruck „im <lb n="pbo_044.016"/> <hi rendition="#g">prägnanten</hi> (lat. eig. schwangeren, trächtigen) <hi rendition="#g">Sinne</hi>“ <lb n="pbo_044.017"/> auftritt. So kann man nun alle pointierenden Redefiguren <lb n="pbo_044.018"/> emphatisch nennen. Denn alle legen Nachdruck auf den Jnhalt <lb n="pbo_044.019"/> eines bestimmten Wortes im Fluße der Rede.</p> <p><lb n="pbo_044.020"/> Das sogenannte <hi rendition="#g">historische</hi> (besser: <hi rendition="#g">absolute, Praesens</hi> <lb n="pbo_044.021"/> z. B. verdankt seine Bedeutung als Redefigur lediglich <lb n="pbo_044.022"/> dem emphatischen Vermögen. Durch dieses nämlich wird es <lb n="pbo_044.023"/> seiner Rolle als bloße Bezeichnung einer Verbal <hi rendition="#g">form</hi> (als <lb n="pbo_044.024"/> charakterisiertes Tempus) entkleidet und in die ursprüngliche <lb n="pbo_044.025"/> absolute (aoristische) Vertretung aller Verbalform wieder eingesetzt, <lb n="pbo_044.026"/> aus der, wie die Geschichte der Sprache lehrt, alle <lb n="pbo_044.027"/> Tempora und Modi durch sogenannte Differenzierung abzweigten. <lb n="pbo_044.028"/> Also in einer Schilderung: „Der Feind <hi rendition="#g">bricht</hi> <lb n="pbo_044.029"/> herein. Entsetzen <hi rendition="#g">ergreift</hi> die Bewohner.“ Oder imperativisch: <lb n="pbo_044.030"/> „Du thust's!“ statt „thu's!“ Oder imperativisch futurisch: </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [44/0048]
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§ 36. Emphase. pbo_044.002
Will man ein Repräsentativform aller dieser pointierenden pbo_044.003
Rede-Figuren, so hat man sie in der Emphase pbo_044.004
(griech. = Andeutung, Hinweisung). Jhr Begriff ist erschöpft pbo_044.005
in unserem Ausdruck „etwas mit Bedeutung sagen“. Die pbo_044.006
bekannte Phrase „sei ein Mann,“ zu einem Manne gesagt, pbo_044.007
wäre sinnlos, wenn wir nicht gerade aus dem Nachdrucke, pbo_044.008
mit dem sie gesagt wird, sofort die besondere Bedeutung schlössen, pbo_044.009
die hier dem Worte „Mann“ beigelegt wird, nämlich den pbo_044.010
Jnbegriff desjenigen, was den Mann als solchen (vor dem pbo_044.011
Knaben, dem Greise, dem Weibe) auszeichnet, was ihm ziemt.
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Es ist der Jnhalt eines Wortes, im Unterschied von pbo_044.013
seiner gewöhnlichen, lediglich bezeichnenden Aufgabe, der hier pbo_044.014
wieder durchbricht. Das Wort wird gleichsam noch einmal pbo_044.015
geboren, indem es nach dem grammatischen Ausdruck „im pbo_044.016
prägnanten (lat. eig. schwangeren, trächtigen) Sinne“ pbo_044.017
auftritt. So kann man nun alle pointierenden Redefiguren pbo_044.018
emphatisch nennen. Denn alle legen Nachdruck auf den Jnhalt pbo_044.019
eines bestimmten Wortes im Fluße der Rede.
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Das sogenannte historische (besser: absolute, Praesens pbo_044.021
z. B. verdankt seine Bedeutung als Redefigur lediglich pbo_044.022
dem emphatischen Vermögen. Durch dieses nämlich wird es pbo_044.023
seiner Rolle als bloße Bezeichnung einer Verbal form (als pbo_044.024
charakterisiertes Tempus) entkleidet und in die ursprüngliche pbo_044.025
absolute (aoristische) Vertretung aller Verbalform wieder eingesetzt, pbo_044.026
aus der, wie die Geschichte der Sprache lehrt, alle pbo_044.027
Tempora und Modi durch sogenannte Differenzierung abzweigten. pbo_044.028
Also in einer Schilderung: „Der Feind bricht pbo_044.029
herein. Entsetzen ergreift die Bewohner.“ Oder imperativisch: pbo_044.030
„Du thust's!“ statt „thu's!“ Oder imperativisch futurisch:
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