Borinski, Karl: Deutsche Poetik. Stuttgart, 1895.pbo_047.001 pbo_047.006 Und wenn er dich verschmäht, dir's je vergißt, pbo_047.027
Wie ungleich mehr in diesem Schritte du pbo_047.028 Für ihn gethan, als er für dich ... Was hat pbo_047.029 Er denn für dich gethan? Ein Wenig sich pbo_047.030 Beräuchern lassen! ist was Rechts! -- so hat pbo_047.031 Er meines Bruders, meines Assads, nichts! pbo_047.001 pbo_047.006 Und wenn er dich verschmäht, dir's je vergißt, pbo_047.027
Wie ungleich mehr in diesem Schritte du pbo_047.028 Für ihn gethan, als er für dich ... Was hat pbo_047.029 Er denn für dich gethan? Ein Wenig sich pbo_047.030 Beräuchern lassen! ist was Rechts! — so hat pbo_047.031 Er meines Bruders, meines Assads, nichts! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0051" n="47"/><lb n="pbo_047.001"/> ganz zu verändern (<hi rendition="#g">Jnversion</hi>). „Nach Korinthus <lb n="pbo_047.002"/> von Athen gezogen kam ein Jüngling“ (Goethe: Braut von <lb n="pbo_047.003"/> Korinth); „Wasserholen geht die reine, schöne Frau des hohen <lb n="pbo_047.004"/> Brahmeu“, „Edel sind wir nicht zu nennen“, „Mich nun <lb n="pbo_047.005"/> hast du ihrem Körper eingeimpft“ ... (Ders.: Parialegende).</p> <p><lb n="pbo_047.006"/> An der großen Freiheit der Wortfügung, welche sich in <lb n="pbo_047.007"/> Folge der größeren Bestimmtheit ihrer Flexionsformen noch <lb n="pbo_047.008"/> die alten Sprachen überall erlauben dürfen, hat in den unseren <lb n="pbo_047.009"/> nur noch die poetische Sprache Anteil. Für gewöhnlich <lb n="pbo_047.010"/> macht die Erleichterung der Uebersicht und des raschen Verständnisses <lb n="pbo_047.011"/> bei der mangelnden Flexionsunterscheidung eine <lb n="pbo_047.012"/> um so strengere Syntax notwendig (besonders im Französischen). <lb n="pbo_047.013"/> Die poetische Sprache nun ist durch ihre größere <lb n="pbo_047.014"/> Anschaulichkeit und Eindringlichkeit in der Lage, weit weniger <lb n="pbo_047.015"/> Umstände mit ihrer Wortfügung zu machen. Sie schickt die <lb n="pbo_047.016"/> Begründung, die näheren Umstände der eigentlichen Aussage, <lb n="pbo_047.017"/> das abhängige Wort den regierenden voraus und dergleichen. <lb n="pbo_047.018"/> Wenn sie auch im Ein- und Durcheinanderschieben abhängiger <lb n="pbo_047.019"/> Worte nicht mehr die Freiheit hat, wie bei den durch sich <lb n="pbo_047.020"/> selbst kenntlichen Flexionen der alten Sprachen, so sind Einschaltungen <lb n="pbo_047.021"/> (<hi rendition="#g">Parenthesen</hi>) von <hi rendition="#g">Ausrufen, Anreden</hi> <lb n="pbo_047.022"/> und <hi rendition="#g">Zwischenbemerkungen</hi> (à part) ihr ganz gemäß <lb n="pbo_047.023"/> und viel natürlicher als der strengen Prosa, wo die Parenthese <lb n="pbo_047.024"/> eher einen steifen, schwerfälligen unbehilflichen Eindruck <lb n="pbo_047.025"/> hervorruft. Saladin (in Lessings Nathan V letzter Auftritt):</p> <lb n="pbo_047.026"/> <lg> <l>Und wenn er dich verschmäht, dir's je vergißt,</l> <lb n="pbo_047.027"/> <l>Wie ungleich mehr in diesem Schritte du</l> <lb n="pbo_047.028"/> <l>Für ihn gethan, als er für dich ... Was hat</l> <lb n="pbo_047.029"/> <l>Er denn für dich gethan? Ein Wenig sich</l> <lb n="pbo_047.030"/> <l>Beräuchern lassen! ist was Rechts! — so hat</l> <lb n="pbo_047.031"/> <l>Er meines Bruders, meines Assads, nichts!</l> </lg> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [47/0051]
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ganz zu verändern (Jnversion). „Nach Korinthus pbo_047.002
von Athen gezogen kam ein Jüngling“ (Goethe: Braut von pbo_047.003
Korinth); „Wasserholen geht die reine, schöne Frau des hohen pbo_047.004
Brahmeu“, „Edel sind wir nicht zu nennen“, „Mich nun pbo_047.005
hast du ihrem Körper eingeimpft“ ... (Ders.: Parialegende).
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An der großen Freiheit der Wortfügung, welche sich in pbo_047.007
Folge der größeren Bestimmtheit ihrer Flexionsformen noch pbo_047.008
die alten Sprachen überall erlauben dürfen, hat in den unseren pbo_047.009
nur noch die poetische Sprache Anteil. Für gewöhnlich pbo_047.010
macht die Erleichterung der Uebersicht und des raschen Verständnisses pbo_047.011
bei der mangelnden Flexionsunterscheidung eine pbo_047.012
um so strengere Syntax notwendig (besonders im Französischen). pbo_047.013
Die poetische Sprache nun ist durch ihre größere pbo_047.014
Anschaulichkeit und Eindringlichkeit in der Lage, weit weniger pbo_047.015
Umstände mit ihrer Wortfügung zu machen. Sie schickt die pbo_047.016
Begründung, die näheren Umstände der eigentlichen Aussage, pbo_047.017
das abhängige Wort den regierenden voraus und dergleichen. pbo_047.018
Wenn sie auch im Ein- und Durcheinanderschieben abhängiger pbo_047.019
Worte nicht mehr die Freiheit hat, wie bei den durch sich pbo_047.020
selbst kenntlichen Flexionen der alten Sprachen, so sind Einschaltungen pbo_047.021
(Parenthesen) von Ausrufen, Anreden pbo_047.022
und Zwischenbemerkungen (à part) ihr ganz gemäß pbo_047.023
und viel natürlicher als der strengen Prosa, wo die Parenthese pbo_047.024
eher einen steifen, schwerfälligen unbehilflichen Eindruck pbo_047.025
hervorruft. Saladin (in Lessings Nathan V letzter Auftritt):
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Und wenn er dich verschmäht, dir's je vergißt, pbo_047.027
Wie ungleich mehr in diesem Schritte du pbo_047.028
Für ihn gethan, als er für dich ... Was hat pbo_047.029
Er denn für dich gethan? Ein Wenig sich pbo_047.030
Beräuchern lassen! ist was Rechts! — so hat pbo_047.031
Er meines Bruders, meines Assads, nichts!
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