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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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des Landes Gvinea.
ihnen allerley Unglück zustossen; hier aber gehen sie
täglich gantz alleine ohne einigen Menschen bey sich zu
haben/ der auf sie Acht gebe/ und gleichwol siehet und
höret man von keinem Unglück. So ists auch sehr ge-
mächlich für die Manns-Leute wenn ihre Frauen ins
Kind-Bette kommen/ dann bey weiten hier nicht die
Gewonheit ist/ daß sie so lange das Bette hüten müs-
sen/ vielweniger grosse Unkosten thun dörffen in Ga-
stereyen oder anderwertigem Uberfluß. Jch kam ein-
stens bey einem Mohren/ dessen Frau in Kindes-Nö-
then arbeitete; da hörete man nicht das geringste Kla-
gen/ Schreyen oder Weinen/ selbst in den grösten
Schmertzen/ wiewol es höchstens nur eine Viertel-
stunde gewähret/ sondern gleich Nachmittag noch sel-
bigen Tages sahe ich eben diese Frau albereit nach dem
Strande gehen um sich zu waschen/ und an nichtes
weniger zu gedencken als an ihre ausgestandene Ge-
buhrts-Schmertzen. Zwar geschiehet es auch bis-
weilen/ daß sie einige Tage zu Bette liegen müssen/ und
sehr kranck sind/ wiewol sehr selten. Ach was würde
diese Gewonheit denen Holländern zu statten kommen/
wenn sie nicht grössere Unkosten nöthig hätten; allein
ich will schweigen/ um dem Holländischen Frauen-
zimmer nicht zu nahe zu kommen/ als welches mir ein-
stens gute Dienste erzeigen könnte/ sondern nur dieses
sagen/ daß man hier zu Lande von der grossen Zurü-
stung bey denen Kindern/ nemlich Windeln/ Bänden
und andern mehr/ nichts wisse/ und gleichwol ihre
Kinder eben so gesund seynd als die Unsrige/ ohne daß
sie bisweilen grosse ausstehende Nabels haben/ wel-
ches doch von den Müttern leichtlich könnte verhütet
werden.

So
K 5

des Landes Gvinea.
ihnen allerley Ungluͤck zuſtoſſen; hier aber gehen ſie
taͤglich gantz alleine ohne einigen Menſchen bey ſich zu
haben/ der auf ſie Acht gebe/ und gleichwol ſiehet und
hoͤret man von keinem Ungluͤck. So iſts auch ſehr ge-
maͤchlich fuͤr die Manns-Leute wenn ihre Frauen ins
Kind-Bette kommen/ dann bey weiten hier nicht die
Gewonheit iſt/ daß ſie ſo lange das Bette huͤten muͤſ-
ſen/ vielweniger groſſe Unkoſten thun doͤrffen in Ga-
ſtereyen oder anderwertigem Uberfluß. Jch kam ein-
ſtens bey einem Mohren/ deſſen Frau in Kindes-Noͤ-
then arbeitete; da hoͤrete man nicht das geringſte Kla-
gen/ Schreyen oder Weinen/ ſelbſt in den groͤſten
Schmertzen/ wiewol es hoͤchſtens nur eine Viertel-
ſtunde gewaͤhret/ ſondern gleich Nachmittag noch ſel-
bigen Tages ſahe ich eben dieſe Frau albereit nach dem
Strande gehen um ſich zu waſchen/ und an nichtes
weniger zu gedencken als an ihre ausgeſtandene Ge-
buhrts-Schmertzen. Zwar geſchiehet es auch bis-
weilen/ daß ſie einige Tage zu Bette liegen muͤſſen/ und
ſehr kranck ſind/ wiewol ſehr ſelten. Ach was wuͤrde
dieſe Gewonheit denen Hollaͤndern zu ſtatten kommen/
wenn ſie nicht groͤſſere Unkoſten noͤthig haͤtten; allein
ich will ſchweigen/ um dem Hollaͤndiſchen Frauen-
zimmer nicht zu nahe zu kommen/ als welches mir ein-
ſtens gute Dienſte erzeigen koͤnnte/ ſondern nur dieſes
ſagen/ daß man hier zu Lande von der groſſen Zuruͤ-
ſtung bey denen Kindern/ nemlich Windeln/ Baͤnden
und andern mehr/ nichts wiſſe/ und gleichwol ihre
Kinder eben ſo geſund ſeynd als die Unſrige/ ohne daß
ſie bisweilen groſſe ausſtehende Nabels haben/ wel-
ches doch von den Muͤttern leichtlich koͤnnte verhuͤtet
werden.

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[153/0197] des Landes Gvinea. ihnen allerley Ungluͤck zuſtoſſen; hier aber gehen ſie taͤglich gantz alleine ohne einigen Menſchen bey ſich zu haben/ der auf ſie Acht gebe/ und gleichwol ſiehet und hoͤret man von keinem Ungluͤck. So iſts auch ſehr ge- maͤchlich fuͤr die Manns-Leute wenn ihre Frauen ins Kind-Bette kommen/ dann bey weiten hier nicht die Gewonheit iſt/ daß ſie ſo lange das Bette huͤten muͤſ- ſen/ vielweniger groſſe Unkoſten thun doͤrffen in Ga- ſtereyen oder anderwertigem Uberfluß. Jch kam ein- ſtens bey einem Mohren/ deſſen Frau in Kindes-Noͤ- then arbeitete; da hoͤrete man nicht das geringſte Kla- gen/ Schreyen oder Weinen/ ſelbſt in den groͤſten Schmertzen/ wiewol es hoͤchſtens nur eine Viertel- ſtunde gewaͤhret/ ſondern gleich Nachmittag noch ſel- bigen Tages ſahe ich eben dieſe Frau albereit nach dem Strande gehen um ſich zu waſchen/ und an nichtes weniger zu gedencken als an ihre ausgeſtandene Ge- buhrts-Schmertzen. Zwar geſchiehet es auch bis- weilen/ daß ſie einige Tage zu Bette liegen muͤſſen/ und ſehr kranck ſind/ wiewol ſehr ſelten. Ach was wuͤrde dieſe Gewonheit denen Hollaͤndern zu ſtatten kommen/ wenn ſie nicht groͤſſere Unkoſten noͤthig haͤtten; allein ich will ſchweigen/ um dem Hollaͤndiſchen Frauen- zimmer nicht zu nahe zu kommen/ als welches mir ein- ſtens gute Dienſte erzeigen koͤnnte/ ſondern nur dieſes ſagen/ daß man hier zu Lande von der groſſen Zuruͤ- ſtung bey denen Kindern/ nemlich Windeln/ Baͤnden und andern mehr/ nichts wiſſe/ und gleichwol ihre Kinder eben ſo geſund ſeynd als die Unſrige/ ohne daß ſie bisweilen groſſe ausſtehende Nabels haben/ wel- ches doch von den Muͤttern leichtlich koͤnnte verhuͤtet werden. So K 5

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/197>, abgerufen am 22.11.2024.