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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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des Landes Gvinea.
wird/ sondern einjeder nach eigenem Gefallen sich eine
Frau aussuchet/ ohne die Ungleichheit der Ehe in Be-
dencken zu nehmen/ so gar/ daß auch des Königes
Tochter keinem Sclaven versaget würde/ wie denn
dergleichen fast täglich geschiehet/ und schickt sich besser/
als wenn des Königes Sohn eines Sclaven Tochter
heyrathete/ indem nemlich die Kinder der Mutter fol-
gen/ und diejenige von eines Königes Tochter mit ei-
nem Sclaven gebohren/ freye Leute bleiben/ anstatt
daß jene/ von des Königes Sohn mit einer Sclavinn
erzeuget/ allezeit Sclaven bleiben.

Das ist also die Beschreibung des Königlichen
Hauses/ nun fehlet nichts als noch die Bediente/ und
zwar erstlich der Brassos, welcher auch Fähndrich ge-
nennet wird/ Säbel-Träger/ Tie-ties oder Ausruf-
fer/ und ihrer Weiber Wache/ ohne die Trompeter/
Trommelschläger und Zincken-Bläser. Alle diese
Bedienungen bestehen hierinn; Von dem Brasso habe
ich allbereit oben erinnert/ daß es eigentlich heisse ein
Kriegsmann/ und also seine Verrichtung im Kriege
habe/ dabey nichtes mehr an ihm erfordert wird/ als
ein tapferer Muth; Alsdenn kommen die Säbel-Trä-
ger bis 3. oder 4. fast auf die Art als ich mir einbilde/
wie in alten Zeiten die Herolde gewesen seyn/ denn
diese zuweilen an fremden Höfen auch als Ambassa-
deurs
gebrauchet werden/ und folglich ihre Bedie-
nung nicht zu verachten/ ohnangesehen daß dergleichen
Ehre meistentheils denen Tie-ties oder öffentlichen
Ausruffern beygeleget werde. Diese nun werden
von ihren Herrn hin und wieder verschicket/ wenn sie
von demselbigen mit einer Mütze/ als einem Frey-Pas-
se versehen worden/ dabey man sie von andern unter-

schei-

des Landes Gvinea.
wird/ ſondern einjeder nach eigenem Gefallen ſich eine
Frau ausſuchet/ ohne die Ungleichheit der Ehe in Be-
dencken zu nehmen/ ſo gar/ daß auch des Koͤniges
Tochter keinem Sclaven verſaget wuͤrde/ wie denn
dergleichen faſt taͤglich geſchiehet/ und ſchickt ſich beſſer/
als wenn des Koͤniges Sohn eines Sclaven Tochter
heyrathete/ indem nemlich die Kinder der Mutter fol-
gen/ und diejenige von eines Koͤniges Tochter mit ei-
nem Sclaven gebohren/ freye Leute bleiben/ anſtatt
daß jene/ von des Koͤniges Sohn mit einer Sclavinn
erzeuget/ allezeit Sclaven bleiben.

Das iſt alſo die Beſchreibung des Koͤniglichen
Hauſes/ nun fehlet nichts als noch die Bediente/ und
zwar erſtlich der Braſſos, welcher auch Faͤhndrich ge-
nennet wird/ Saͤbel-Traͤger/ Tié-tiés oder Ausruf-
fer/ und ihrer Weiber Wache/ ohne die Trompeter/
Trommelſchlaͤger und Zincken-Blaͤſer. Alle dieſe
Bedienungen beſtehen hierinn; Von dem Braſſo habe
ich allbereit oben erinnert/ daß es eigentlich heiſſe ein
Kriegsmann/ und alſo ſeine Verrichtung im Kriege
habe/ dabey nichtes mehr an ihm erfordert wird/ als
ein tapferer Muth; Alsdenn kommen die Saͤbel-Traͤ-
ger bis 3. oder 4. faſt auf die Art als ich mir einbilde/
wie in alten Zeiten die Herolde geweſen ſeyn/ denn
dieſe zuweilen an fremden Hoͤfen auch als Ambaſſa-
deurs
gebrauchet werden/ und folglich ihre Bedie-
nung nicht zu verachten/ ohnangeſehen daß dergleichen
Ehre meiſtentheils denen Tié-tiés oder oͤffentlichen
Ausruffern beygeleget werde. Dieſe nun werden
von ihren Herrn hin und wieder verſchicket/ wenn ſie
von demſelbigen mit einer Muͤtze/ als einem Frey-Paſ-
ſe verſehen worden/ dabey man ſie von andern unter-

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[235/0279] des Landes Gvinea. wird/ ſondern einjeder nach eigenem Gefallen ſich eine Frau ausſuchet/ ohne die Ungleichheit der Ehe in Be- dencken zu nehmen/ ſo gar/ daß auch des Koͤniges Tochter keinem Sclaven verſaget wuͤrde/ wie denn dergleichen faſt taͤglich geſchiehet/ und ſchickt ſich beſſer/ als wenn des Koͤniges Sohn eines Sclaven Tochter heyrathete/ indem nemlich die Kinder der Mutter fol- gen/ und diejenige von eines Koͤniges Tochter mit ei- nem Sclaven gebohren/ freye Leute bleiben/ anſtatt daß jene/ von des Koͤniges Sohn mit einer Sclavinn erzeuget/ allezeit Sclaven bleiben. Das iſt alſo die Beſchreibung des Koͤniglichen Hauſes/ nun fehlet nichts als noch die Bediente/ und zwar erſtlich der Braſſos, welcher auch Faͤhndrich ge- nennet wird/ Saͤbel-Traͤger/ Tié-tiés oder Ausruf- fer/ und ihrer Weiber Wache/ ohne die Trompeter/ Trommelſchlaͤger und Zincken-Blaͤſer. Alle dieſe Bedienungen beſtehen hierinn; Von dem Braſſo habe ich allbereit oben erinnert/ daß es eigentlich heiſſe ein Kriegsmann/ und alſo ſeine Verrichtung im Kriege habe/ dabey nichtes mehr an ihm erfordert wird/ als ein tapferer Muth; Alsdenn kommen die Saͤbel-Traͤ- ger bis 3. oder 4. faſt auf die Art als ich mir einbilde/ wie in alten Zeiten die Herolde geweſen ſeyn/ denn dieſe zuweilen an fremden Hoͤfen auch als Ambaſſa- deurs gebrauchet werden/ und folglich ihre Bedie- nung nicht zu verachten/ ohnangeſehen daß dergleichen Ehre meiſtentheils denen Tié-tiés oder oͤffentlichen Ausruffern beygeleget werde. Dieſe nun werden von ihren Herrn hin und wieder verſchicket/ wenn ſie von demſelbigen mit einer Muͤtze/ als einem Frey-Paſ- ſe verſehen worden/ dabey man ſie von andern unter- ſchei-

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/279>, abgerufen am 25.11.2024.