Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

Bild:
<< vorherige Seite

des Landes Gvinea.
wort/ ich hätte davor nicht zu sorgen/ genung daß er
niemahls sterbe/ sondern allezeit lebendig bliebe. Nun
merckte ich wol daß ich mich versehen/ nahm deswegen
Abschied und machte mich aus dem Staube: Fragte
aber die mir nachfolgende Capitains, warum sie auf
meine Frage so bestürtzt worden? und erhielte zur Ant-
wort/ daß kein Mensch bey Verlust des Lebens so öf-
fentlich vom Tode in des Königes Anwesenheit spre-
chen müste/ bevoraus da es dessen eigene Person angin-
ge. Dismahl liesse ichs mit Stillschweigen vorbey
gehen/ hernach aber bey meiner zweyten und dritten
Wiederkunfft/ da ich mit dem Könige und seinen Hof-
Bedienten freyer sprechen konte/ habe ich sie offters
mit ihrer Bangigkeit vor dem Tode aus gelachet/ und sie
offters zum lachen bewogen/ sonderlich den König selbst
als einen guten Schlucker/ da ich einem seiner Haupt-
leute mit lachendem Munde mit den Todt dräuete;
jedoch ists gewiß daß kein Mohr davon sprechen darff.

Sie haben keine Abtheilung in der Zeit/ folglich wis-
sen auch die Mohren nicht zu sagen wie alt sie seynd/ hal-
ten auch keine Feyertage/ noch Eintheilungen in Stun-
den/ Tage/ Wochen/ Monat und Jahre. Sondern
wissen wenn es Zeit ist zu säen/ aus dem Lauf des Mon-
den/ und daß um den dritten Tag ohnfehlbahr Marckt-
Tag ist.

Jm rechnen ihrer Kauffmannschafft seynd sie über-
aus geläuffig/ und viel geschwinder im Kopffe den
Uberschlag machen zu können als wir mit der Feder und
wenn es auch auf einige tausend anlieffe/ folglich weit
besser mit diesen als mit andern Mohren zu rechnen ist/
welche sehr grob und ungehöbelt.

Nehmet nicht übel mein Herr daß ich die nöthige

Ord-
D d 2

des Landes Gvinea.
wort/ ich haͤtte davor nicht zu ſorgen/ genung daß er
niemahls ſterbe/ ſondern allezeit lebendig bliebe. Nun
merckte ich wol daß ich mich verſehen/ nahm deswegen
Abſchied und machte mich aus dem Staube: Fragte
aber die mir nachfolgende Capitains, warum ſie auf
meine Frage ſo beſtuͤrtzt worden? und erhielte zur Ant-
wort/ daß kein Menſch bey Verluſt des Lebens ſo oͤf-
fentlich vom Tode in des Koͤniges Anweſenheit ſpre-
chen muͤſte/ bevoraus da es deſſen eigene Perſon angin-
ge. Dismahl lieſſe ichs mit Stillſchweigen vorbey
gehen/ hernach aber bey meiner zweyten und dritten
Wiederkunfft/ da ich mit dem Koͤnige und ſeinen Hof-
Bedienten freyer ſprechen konte/ habe ich ſie offters
mit ihrer Bangigkeit vor dem Tode aus gelachet/ und ſie
offters zum lachen bewogen/ ſonderlich den Koͤnig ſelbſt
als einen guten Schlucker/ da ich einem ſeiner Haupt-
leute mit lachendem Munde mit den Todt draͤuete;
jedoch iſts gewiß daß kein Mohr davon ſprechen darff.

Sie haben keine Abtheilung in der Zeit/ folglich wiſ-
ſen auch die Mohren nicht zu ſagen wie alt ſie ſeynd/ hal-
ten auch keine Feyertage/ noch Eintheilungen in Stun-
den/ Tage/ Wochen/ Monat und Jahre. Sondern
wiſſen wenn es Zeit iſt zu ſaͤen/ aus dem Lauf des Mon-
den/ und daß um den dritten Tag ohnfehlbahr Marckt-
Tag iſt.

Jm rechnen ihrer Kauffmannſchafft ſeynd ſie uͤber-
aus gelaͤuffig/ und viel geſchwinder im Kopffe den
Ubeꝛſchlag machen zu koͤnnen als wir mit der Feder und
wenn es auch auf einige tauſend anlieffe/ folglich weit
beſſer mit dieſen als mit andern Mohren zu rechnen iſt/
welche ſehr grob und ungehoͤbelt.

Nehmet nicht uͤbel mein Herr daß ich die noͤthige

Ord-
D d 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0475" n="419"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des Landes <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Gvinea.</hi></hi></hi></fw><lb/>
wort/ ich ha&#x0364;tte davor nicht zu &#x017F;orgen/ genung daß er<lb/>
niemahls &#x017F;terbe/ &#x017F;ondern allezeit lebendig bliebe. Nun<lb/>
merckte ich wol daß ich mich ver&#x017F;ehen/ nahm deswegen<lb/>
Ab&#x017F;chied und machte mich aus dem Staube: Fragte<lb/>
aber die mir nachfolgende <hi rendition="#aq">Capitains,</hi> warum &#x017F;ie auf<lb/>
meine Frage &#x017F;o be&#x017F;tu&#x0364;rtzt worden? und erhielte zur Ant-<lb/>
wort/ daß kein Men&#x017F;ch bey Verlu&#x017F;t des Lebens &#x017F;o o&#x0364;f-<lb/>
fentlich vom Tode in des Ko&#x0364;niges Anwe&#x017F;enheit &#x017F;pre-<lb/>
chen mu&#x0364;&#x017F;te/ bevoraus da es de&#x017F;&#x017F;en eigene Per&#x017F;on angin-<lb/>
ge. Dismahl lie&#x017F;&#x017F;e ichs mit Still&#x017F;chweigen vorbey<lb/>
gehen/ hernach aber bey meiner zweyten und dritten<lb/>
Wiederkunfft/ da ich mit dem Ko&#x0364;nige und &#x017F;einen Hof-<lb/>
Bedienten freyer &#x017F;prechen konte/ habe ich &#x017F;ie offters<lb/>
mit ihrer Bangigkeit vor dem Tode aus gelachet/ und &#x017F;ie<lb/>
offters zum lachen bewogen/ &#x017F;onderlich den Ko&#x0364;nig &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
als einen guten Schlucker/ da ich einem &#x017F;einer Haupt-<lb/>
leute mit lachendem Munde mit den Todt dra&#x0364;uete;<lb/>
jedoch i&#x017F;ts gewiß daß kein Mohr davon &#x017F;prechen darff.</p><lb/>
        <p>Sie haben keine Abtheilung in der Zeit/ folglich wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en auch die Mohren nicht zu &#x017F;agen wie alt &#x017F;ie &#x017F;eynd/ hal-<lb/>
ten auch keine Feyertage/ noch Eintheilungen in Stun-<lb/>
den/ Tage/ Wochen/ Monat und Jahre. Sondern<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en wenn es Zeit i&#x017F;t zu &#x017F;a&#x0364;en/ aus dem Lauf des Mon-<lb/>
den/ und daß um den dritten Tag ohnfehlbahr Marckt-<lb/>
Tag i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Jm rechnen ihrer Kauffmann&#x017F;chafft &#x017F;eynd &#x017F;ie u&#x0364;ber-<lb/>
aus gela&#x0364;uffig/ und viel ge&#x017F;chwinder im Kopffe den<lb/>
Ube&#xA75B;&#x017F;chlag machen zu ko&#x0364;nnen als wir mit der Feder und<lb/>
wenn es auch auf einige tau&#x017F;end anlieffe/ folglich weit<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er mit die&#x017F;en als mit andern Mohren zu rechnen i&#x017F;t/<lb/>
welche &#x017F;ehr grob und ungeho&#x0364;belt.</p><lb/>
        <p>Nehmet nicht u&#x0364;bel mein Herr daß ich die no&#x0364;thige<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Ord-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[419/0475] des Landes Gvinea. wort/ ich haͤtte davor nicht zu ſorgen/ genung daß er niemahls ſterbe/ ſondern allezeit lebendig bliebe. Nun merckte ich wol daß ich mich verſehen/ nahm deswegen Abſchied und machte mich aus dem Staube: Fragte aber die mir nachfolgende Capitains, warum ſie auf meine Frage ſo beſtuͤrtzt worden? und erhielte zur Ant- wort/ daß kein Menſch bey Verluſt des Lebens ſo oͤf- fentlich vom Tode in des Koͤniges Anweſenheit ſpre- chen muͤſte/ bevoraus da es deſſen eigene Perſon angin- ge. Dismahl lieſſe ichs mit Stillſchweigen vorbey gehen/ hernach aber bey meiner zweyten und dritten Wiederkunfft/ da ich mit dem Koͤnige und ſeinen Hof- Bedienten freyer ſprechen konte/ habe ich ſie offters mit ihrer Bangigkeit vor dem Tode aus gelachet/ und ſie offters zum lachen bewogen/ ſonderlich den Koͤnig ſelbſt als einen guten Schlucker/ da ich einem ſeiner Haupt- leute mit lachendem Munde mit den Todt draͤuete; jedoch iſts gewiß daß kein Mohr davon ſprechen darff. Sie haben keine Abtheilung in der Zeit/ folglich wiſ- ſen auch die Mohren nicht zu ſagen wie alt ſie ſeynd/ hal- ten auch keine Feyertage/ noch Eintheilungen in Stun- den/ Tage/ Wochen/ Monat und Jahre. Sondern wiſſen wenn es Zeit iſt zu ſaͤen/ aus dem Lauf des Mon- den/ und daß um den dritten Tag ohnfehlbahr Marckt- Tag iſt. Jm rechnen ihrer Kauffmannſchafft ſeynd ſie uͤber- aus gelaͤuffig/ und viel geſchwinder im Kopffe den Ubeꝛſchlag machen zu koͤnnen als wir mit der Feder und wenn es auch auf einige tauſend anlieffe/ folglich weit beſſer mit dieſen als mit andern Mohren zu rechnen iſt/ welche ſehr grob und ungehoͤbelt. Nehmet nicht uͤbel mein Herr daß ich die noͤthige Ord- D d 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/475
Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/475>, abgerufen am 02.06.2024.