Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

Bild:
<< vorherige Seite
Beschreibung

Ob nun gleich unterschiedliche Mohren um diese
Betrügereyen zur Gnüge wissen/ lassen sie dennoch
sich nichts mercken/ sondern stellen sich so wol vom
Könige als denen Geistlichen nichts zu spüren/ und sol-
ches nicht unbillig in Ansehung ihrer eigenen Sicher-
heit/ indem sie ohnfehlbar des Todes seyn müsten/ fals
das Gegentheil sie sich äussern liessen.

Wie ich denn auf meiner letzten Reise zu Fida der-
gleichen Exempel gesehen. Da sich ein gewisser Mohr
von Gvinea, aber zu Fida wohnhafft/ Nahmens Ca-
pitain Tam,
welchen der König in Ansehung seiner
guten Dienste und ehrbaren Lebens mit der Capitains
und Dollmetscher Stelle von denen Englichen begna-
diget/ mit einer gewissen Person aus Fida verheyra-
thet/ welche sich ebenfals an einem Tage stellete von der
Schlangen gebissen gantz rasend zu seyn; dieser aber
um der Fidenser Gewohnheit nichts wissend/ an statt
daß er selbige ins Schlangen-Haus bringen lassen sol-
te/ sie in Eysen schmieden ließ/ und sie dadurch so erzür-
nete/ daß sie (nicht so wie kurtz erwehnte Frau) den
armen Mann bey der Geistlichkeit angabe/ welche weil
dieser nicht von Fida gebürtig/ und also nicht einerley
Religion mit ihnen war/ weder angreiffen noch öffent-
lich verklagen durfften/ sondern heimlich mit Gifft hin-
richten liessen. Zwar starb er nicht augenblicklich/
verlohre aber gäntzlich auf einmahl seine Sprache/ und
wurde lahm an allen seinen Gliedern; welches noch
viel kläglicher ist als der Todt selbsten. Jch muste dar-
über wegreisen/ und weiß also nicht ob er wieder gene-
sen; genung ists daß ihr hiebey lernen könnet/ wie man
niemahls der Geistlichkeit sich widersetzen müsse.

Sehet das sind die unterschiedliche Betrügereyen

derer
Beſchreibung

Ob nun gleich unterſchiedliche Mohren um dieſe
Betruͤgereyen zur Gnuͤge wiſſen/ laſſen ſie dennoch
ſich nichts mercken/ ſondern ſtellen ſich ſo wol vom
Koͤnige als denen Geiſtlichen nichts zu ſpuͤren/ und ſol-
ches nicht unbillig in Anſehung ihrer eigenen Sicher-
heit/ indem ſie ohnfehlbar des Todes ſeyn muͤſten/ fals
das Gegentheil ſie ſich aͤuſſern lieſſen.

Wie ich denn auf meiner letzten Reiſe zu Fida der-
gleichen Exempel geſehen. Da ſich ein gewiſſer Mohr
von Gvinea, aber zu Fida wohnhafft/ Nahmens Ca-
pitain Tam,
welchen der Koͤnig in Anſehung ſeiner
guten Dienſte und ehrbaren Lebens mit der Capitains
und Dollmetſcher Stelle von denen Englichen begna-
diget/ mit einer gewiſſen Perſon aus Fida verheyra-
thet/ welche ſich ebenfals an einem Tage ſtellete von der
Schlangen gebiſſen gantz raſend zu ſeyn; dieſer aber
um der Fidenſer Gewohnheit nichts wiſſend/ an ſtatt
daß er ſelbige ins Schlangen-Haus bringen laſſen ſol-
te/ ſie in Eyſen ſchmieden ließ/ und ſie dadurch ſo erzuͤr-
nete/ daß ſie (nicht ſo wie kurtz erwehnte Frau) den
armen Mann bey der Geiſtlichkeit angabe/ welche weil
dieſer nicht von Fida gebuͤrtig/ und alſo nicht einerley
Religion mit ihnen war/ weder angꝛeiffen noch oͤffent-
lich verklagen durfften/ ſondern heimlich mit Gifft hin-
richten lieſſen. Zwar ſtarb er nicht augenblicklich/
verlohre aber gaͤntzlich auf einmahl ſeine Sprache/ und
wurde lahm an allen ſeinen Gliedern; welches noch
viel klaͤglicher iſt als der Todt ſelbſten. Jch muſte dar-
uͤber wegreiſen/ und weiß alſo nicht ob er wieder gene-
ſen; genung iſts daß ihr hiebey lernen koͤnnet/ wie man
niemahls der Geiſtlichkeit ſich wideꝛſetzen muͤſſe.

Sehet das ſind die unterſchiedliche Betruͤgereyen

derer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0510" n="454"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Be&#x017F;chreibung</hi> </fw><lb/>
        <p>Ob nun gleich unter&#x017F;chiedliche Mohren um die&#x017F;e<lb/>
Betru&#x0364;gereyen zur Gnu&#x0364;ge wi&#x017F;&#x017F;en/ la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie dennoch<lb/>
&#x017F;ich nichts mercken/ &#x017F;ondern &#x017F;tellen &#x017F;ich &#x017F;o wol vom<lb/>
Ko&#x0364;nige als denen Gei&#x017F;tlichen nichts zu &#x017F;pu&#x0364;ren/ und &#x017F;ol-<lb/>
ches nicht unbillig in An&#x017F;ehung ihrer eigenen Sicher-<lb/>
heit/ indem &#x017F;ie ohnfehlbar des Todes &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;ten/ fals<lb/>
das Gegentheil &#x017F;ie &#x017F;ich a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ern lie&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Wie ich denn auf meiner letzten Rei&#x017F;e zu <hi rendition="#aq">Fida</hi> der-<lb/>
gleichen Exempel ge&#x017F;ehen. Da &#x017F;ich ein gewi&#x017F;&#x017F;er Mohr<lb/>
von <hi rendition="#aq">Gvinea,</hi> aber zu <hi rendition="#aq">Fida</hi> wohnhafft/ Nahmens <hi rendition="#aq">Ca-<lb/>
pitain Tam,</hi> welchen der Ko&#x0364;nig in An&#x017F;ehung &#x017F;einer<lb/>
guten Dien&#x017F;te und ehrbaren Lebens mit der <hi rendition="#aq">Capitains</hi><lb/>
und Dollmet&#x017F;cher Stelle von denen Englichen begna-<lb/>
diget/ mit einer gewi&#x017F;&#x017F;en Per&#x017F;on aus <hi rendition="#aq">Fida</hi> verheyra-<lb/>
thet/ welche &#x017F;ich ebenfals an einem Tage &#x017F;tellete von der<lb/>
Schlangen gebi&#x017F;&#x017F;en gantz ra&#x017F;end zu &#x017F;eyn; die&#x017F;er aber<lb/>
um der <hi rendition="#aq">Fiden&#x017F;er</hi> Gewohnheit nichts wi&#x017F;&#x017F;end/ an &#x017F;tatt<lb/>
daß er &#x017F;elbige ins Schlangen-Haus bringen la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ol-<lb/>
te/ &#x017F;ie in Ey&#x017F;en &#x017F;chmieden ließ/ und &#x017F;ie dadurch &#x017F;o erzu&#x0364;r-<lb/>
nete/ daß &#x017F;ie (nicht &#x017F;o wie kurtz erwehnte Frau) den<lb/>
armen Mann bey der Gei&#x017F;tlichkeit angabe/ welche weil<lb/>
die&#x017F;er nicht von <hi rendition="#aq">Fida</hi> gebu&#x0364;rtig/ und al&#x017F;o nicht einerley<lb/><hi rendition="#aq">Religion</hi> mit ihnen war/ weder ang&#xA75B;eiffen noch o&#x0364;ffent-<lb/>
lich verklagen durfften/ &#x017F;ondern heimlich mit Gifft hin-<lb/>
richten lie&#x017F;&#x017F;en. Zwar &#x017F;tarb er nicht augenblicklich/<lb/>
verlohre aber ga&#x0364;ntzlich auf einmahl &#x017F;eine Sprache/ und<lb/>
wurde lahm an allen &#x017F;einen Gliedern; welches noch<lb/>
viel kla&#x0364;glicher i&#x017F;t als der Todt &#x017F;elb&#x017F;ten. Jch mu&#x017F;te dar-<lb/>
u&#x0364;ber wegrei&#x017F;en/ und weiß al&#x017F;o nicht ob er wieder gene-<lb/>
&#x017F;en; genung i&#x017F;ts daß ihr hiebey lernen ko&#x0364;nnet/ wie man<lb/>
niemahls der Gei&#x017F;tlichkeit &#x017F;ich wide&#xA75B;&#x017F;etzen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
        <p>Sehet das &#x017F;ind die unter&#x017F;chiedliche Betru&#x0364;gereyen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">derer</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[454/0510] Beſchreibung Ob nun gleich unterſchiedliche Mohren um dieſe Betruͤgereyen zur Gnuͤge wiſſen/ laſſen ſie dennoch ſich nichts mercken/ ſondern ſtellen ſich ſo wol vom Koͤnige als denen Geiſtlichen nichts zu ſpuͤren/ und ſol- ches nicht unbillig in Anſehung ihrer eigenen Sicher- heit/ indem ſie ohnfehlbar des Todes ſeyn muͤſten/ fals das Gegentheil ſie ſich aͤuſſern lieſſen. Wie ich denn auf meiner letzten Reiſe zu Fida der- gleichen Exempel geſehen. Da ſich ein gewiſſer Mohr von Gvinea, aber zu Fida wohnhafft/ Nahmens Ca- pitain Tam, welchen der Koͤnig in Anſehung ſeiner guten Dienſte und ehrbaren Lebens mit der Capitains und Dollmetſcher Stelle von denen Englichen begna- diget/ mit einer gewiſſen Perſon aus Fida verheyra- thet/ welche ſich ebenfals an einem Tage ſtellete von der Schlangen gebiſſen gantz raſend zu ſeyn; dieſer aber um der Fidenſer Gewohnheit nichts wiſſend/ an ſtatt daß er ſelbige ins Schlangen-Haus bringen laſſen ſol- te/ ſie in Eyſen ſchmieden ließ/ und ſie dadurch ſo erzuͤr- nete/ daß ſie (nicht ſo wie kurtz erwehnte Frau) den armen Mann bey der Geiſtlichkeit angabe/ welche weil dieſer nicht von Fida gebuͤrtig/ und alſo nicht einerley Religion mit ihnen war/ weder angꝛeiffen noch oͤffent- lich verklagen durfften/ ſondern heimlich mit Gifft hin- richten lieſſen. Zwar ſtarb er nicht augenblicklich/ verlohre aber gaͤntzlich auf einmahl ſeine Sprache/ und wurde lahm an allen ſeinen Gliedern; welches noch viel klaͤglicher iſt als der Todt ſelbſten. Jch muſte dar- uͤber wegreiſen/ und weiß alſo nicht ob er wieder gene- ſen; genung iſts daß ihr hiebey lernen koͤnnet/ wie man niemahls der Geiſtlichkeit ſich wideꝛſetzen muͤſſe. Sehet das ſind die unterſchiedliche Betruͤgereyen derer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/510
Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/510>, abgerufen am 17.06.2024.