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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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des Landes Gvinea.

Auch hatte er dabey so wenigen Respect, daß wenn
ich gewollt hätte/ sie ihm würden den Kopff in Stücken
geschlagen/ und die gantze Jnsul in unsere Hände ge-
liefert haben/ sintemahlen dieser arme Tropff von ei-
nem Portugiesischen Hidalgo welchem diese Jnsul ge-
hörete hieher verschicket ware/ um in seinem Nah-
men den dritten Theil aller Einkünffte vom gan-
tzen Lande einzusamlen/ und vorsich selbst etwas ger-
ne zusammen scharren wolte/ folglich an statt des drit-
ten Theils die Helffte sich zueignete/ und endlich solchen
Haß bey den Einwohnern auf sich lude/ daß sie seiner
gern loß/ und ihr Land in andern Händen sehen möchten.

Wiewol ichs keinem rathen wolte/ es sey denn daß
zuvor alle dasige Mohren weggebracht/ sonsten wür-
den sie bey der geringsten vorfallenden Zwistigkeit mit
ihrem Herrn sich in die Gebürge retiriren dahin kein
Europäer kommen kan/ folglich diesen so viel Leyds an-
thun/ daß sie bald das Land verlassen würden/ eben wie
es uns vor diesem gegangen da wir es noch im Besitz
hatten/ welches denn die einige Ursach ist/ daß wir ge-
zwungen das Land mit dem Rücken anzusehen. Nebst
diesem Herren Governador fande ich zwey weisse
Pfaffen/ welche zum wenigsten nicht viel mehr gelernet
als die ihnen anvertraute Gemeine/ auch überdem ein
so herrliches Lob hatten/ sie könten mehr Brantwein
oder ander hitziges Getränck/ als ich Wein vertragen.
Kurtz ich bilde mir ein daß alle ihre Weißheit in der
Capuciner Kutten verborgen/ denn von diesem Orden
gaben sie sich aus/ wiewol ich zweiffle ob sie lesen oder
schreiben konten/ zum wenigsten habe ich kein Buch in
ihren Händen gesehen/ konte auch auf Befragen ob sie
keine brauchten/ kein einiges zu Gesichte bekommen;

viel-
J i 4
des Landes Gvinea.

Auch hatte er dabey ſo wenigen Reſpect, daß wenn
ich gewollt haͤtte/ ſie ihm wuͤrden den Kopff in Stuͤcken
geſchlagen/ und die gantze Jnſul in unſere Haͤnde ge-
liefert haben/ ſintemahlen dieſer arme Tropff von ei-
nem Portugieſiſchen Hidalgo welchem dieſe Jnſul ge-
hoͤrete hieher verſchicket ware/ um in ſeinem Nah-
men den dritten Theil aller Einkuͤnffte vom gan-
tzen Lande einzuſamlen/ und vorſich ſelbſt etwas ger-
ne zuſammen ſcharren wolte/ folglich an ſtatt des drit-
ten Theils die Helffte ſich zueignete/ und endlich ſolchen
Haß bey den Einwohnern auf ſich lude/ daß ſie ſeiner
gern loß/ und ihr Land in andern Haͤnden ſehen moͤchtẽ.

Wiewol ichs keinem rathen wolte/ es ſey denn daß
zuvor alle daſige Mohren weggebracht/ ſonſten wuͤr-
den ſie bey der geringſten vorfallenden Zwiſtigkeit mit
ihrem Herrn ſich in die Gebuͤrge retiriren dahin kein
Europaͤer kommen kan/ folglich dieſen ſo viel Leyds an-
thun/ daß ſie bald das Land verlaſſen wuͤrden/ eben wie
es uns vor dieſem gegangen da wir es noch im Beſitz
hatten/ welches denn die einige Urſach iſt/ daß wir ge-
zwungen das Land mit dem Ruͤcken anzuſehen. Nebſt
dieſem Herren Governador fande ich zwey weiſſe
Pfaffen/ welche zum wenigſten nicht viel mehr gelernet
als die ihnen anvertraute Gemeine/ auch uͤberdem ein
ſo herrliches Lob hatten/ ſie koͤnten mehr Brantwein
oder ander hitziges Getraͤnck/ als ich Wein vertragen.
Kurtz ich bilde mir ein daß alle ihre Weißheit in der
Capuciner Kutten verborgen/ denn von dieſem Orden
gaben ſie ſich aus/ wiewol ich zweiffle ob ſie leſen oder
ſchreiben konten/ zum wenigſten habe ich kein Buch in
ihren Haͤnden geſehen/ konte auch auf Befragen ob ſie
keine brauchten/ kein einiges zu Geſichte bekommen;

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[503/0563] des Landes Gvinea. Auch hatte er dabey ſo wenigen Reſpect, daß wenn ich gewollt haͤtte/ ſie ihm wuͤrden den Kopff in Stuͤcken geſchlagen/ und die gantze Jnſul in unſere Haͤnde ge- liefert haben/ ſintemahlen dieſer arme Tropff von ei- nem Portugieſiſchen Hidalgo welchem dieſe Jnſul ge- hoͤrete hieher verſchicket ware/ um in ſeinem Nah- men den dritten Theil aller Einkuͤnffte vom gan- tzen Lande einzuſamlen/ und vorſich ſelbſt etwas ger- ne zuſammen ſcharren wolte/ folglich an ſtatt des drit- ten Theils die Helffte ſich zueignete/ und endlich ſolchen Haß bey den Einwohnern auf ſich lude/ daß ſie ſeiner gern loß/ und ihr Land in andern Haͤnden ſehen moͤchtẽ. Wiewol ichs keinem rathen wolte/ es ſey denn daß zuvor alle daſige Mohren weggebracht/ ſonſten wuͤr- den ſie bey der geringſten vorfallenden Zwiſtigkeit mit ihrem Herrn ſich in die Gebuͤrge retiriren dahin kein Europaͤer kommen kan/ folglich dieſen ſo viel Leyds an- thun/ daß ſie bald das Land verlaſſen wuͤrden/ eben wie es uns vor dieſem gegangen da wir es noch im Beſitz hatten/ welches denn die einige Urſach iſt/ daß wir ge- zwungen das Land mit dem Ruͤcken anzuſehen. Nebſt dieſem Herren Governador fande ich zwey weiſſe Pfaffen/ welche zum wenigſten nicht viel mehr gelernet als die ihnen anvertraute Gemeine/ auch uͤberdem ein ſo herrliches Lob hatten/ ſie koͤnten mehr Brantwein oder ander hitziges Getraͤnck/ als ich Wein vertragen. Kurtz ich bilde mir ein daß alle ihre Weißheit in der Capuciner Kutten verborgen/ denn von dieſem Orden gaben ſie ſich aus/ wiewol ich zweiffle ob ſie leſen oder ſchreiben konten/ zum wenigſten habe ich kein Buch in ihren Haͤnden geſehen/ konte auch auf Befragen ob ſie keine brauchten/ kein einiges zu Geſichte bekommen; viel- J i 4

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/563>, abgerufen am 22.11.2024.