Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789."Liebe, liebe Mutter! thu doch nicht so; es wird XXXV. Itzt noch vom Schätzle. Nun flog' ich noch zu meinem Aennchen hin, wel- „Liebe, liebe Mutter! thu doch nicht ſo; es wird XXXV. Itzt noch vom Schaͤtzle. Nun flog’ ich noch zu meinem Aennchen hin, wel- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0100" n="84"/> „Liebe, liebe Mutter! thu doch nicht ſo; es wird<lb/> „mir nicht gaͤnzlich fehlen. Behuͤt’ Euch Gott!<lb/> „lieber Vater, liebe Mutter! Behuͤt’ Euch Gott<lb/> „alle, liebe Geſchwiſterte! Folgt doch dem Vater<lb/> „und der Mutter! Ich will ihren guten Ermah-<lb/> „nungen auch folgen in der weit’ſten weiten Ferne„.<lb/> Dann gab mir jedes die Hand. Die Zaͤhren rollten<lb/> ihnen uͤber die feurrothen Backen. Ich mußte faſt<lb/> erſticken. Drauf gab mir die Mutter den Reisbuͤn-<lb/> del, und gieng dann beyſeite. Mein Vater geleitete<lb/> mich noch ein Stuͤck Wegs. Es war ſchon Abend-<lb/> daͤmmerung. In der <hi rendition="#fr">Schomatten</hi> begegnete mir<lb/><hi rendition="#fr">Caſpar Muͤller</hi>. Der gab mir ein artiges Reis-<lb/> geldlin, und Gottes Geleit auf die Straſſe.</p> </div><lb/> <div n="1"> <head><hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">XXXV.</hi><lb/><hi rendition="#fr">Itzt noch vom Schaͤtzle</hi></hi>.</head><lb/> <p><hi rendition="#in">N</hi>un flog’ ich noch zu meinem <hi rendition="#fr">Aennchen</hi> hin, wel-<lb/> cher ich erſt ein Paar Naͤchte vorher mein Vorhaben<lb/> entdeckt hatte. Sie ward daruͤber gewaltig verdruͤß-<lb/> lich, wollt’ ſich’s aber Anfangs nicht merken laſſen.<lb/> „Meinethalben„ ſagte ſie mit ihrem unnachahmli-<lb/> chen Bitterlaͤcheln, „kannſt gehen — hab’ gemeint — —<lb/> „Wer nur ſo liebt, mag ſich packen wo er will„.<lb/> „Ach! Liebchen„, ſprach ich, „du weiſt wahrlich<lb/> „nicht, wie Weh’s mir thut; aber du ſiehſt wohl,<lb/> „mit Ehren koͤnnten wir’s ſo nicht mehr lang aus-<lb/> „halten. Und ans Heurathen darf ich itzt nur nicht<lb/> „denken. Bin noch zu jung; du biſt noch juͤnger,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [84/0100]
„Liebe, liebe Mutter! thu doch nicht ſo; es wird
„mir nicht gaͤnzlich fehlen. Behuͤt’ Euch Gott!
„lieber Vater, liebe Mutter! Behuͤt’ Euch Gott
„alle, liebe Geſchwiſterte! Folgt doch dem Vater
„und der Mutter! Ich will ihren guten Ermah-
„nungen auch folgen in der weit’ſten weiten Ferne„.
Dann gab mir jedes die Hand. Die Zaͤhren rollten
ihnen uͤber die feurrothen Backen. Ich mußte faſt
erſticken. Drauf gab mir die Mutter den Reisbuͤn-
del, und gieng dann beyſeite. Mein Vater geleitete
mich noch ein Stuͤck Wegs. Es war ſchon Abend-
daͤmmerung. In der Schomatten begegnete mir
Caſpar Muͤller. Der gab mir ein artiges Reis-
geldlin, und Gottes Geleit auf die Straſſe.
XXXV.
Itzt noch vom Schaͤtzle.
Nun flog’ ich noch zu meinem Aennchen hin, wel-
cher ich erſt ein Paar Naͤchte vorher mein Vorhaben
entdeckt hatte. Sie ward daruͤber gewaltig verdruͤß-
lich, wollt’ ſich’s aber Anfangs nicht merken laſſen.
„Meinethalben„ ſagte ſie mit ihrem unnachahmli-
chen Bitterlaͤcheln, „kannſt gehen — hab’ gemeint — —
„Wer nur ſo liebt, mag ſich packen wo er will„.
„Ach! Liebchen„, ſprach ich, „du weiſt wahrlich
„nicht, wie Weh’s mir thut; aber du ſiehſt wohl,
„mit Ehren koͤnnten wir’s ſo nicht mehr lang aus-
„halten. Und ans Heurathen darf ich itzt nur nicht
„denken. Bin noch zu jung; du biſt noch juͤnger,
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