"oder gar dein Glück machen kannst. Was mir am "meisten Mühe macht, Uli! ist deine Jugend und "dein Leichtsinn. Und doch, glaub' mir's, du gehst "in eine verführerische Welt hinaus, wo's Hallun- "ken und Schurken genug giebt, die auf die Un- "schuld solcher Buben lauern. Ich bitt' dich, trau "doch keinem Gesicht, bis du's kennst; und laß "dich zu nichts bereden, was dich nicht recht dünkt. "Bete fleißig, wie Daniel zu Babel; und vergiß "nie, daß, wenn ich dich schon nicht mehr sehe und "höre, dein beßrer Vater im Himmel in alle Winkel "der Welt sieht und hört, was du denkest und thust. "Du weist ja die Bibel, das heißt Gottes Wort, "inn- und auswendig. Sinn' ihm nach, und ver- "giß es nie, wie wohl's den frommen Leuten, die "Gott liebten, gegangen ist. Denk! Ein Abraham, "Joseph, David. Und wie hingegen jenen nichts- "nutzen gottlosen Buben, wie unglücklich sie worden "sind. Um deiner Seelen willen, Uli! um deiner "zeitlichen und ewigen Wohlfarth willen, vergiß dei- "nes Gottes nicht. Wo der Himmel über dir steht, "ist er stets bey dir. Ich kann weiter nichts als "dich seinem allmächtigen Schutz anbefehlen; und "das will ich thun, unabläßig" -- -- So giengs noch eine kurze Weile fort. Mein Herz ward weich wie Wachs. Vor Schluchzen konnt' ich nichts sagen, als: "Ja, "Vater, ja"! und in meinem Innwendigen hallt' es wieder: "Ja, Vater, ja"! Endlich, nach einer kurzen Stille, sprach er: "Nun, in Gottes Namen, "geh"! und ich: "Ja, ich will gehen"! und:
„oder gar dein Gluͤck machen kannſt. Was mir am „meiſten Muͤhe macht, Uli! iſt deine Jugend und „dein Leichtſinn. Und doch, glaub’ mir’s, du gehſt „in eine verfuͤhreriſche Welt hinaus, wo’s Hallun- „ken und Schurken genug giebt, die auf die Un- „ſchuld ſolcher Buben lauern. Ich bitt’ dich, trau „doch keinem Geſicht, bis du’s kennſt; und laß „dich zu nichts bereden, was dich nicht recht duͤnkt. „Bete fleißig, wie Daniel zu Babel; und vergiß „nie, daß, wenn ich dich ſchon nicht mehr ſehe und „hoͤre, dein beßrer Vater im Himmel in alle Winkel „der Welt ſieht und hoͤrt, was du denkeſt und thuſt. „Du weiſt ja die Bibel, das heißt Gottes Wort, „inn- und auswendig. Sinn’ ihm nach, und ver- „giß es nie, wie wohl’s den frommen Leuten, die „Gott liebten, gegangen iſt. Denk! Ein Abraham, „Joſeph, David. Und wie hingegen jenen nichts- „nutzen gottloſen Buben, wie ungluͤcklich ſie worden „ſind. Um deiner Seelen willen, Uli! um deiner „zeitlichen und ewigen Wohlfarth willen, vergiß dei- „nes Gottes nicht. Wo der Himmel uͤber dir ſteht, „iſt er ſtets bey dir. Ich kann weiter nichts als „dich ſeinem allmaͤchtigen Schutz anbefehlen; und „das will ich thun, unablaͤßig„ — — So giengs noch eine kurze Weile fort. Mein Herz ward weich wie Wachs. Vor Schluchzen konnt’ ich nichts ſagen, als: „Ja, „Vater, ja„! und in meinem Innwendigen hallt’ es wieder: „Ja, Vater, ja„! Endlich, nach einer kurzen Stille, ſprach er: „Nun, in Gottes Namen, „geh„! und ich: „Ja, ich will gehen„! und:
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0099"n="83"/>„oder gar dein Gluͤck machen kannſt. Was mir am<lb/>„meiſten Muͤhe macht, <hirendition="#fr">Uli</hi>! iſt deine Jugend und<lb/>„dein Leichtſinn. Und doch, glaub’ mir’s, du gehſt<lb/>„in eine verfuͤhreriſche Welt hinaus, wo’s Hallun-<lb/>„ken und Schurken genug giebt, die auf die Un-<lb/>„ſchuld ſolcher Buben lauern. Ich bitt’ dich, trau<lb/>„doch keinem Geſicht, bis du’s kennſt; und laß<lb/>„dich zu nichts bereden, was dich nicht recht duͤnkt.<lb/>„Bete fleißig, wie Daniel zu Babel; und vergiß<lb/>„nie, daß, wenn ich dich ſchon nicht mehr ſehe und<lb/>„hoͤre, dein beßrer Vater im Himmel in alle Winkel<lb/>„der Welt ſieht und hoͤrt, was du denkeſt und thuſt.<lb/>„Du weiſt ja die Bibel, das heißt Gottes Wort,<lb/>„inn- und auswendig. Sinn’ ihm nach, und ver-<lb/>„giß es nie, wie wohl’s den frommen Leuten, die<lb/>„Gott liebten, gegangen iſt. Denk! Ein Abraham,<lb/>„Joſeph, David. Und wie hingegen jenen nichts-<lb/>„nutzen gottloſen Buben, wie ungluͤcklich ſie worden<lb/>„ſind. Um deiner Seelen willen, <hirendition="#fr">Uli</hi>! um deiner<lb/>„zeitlichen und ewigen Wohlfarth willen, vergiß dei-<lb/>„nes Gottes nicht. Wo der Himmel uͤber dir ſteht,<lb/>„iſt er ſtets bey dir. Ich kann weiter nichts als<lb/>„dich ſeinem allmaͤchtigen Schutz anbefehlen; und<lb/>„das will ich thun, unablaͤßig„—— So giengs noch<lb/>
eine kurze Weile fort. Mein Herz ward weich wie Wachs.<lb/>
Vor Schluchzen konnt’ ich nichts ſagen, als: „Ja,<lb/>„Vater, ja„! und in meinem Innwendigen hallt’ es<lb/>
wieder: „Ja, Vater, ja„! Endlich, nach einer<lb/>
kurzen Stille, ſprach er: „Nun, in Gottes Namen,<lb/>„geh„! und ich: „Ja, ich will gehen„! und:<lb/></p></div></body></text></TEI>
[83/0099]
„oder gar dein Gluͤck machen kannſt. Was mir am
„meiſten Muͤhe macht, Uli! iſt deine Jugend und
„dein Leichtſinn. Und doch, glaub’ mir’s, du gehſt
„in eine verfuͤhreriſche Welt hinaus, wo’s Hallun-
„ken und Schurken genug giebt, die auf die Un-
„ſchuld ſolcher Buben lauern. Ich bitt’ dich, trau
„doch keinem Geſicht, bis du’s kennſt; und laß
„dich zu nichts bereden, was dich nicht recht duͤnkt.
„Bete fleißig, wie Daniel zu Babel; und vergiß
„nie, daß, wenn ich dich ſchon nicht mehr ſehe und
„hoͤre, dein beßrer Vater im Himmel in alle Winkel
„der Welt ſieht und hoͤrt, was du denkeſt und thuſt.
„Du weiſt ja die Bibel, das heißt Gottes Wort,
„inn- und auswendig. Sinn’ ihm nach, und ver-
„giß es nie, wie wohl’s den frommen Leuten, die
„Gott liebten, gegangen iſt. Denk! Ein Abraham,
„Joſeph, David. Und wie hingegen jenen nichts-
„nutzen gottloſen Buben, wie ungluͤcklich ſie worden
„ſind. Um deiner Seelen willen, Uli! um deiner
„zeitlichen und ewigen Wohlfarth willen, vergiß dei-
„nes Gottes nicht. Wo der Himmel uͤber dir ſteht,
„iſt er ſtets bey dir. Ich kann weiter nichts als
„dich ſeinem allmaͤchtigen Schutz anbefehlen; und
„das will ich thun, unablaͤßig„ — — So giengs noch
eine kurze Weile fort. Mein Herz ward weich wie Wachs.
Vor Schluchzen konnt’ ich nichts ſagen, als: „Ja,
„Vater, ja„! und in meinem Innwendigen hallt’ es
wieder: „Ja, Vater, ja„! Endlich, nach einer
kurzen Stille, ſprach er: „Nun, in Gottes Namen,
„geh„! und ich: „Ja, ich will gehen„! und:
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/99>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.