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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.

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dert und aber hundert vernünftigen Betrachtungen
Anlaß geben. Also nur dieß Wenige. Da waren
unübersehbare Felder mit Kriegsleuthen bedeckt; vie-
le tausend Zuschauer an allen Ecken und Enden.
Hier stehen zwey grosse Armeen in künstlicher Schlacht-
ordnung; schon brüllt von den Flanken das grobe
Geschütz auf einander los. Sie avanziren, kommen
zum Feuer, und machen ein so entsetzliches Donnern,
daß man seinen nächsten Nachbar nicht hören und
vor Rauch nicht mehr sehen kann: Dort versuchen
etliche Bataillons ein Heckenfeuer; hier fallen's ein-
ander in die Flanke, da blokiren sie Batterien, dort
formiren sie ein doppeltes Kreutz. Hier marschieren
sie über eine Schiffbrücke, dort hauen Küraßiers
und Dragoner ein, und sprengen etliche Schwadrons
Husaren von allen Farben auf einander los, daß
Staubwolken über Roß und Mann emporwallen.
Hier überrumpeln's ein Lager; die Avantgarde, un-
ter deren ich zu manövriren die Ehre hatte, bricht
Zelten ab, und flieht. -- Doch noch einmal: Ich
müßte ein Narr seyn, wenn ich glaubte, hier eine
Preußische Generalrevüe beschrieben zu haben. Ich
hoffe also, man nimmt mit diesem Wenigen vor-
lieb -- oder, vielmehr, verzeiht's mir, um der
Freude willen, mein Gewäsch nicht länger anzuhören.


dert und aber hundert vernuͤnftigen Betrachtungen
Anlaß geben. Alſo nur dieß Wenige. Da waren
unuͤberſehbare Felder mit Kriegsleuthen bedeckt; vie-
le tauſend Zuſchauer an allen Ecken und Enden.
Hier ſtehen zwey groſſe Armeen in kuͤnſtlicher Schlacht-
ordnung; ſchon bruͤllt von den Flanken das grobe
Geſchuͤtz auf einander los. Sie avanziren, kommen
zum Feuer, und machen ein ſo entſetzliches Donnern,
daß man ſeinen naͤchſten Nachbar nicht hoͤren und
vor Rauch nicht mehr ſehen kann: Dort verſuchen
etliche Bataillons ein Heckenfeuer; hier fallen’s ein-
ander in die Flanke, da blokiren ſie Batterien, dort
formiren ſie ein doppeltes Kreutz. Hier marſchieren
ſie uͤber eine Schiffbruͤcke, dort hauen Kuͤraßiers
und Dragoner ein, und ſprengen etliche Schwadrons
Huſaren von allen Farben auf einander los, daß
Staubwolken uͤber Roß und Mann emporwallen.
Hier uͤberrumpeln’s ein Lager; die Avantgarde, un-
ter deren ich zu manoͤvriren die Ehre hatte, bricht
Zelten ab, und flieht. — Doch noch einmal: Ich
muͤßte ein Narr ſeyn, wenn ich glaubte, hier eine
Preußiſche Generalrevuͤe beſchrieben zu haben. Ich
hoffe alſo, man nimmt mit dieſem Wenigen vor-
lieb — oder, vielmehr, verzeiht’s mir, um der
Freude willen, mein Gewaͤſch nicht laͤnger anzuhoͤren.


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[139/0155] dert und aber hundert vernuͤnftigen Betrachtungen Anlaß geben. Alſo nur dieß Wenige. Da waren unuͤberſehbare Felder mit Kriegsleuthen bedeckt; vie- le tauſend Zuſchauer an allen Ecken und Enden. Hier ſtehen zwey groſſe Armeen in kuͤnſtlicher Schlacht- ordnung; ſchon bruͤllt von den Flanken das grobe Geſchuͤtz auf einander los. Sie avanziren, kommen zum Feuer, und machen ein ſo entſetzliches Donnern, daß man ſeinen naͤchſten Nachbar nicht hoͤren und vor Rauch nicht mehr ſehen kann: Dort verſuchen etliche Bataillons ein Heckenfeuer; hier fallen’s ein- ander in die Flanke, da blokiren ſie Batterien, dort formiren ſie ein doppeltes Kreutz. Hier marſchieren ſie uͤber eine Schiffbruͤcke, dort hauen Kuͤraßiers und Dragoner ein, und ſprengen etliche Schwadrons Huſaren von allen Farben auf einander los, daß Staubwolken uͤber Roß und Mann emporwallen. Hier uͤberrumpeln’s ein Lager; die Avantgarde, un- ter deren ich zu manoͤvriren die Ehre hatte, bricht Zelten ab, und flieht. — Doch noch einmal: Ich muͤßte ein Narr ſeyn, wenn ich glaubte, hier eine Preußiſche Generalrevuͤe beſchrieben zu haben. Ich hoffe alſo, man nimmt mit dieſem Wenigen vor- lieb — oder, vielmehr, verzeiht’s mir, um der Freude willen, mein Gewaͤſch nicht laͤnger anzuhoͤren.

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Zitationshilfe: Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/155>, abgerufen am 24.11.2024.