vorübergieng. Andre waren offenherziger, und sag- ten mir's rund ins Gesicht: "Ulrich, Ulrich! "du wirst's schwerlich aushalten können." Einige indessen hatten vollends die Gutheit, mir nach dem Maaß ihrer Kräfte, bloß auf mein und des Aetis Ehrenwort, thätlich unter die Arme zu greifen.
Uebrigens war dieß Tausend Siebenhundert und Sechzig ein vom Himmel ausserordentlich gesegnetes rechtes Wunderjahr, durch ein seltenes Gedeihen der Erdfrüchte, und namhaften Verdienst, bey äusserst geringem Preiß aller Arten von Lebensmitteln. Ein Pfund Brodt galt 10. Pf. ein Pfund Butter 10. Kr. Das Viertel Apfel, Birn und Erdäpfel konnt' ich beym Haus um 12. Kr. haben, die Maaß Wein um 6. Kr. und die Maaß Branz um 7. Bz. Alles, Reich und Arm, hatte vollauf. Mit meinem Bauel- gewerb wär's mir um diese Zeit gewiß recht gut ge- gangen, wenn ich ihn nur besser verstanden, und mehr Geld und Zeit darein zu setzen gehabt hätte. -- So floß mir dieses Jahr ziemlich schnell dahin. Mit meiner Schönen gab's wohl manchmal ein Zerwürf- niß, wenn sie etwa meine Lebensart tadelte, mir Verhaltungsbefehle vorschreiben wollte, und ich mich dann -- wie noch heut zu Tag -- rebellisch stellte; aber der Faden war allemal bald wieder angespon- nen -- und bald wieder zerbrochen. Kurz wir waren schon dazumal bald miteinander zufrieden, bald un- zufrieden -- wie itzt.
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voruͤbergieng. Andre waren offenherziger, und ſag- ten mir’s rund ins Geſicht: „Ulrich, Ulrich! „du wirſt’s ſchwerlich aushalten koͤnnen.„ Einige indeſſen hatten vollends die Gutheit, mir nach dem Maaß ihrer Kraͤfte, bloß auf mein und des Aetis Ehrenwort, thaͤtlich unter die Arme zu greifen.
Uebrigens war dieß Tauſend Siebenhundert und Sechzig ein vom Himmel auſſerordentlich geſegnetes rechtes Wunderjahr, durch ein ſeltenes Gedeihen der Erdfruͤchte, und namhaften Verdienſt, bey aͤuſſerſt geringem Preiß aller Arten von Lebensmitteln. Ein Pfund Brodt galt 10. Pf. ein Pfund Butter 10. Kr. Das Viertel Apfel, Birn und Erdaͤpfel konnt’ ich beym Haus um 12. Kr. haben, die Maaß Wein um 6. Kr. und die Maaß Branz um 7. Bz. Alles, Reich und Arm, hatte vollauf. Mit meinem Bauel- gewerb waͤr’s mir um dieſe Zeit gewiß recht gut ge- gangen, wenn ich ihn nur beſſer verſtanden, und mehr Geld und Zeit darein zu ſetzen gehabt haͤtte. — So floß mir dieſes Jahr ziemlich ſchnell dahin. Mit meiner Schoͤnen gab’s wohl manchmal ein Zerwuͤrf- niß, wenn ſie etwa meine Lebensart tadelte, mir Verhaltungsbefehle vorſchreiben wollte, und ich mich dann — wie noch heut zu Tag — rebelliſch ſtellte; aber der Faden war allemal bald wieder angeſpon- nen — und bald wieder zerbrochen. Kurz wir waren ſchon dazumal bald miteinander zufrieden, bald un- zufrieden — wie itzt.
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voruͤbergieng. Andre waren offenherziger, und ſag-
ten mir’s rund ins Geſicht: „Ulrich, Ulrich!
„du wirſt’s ſchwerlich aushalten koͤnnen.„ Einige
indeſſen hatten vollends die Gutheit, mir nach dem
Maaß ihrer Kraͤfte, bloß auf mein und des Aetis
Ehrenwort, thaͤtlich unter die Arme zu greifen.
Uebrigens war dieß Tauſend Siebenhundert und
Sechzig ein vom Himmel auſſerordentlich geſegnetes
rechtes Wunderjahr, durch ein ſeltenes Gedeihen der
Erdfruͤchte, und namhaften Verdienſt, bey aͤuſſerſt
geringem Preiß aller Arten von Lebensmitteln. Ein
Pfund Brodt galt 10. Pf. ein Pfund Butter 10. Kr.
Das Viertel Apfel, Birn und Erdaͤpfel konnt’ ich
beym Haus um 12. Kr. haben, die Maaß Wein
um 6. Kr. und die Maaß Branz um 7. Bz. Alles,
Reich und Arm, hatte vollauf. Mit meinem Bauel-
gewerb waͤr’s mir um dieſe Zeit gewiß recht gut ge-
gangen, wenn ich ihn nur beſſer verſtanden, und
mehr Geld und Zeit darein zu ſetzen gehabt haͤtte. —
So floß mir dieſes Jahr ziemlich ſchnell dahin. Mit
meiner Schoͤnen gab’s wohl manchmal ein Zerwuͤrf-
niß, wenn ſie etwa meine Lebensart tadelte, mir
Verhaltungsbefehle vorſchreiben wollte, und ich mich
dann — wie noch heut zu Tag — rebelliſch ſtellte;
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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/193>, abgerufen am 25.11.2024.
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