Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite

ander vereinigt, meinen Bau zu hintertreiben. Der
einte war, daß ich noch viel zu wenig Holz hatte,
ungeachtet Mstr. Brunner mir gesagt, es sey
genug, und es erst itzt einsah, als er an die oberste
oder Firstkammer kam. Also mußt' ich von neuem
in den Wald, Bäum' kaufen, fällen, und sie in die
Säge und auf den Zimmerplatz führen. Der zweyte
Unstern war, daß, als bey dem ebengedachten Ge-
schäfte mein Fuhrmann mit einem schweren Stück
zwischen zwey Felsen durch, und ich nebenein galop-
viren wollte, mir der Baum im Renken den rech-
ten Fuß erwischte, Schuh' und Strümpf' zerriß, und
mir Haut, Fleisch und Bein zerquetschte, so daß
ich ziemlich miserabel auf dem einten Roß heimrei-
ten, und unter grossem Schmerzen viele Tag' inlie-
gen mußte, bis ich nun wieder zu meinen Leuten
hinken konnte. Nebendem vereinigten sich, während
dieser meiner Niederlage noch zwey andre Fatalitäten
mit den erstern. Die einte: Einer meiner Lands-
männer, dem ich 120. fl. schuldig war, schickte mir
ganz unversehns den Boten, daß er zur Stund
wolle bezahlt seyn. Ich kannte meinen Mann, und
wußte, daß da Bitten und Beten umsonst sey.
Also dacht ich hin und her, was denn sonst anzu-
fangen wäre. Endlich entschloß ich mich, meinen
Vorath an Garn aus allen Winkeln zusammenzule-
sen, nach St. Gallen zu schicken, und fast um je-
den Preiß loszuschlagen, Aber, o Weh! das vierte
Ungeheuer! Mein Abgesandter kam statt mit Baar-
schaft, mit der entsetzlichen Nachricht, mein Garn

ander vereinigt, meinen Bau zu hintertreiben. Der
einte war, daß ich noch viel zu wenig Holz hatte,
ungeachtet Mſtr. Brunner mir geſagt, es ſey
genug, und es erſt itzt einſah, als er an die oberſte
oder Firſtkammer kam. Alſo mußt’ ich von neuem
in den Wald, Baͤum’ kaufen, faͤllen, und ſie in die
Saͤge und auf den Zimmerplatz fuͤhren. Der zweyte
Unſtern war, daß, als bey dem ebengedachten Ge-
ſchaͤfte mein Fuhrmann mit einem ſchweren Stuͤck
zwiſchen zwey Felſen durch, und ich nebenein galop-
viren wollte, mir der Baum im Renken den rech-
ten Fuß erwiſchte, Schuh’ und Struͤmpf’ zerriß, und
mir Haut, Fleiſch und Bein zerquetſchte, ſo daß
ich ziemlich miſerabel auf dem einten Roß heimrei-
ten, und unter groſſem Schmerzen viele Tag’ inlie-
gen mußte, bis ich nun wieder zu meinen Leuten
hinken konnte. Nebendem vereinigten ſich, waͤhrend
dieſer meiner Niederlage noch zwey andre Fatalitaͤten
mit den erſtern. Die einte: Einer meiner Lands-
maͤnner, dem ich 120. fl. ſchuldig war, ſchickte mir
ganz unverſehns den Boten, daß er zur Stund
wolle bezahlt ſeyn. Ich kannte meinen Mann, und
wußte, daß da Bitten und Beten umſonſt ſey.
Alſo dacht ich hin und her, was denn ſonſt anzu-
fangen waͤre. Endlich entſchloß ich mich, meinen
Vorath an Garn aus allen Winkeln zuſammenzule-
ſen, nach St. Gallen zu ſchicken, und faſt um je-
den Preiß loszuſchlagen, Aber, o Weh! das vierte
Ungeheuer! Mein Abgeſandter kam ſtatt mit Baar-
ſchaft, mit der entſetzlichen Nachricht, mein Garn

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0195" n="179"/>
ander vereinigt, meinen Bau zu hintertreiben. Der<lb/>
einte war, daß ich noch viel zu wenig Holz hatte,<lb/>
ungeachtet M&#x017F;tr. <hi rendition="#fr">Brunner</hi> mir ge&#x017F;agt, es &#x017F;ey<lb/>
genug, und es er&#x017F;t itzt ein&#x017F;ah, als er an die ober&#x017F;te<lb/>
oder Fir&#x017F;tkammer kam. Al&#x017F;o mußt&#x2019; ich von neuem<lb/>
in den Wald, Ba&#x0364;um&#x2019; kaufen, fa&#x0364;llen, und &#x017F;ie in die<lb/>
Sa&#x0364;ge und auf den Zimmerplatz fu&#x0364;hren. Der zweyte<lb/>
Un&#x017F;tern war, daß, als bey dem ebengedachten Ge-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;fte mein Fuhrmann mit einem &#x017F;chweren Stu&#x0364;ck<lb/>
zwi&#x017F;chen zwey Fel&#x017F;en durch, und ich nebenein galop-<lb/>
viren wollte, mir der Baum im Renken den rech-<lb/>
ten Fuß erwi&#x017F;chte, Schuh&#x2019; und Stru&#x0364;mpf&#x2019; zerriß, und<lb/>
mir Haut, Flei&#x017F;ch und Bein zerquet&#x017F;chte, &#x017F;o daß<lb/>
ich ziemlich mi&#x017F;erabel auf dem einten Roß heimrei-<lb/>
ten, und unter gro&#x017F;&#x017F;em Schmerzen viele Tag&#x2019; inlie-<lb/>
gen mußte, bis ich nun wieder zu meinen Leuten<lb/>
hinken konnte. Nebendem vereinigten &#x017F;ich, wa&#x0364;hrend<lb/>
die&#x017F;er meiner Niederlage noch zwey andre Fatalita&#x0364;ten<lb/>
mit den er&#x017F;tern. Die einte: Einer meiner Lands-<lb/>
ma&#x0364;nner, dem ich 120. fl. &#x017F;chuldig war, &#x017F;chickte mir<lb/>
ganz unver&#x017F;ehns den Boten, daß er zur Stund<lb/>
wolle bezahlt &#x017F;eyn. Ich kannte meinen Mann, und<lb/>
wußte, daß da Bitten und Beten um&#x017F;on&#x017F;t &#x017F;ey.<lb/>
Al&#x017F;o dacht ich hin und her, was denn &#x017F;on&#x017F;t anzu-<lb/>
fangen wa&#x0364;re. Endlich ent&#x017F;chloß ich mich, meinen<lb/>
Vorath an Garn aus allen Winkeln zu&#x017F;ammenzule-<lb/>
&#x017F;en, nach <hi rendition="#fr">St. Gallen</hi> zu &#x017F;chicken, und fa&#x017F;t um je-<lb/>
den Preiß loszu&#x017F;chlagen, Aber, o Weh! das vierte<lb/>
Ungeheuer! Mein Abge&#x017F;andter kam &#x017F;tatt mit Baar-<lb/>
&#x017F;chaft, mit der ent&#x017F;etzlichen Nachricht, mein Garn<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0195] ander vereinigt, meinen Bau zu hintertreiben. Der einte war, daß ich noch viel zu wenig Holz hatte, ungeachtet Mſtr. Brunner mir geſagt, es ſey genug, und es erſt itzt einſah, als er an die oberſte oder Firſtkammer kam. Alſo mußt’ ich von neuem in den Wald, Baͤum’ kaufen, faͤllen, und ſie in die Saͤge und auf den Zimmerplatz fuͤhren. Der zweyte Unſtern war, daß, als bey dem ebengedachten Ge- ſchaͤfte mein Fuhrmann mit einem ſchweren Stuͤck zwiſchen zwey Felſen durch, und ich nebenein galop- viren wollte, mir der Baum im Renken den rech- ten Fuß erwiſchte, Schuh’ und Struͤmpf’ zerriß, und mir Haut, Fleiſch und Bein zerquetſchte, ſo daß ich ziemlich miſerabel auf dem einten Roß heimrei- ten, und unter groſſem Schmerzen viele Tag’ inlie- gen mußte, bis ich nun wieder zu meinen Leuten hinken konnte. Nebendem vereinigten ſich, waͤhrend dieſer meiner Niederlage noch zwey andre Fatalitaͤten mit den erſtern. Die einte: Einer meiner Lands- maͤnner, dem ich 120. fl. ſchuldig war, ſchickte mir ganz unverſehns den Boten, daß er zur Stund wolle bezahlt ſeyn. Ich kannte meinen Mann, und wußte, daß da Bitten und Beten umſonſt ſey. Alſo dacht ich hin und her, was denn ſonſt anzu- fangen waͤre. Endlich entſchloß ich mich, meinen Vorath an Garn aus allen Winkeln zuſammenzule- ſen, nach St. Gallen zu ſchicken, und faſt um je- den Preiß loszuſchlagen, Aber, o Weh! das vierte Ungeheuer! Mein Abgeſandter kam ſtatt mit Baar- ſchaft, mit der entſetzlichen Nachricht, mein Garn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/195
Zitationshilfe: Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/195>, abgerufen am 24.11.2024.