liege im Arrest wegen allzukurzen Häspeln; ich müsse selber auf St. Gallen gehn, und mich vor den Herren Zunftmeistern stellen. Was sollt' ich nun anfangen? Itzt hatt' ich weder Garn noch Geld; so zu sagen keinen Schilling mehr meine Arbeiter zu bezahlen, die indessen drauf loszimmerten, als ob sie Salomonis Tempel bauen müßten. Und dann mein unerbittlicher Gläubiger! Aufs neue zu Borgen? Gut! Aber wer wird mir armen Bubentrau- en? -- Mein Vater sah meine Angst -- und mein Vater im Himmel sah sie noch besser. Sonst fanden der Aeti und ich noch immer Credit. Aber sollten wir den mißbrauchen? -- Ach! -- Kurz er rannte in sei- nem und meinen Namen, und fand endlich Men- schen die sich unser erbarmten -- Menschen und kei- ne Wuchrer! Gott Vergelt' es ihnen in Ewigkeit!
Sobald ich wieder aushoppen, und meinen Sachen nachgehen konnte, war meine Noth -- vielleicht nur zu bald vergessen. Mein Schatz besuchte mich wäh- rend meiner Krankheit oft. Aber von allen jenen Unsternen ließ ich ihr nur keinen Schein sehn; und mein guter Engel verhütete, daß sie auch nichts da- von erfuhr; denn ich merkte wohl, daß sie, noch un- schlüßig, nur mein Verhalten, und den Ausgang vieler ungewisser Dinge erwarten wollte. Unser Um- gang war daher nie recht vertraut. -- Zu St. Gal- len kam ich mit 15. fl. Buß davon. -- Als die Zim- merleuth' fertig waren, giengs ans Mauern. Dann kam der Hafner, Glaser, Schlosser, Schreiner, ei- ner nach dem andern. Dem letzten zumal half ich
liege im Arreſt wegen allzukurzen Haͤſpeln; ich muͤſſe ſelber auf St. Gallen gehn, und mich vor den Herren Zunftmeiſtern ſtellen. Was ſollt’ ich nun anfangen? Itzt hatt’ ich weder Garn noch Geld; ſo zu ſagen keinen Schilling mehr meine Arbeiter zu bezahlen, die indeſſen drauf loszimmerten, als ob ſie Salomonis Tempel bauen muͤßten. Und dann mein unerbittlicher Glaͤubiger! Aufs neue zu Borgen? Gut! Aber wer wird mir armen Bubentrau- en? — Mein Vater ſah meine Angſt — und mein Vater im Himmel ſah ſie noch beſſer. Sonſt fanden der Aeti und ich noch immer Credit. Aber ſollten wir den mißbrauchen? — Ach! — Kurz er rannte in ſei- nem und meinen Namen, und fand endlich Men- ſchen die ſich unſer erbarmten — Menſchen und kei- ne Wuchrer! Gott Vergelt’ es ihnen in Ewigkeit!
Sobald ich wieder aushoppen, und meinen Sachen nachgehen konnte, war meine Noth — vielleicht nur zu bald vergeſſen. Mein Schatz beſuchte mich waͤh- rend meiner Krankheit oft. Aber von allen jenen Unſternen ließ ich ihr nur keinen Schein ſehn; und mein guter Engel verhuͤtete, daß ſie auch nichts da- von erfuhr; denn ich merkte wohl, daß ſie, noch un- ſchluͤßig, nur mein Verhalten, und den Ausgang vieler ungewiſſer Dinge erwarten wollte. Unſer Um- gang war daher nie recht vertraut. — Zu St. Gal- len kam ich mit 15. fl. Buß davon. — Als die Zim- merleuth’ fertig waren, giengs ans Mauern. Dann kam der Hafner, Glaſer, Schloſſer, Schreiner, ei- ner nach dem andern. Dem letzten zumal half ich
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liege im Arreſt wegen allzukurzen Haͤſpeln; ich muͤſſe
ſelber auf St. Gallen gehn, und mich vor den
Herren Zunftmeiſtern ſtellen. Was ſollt’ ich nun
anfangen? Itzt hatt’ ich weder Garn noch Geld; ſo
zu ſagen keinen Schilling mehr meine Arbeiter zu
bezahlen, die indeſſen drauf loszimmerten, als
ob ſie Salomonis Tempel bauen muͤßten. Und
dann mein unerbittlicher Glaͤubiger! Aufs neue zu
Borgen? Gut! Aber wer wird mir armen Bubentrau-
en? — Mein Vater ſah meine Angſt — und mein Vater
im Himmel ſah ſie noch beſſer. Sonſt fanden der
Aeti und ich noch immer Credit. Aber ſollten wir
den mißbrauchen? — Ach! — Kurz er rannte in ſei-
nem und meinen Namen, und fand endlich Men-
ſchen die ſich unſer erbarmten — Menſchen und kei-
ne Wuchrer! Gott Vergelt’ es ihnen in Ewigkeit!
Sobald ich wieder aushoppen, und meinen Sachen
nachgehen konnte, war meine Noth — vielleicht nur
zu bald vergeſſen. Mein Schatz beſuchte mich waͤh-
rend meiner Krankheit oft. Aber von allen jenen
Unſternen ließ ich ihr nur keinen Schein ſehn; und
mein guter Engel verhuͤtete, daß ſie auch nichts da-
von erfuhr; denn ich merkte wohl, daß ſie, noch un-
ſchluͤßig, nur mein Verhalten, und den Ausgang
vieler ungewiſſer Dinge erwarten wollte. Unſer Um-
gang war daher nie recht vertraut. — Zu St. Gal-
len kam ich mit 15. fl. Buß davon. — Als die Zim-
merleuth’ fertig waren, giengs ans Mauern. Dann
kam der Hafner, Glaſer, Schloſſer, Schreiner, ei-
ner nach dem andern. Dem letzten zumal half ich
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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/196>, abgerufen am 24.11.2024.
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