Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.den Schlitten; aber mit den Füssen mußte er an ei- Nach diesem traurigen Hinschied fiel eine schwere Der 10. Sept. war wieder der erste frohe Tag für den Schlitten; aber mit den Fuͤſſen mußte er an ei- Nach dieſem traurigen Hinſchied fiel eine ſchwere Der 10. Sept. war wieder der erſte frohe Tag fuͤr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0202" n="186"/> den Schlitten; aber mit den Fuͤſſen mußte er an ei-<lb/> ner lockern Stelle, die ich noch gar wohl wahrnehmen<lb/> konnte, unter den letztern gekommen, und derſelbe<lb/> mit ihm gegen eine Tann geſchoffen ſeyn, die ihm<lb/> den Herzſtoß gab. Doch muß er noch eine Weile ge-<lb/> lebt, ſich frey machen wollen, und eben uͤber dieſer<lb/> Bemuͤhung ſein Futterhemd zerriſſen haben.</p><lb/> <p>Nach dieſem traurigen Hinſchied fiel eine ſchwere<lb/> Laſt auf mich. Da waren noch vier unerzogene Kin-<lb/> der, bey welchen ich Vaterſtelle vertreten ſollte. Unſre<lb/> Mutter war ſo immer geradezu, und ſagte zu Al-<lb/> lem: Ja, ja! Ich that was ich konnte, wenn ich<lb/> gleich mit mir ſelbſt ſchon genug zu ſchaffen hatte.<lb/> Bruder <hi rendition="#fr">Georg</hi> nahm den eigentlichen Haushalt uͤber<lb/> ſich. Aus den 100 fl. die mir der Selige gegeben<lb/> hatte, tilgte ich ſeine Schulden. In meinem eigenen<lb/> Haͤusgen machte ich einen Webkeller zurecht, lernte<lb/> ſelbſt weben, und lehrte es nach und nach meine Bruͤ-<lb/> der, ſo daß zuletzt alle damit ihr Brodt verdienen<lb/> konnten. Die Schweſtern hinwieder verſtuhnden recht<lb/> gut, Loͤthligarn zu ſpiunen; die Juͤngſte lernte naͤhen.</p><lb/> <p>Der 10. Sept. war wieder der erſte frohe Tag fuͤr<lb/> mich, an welchem meine Frau mir einen Sohn zur<lb/> Welt brachte, den ich nach meinem und meines<lb/> Schwehers Namen <hi rendition="#fr">Uli</hi> nannte. Seine Taufpathen<lb/> waren Herr Pfarrer <hi rendition="#fr">Seelmatter</hi>, und Frau <hi rendition="#fr">Hart-<lb/> maͤnnin</hi>. Ich hatte eine ſolche Freude mit dieſem<lb/> Jungen, daß ich ihn nicht nur allen Leuthen zeigte<lb/> die ins Haus kamen, ſondern auch jedem voruͤber-<lb/> gehnden Bekannten zurief: Ich hab’ einen Buben;<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [186/0202]
den Schlitten; aber mit den Fuͤſſen mußte er an ei-
ner lockern Stelle, die ich noch gar wohl wahrnehmen
konnte, unter den letztern gekommen, und derſelbe
mit ihm gegen eine Tann geſchoffen ſeyn, die ihm
den Herzſtoß gab. Doch muß er noch eine Weile ge-
lebt, ſich frey machen wollen, und eben uͤber dieſer
Bemuͤhung ſein Futterhemd zerriſſen haben.
Nach dieſem traurigen Hinſchied fiel eine ſchwere
Laſt auf mich. Da waren noch vier unerzogene Kin-
der, bey welchen ich Vaterſtelle vertreten ſollte. Unſre
Mutter war ſo immer geradezu, und ſagte zu Al-
lem: Ja, ja! Ich that was ich konnte, wenn ich
gleich mit mir ſelbſt ſchon genug zu ſchaffen hatte.
Bruder Georg nahm den eigentlichen Haushalt uͤber
ſich. Aus den 100 fl. die mir der Selige gegeben
hatte, tilgte ich ſeine Schulden. In meinem eigenen
Haͤusgen machte ich einen Webkeller zurecht, lernte
ſelbſt weben, und lehrte es nach und nach meine Bruͤ-
der, ſo daß zuletzt alle damit ihr Brodt verdienen
konnten. Die Schweſtern hinwieder verſtuhnden recht
gut, Loͤthligarn zu ſpiunen; die Juͤngſte lernte naͤhen.
Der 10. Sept. war wieder der erſte frohe Tag fuͤr
mich, an welchem meine Frau mir einen Sohn zur
Welt brachte, den ich nach meinem und meines
Schwehers Namen Uli nannte. Seine Taufpathen
waren Herr Pfarrer Seelmatter, und Frau Hart-
maͤnnin. Ich hatte eine ſolche Freude mit dieſem
Jungen, daß ich ihn nicht nur allen Leuthen zeigte
die ins Haus kamen, ſondern auch jedem voruͤber-
gehnden Bekannten zurief: Ich hab’ einen Buben;
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