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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.

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müthig, oder vielmehr halb verrückt, der Thur nach
schlich -- mit starrem Blick in den Strom hinunter-
sah, wo er am tiefsten ist -- O dann deucht' es mir,
der schwarze Engel hauche mich an, und flüstre mir
zu: "Thor! stürz' dich hinein -- du haltst's doch
"nicht mehr aus. Sieh' wie s[a]nft das Wasser rollt!
"Ein Augenblick, und dein ganzes Seyn wird eben
"so sanft dahinwogen. Dann wirst du so ruhig
"schlafen -- o so wohl, so wohl! Da wird für dich
"kein Leid und kein Geschrey mehr seyn, und dein
"Geist und dein Herz ewig in süssem Vergessen
"schlummern". -- "Himmel! Wenn ich dürfte"!
dacht' ich dann. "Aber, welch ein Schauer -- Gott!
"welch' ein Grausen durchfährt alle meine Glieder.
"Sollt' ich dein Wort -- sollte meine Ueberzeugung
"vergessen? -- Nein! packe dich, Satan! -- Ich
"will ausharren, ich hab's verdient -- hab' alles
"verdient". Ein andermal stellte mir der Böse-
wicht des jungen Werthers Mordgewehr auf einer
sehr vortheilhaften Seite vor. "Du hast zehnfach
"mehr Ursach' als dieser -- und er war doch auch
"kein Narr, und hat sich noch Lob und Ruhm da-
"mit erworben, und wiegt sich nun im milden To-
"desschlummer? -- Doch wie? -- Pfui eines sol-
"chen Ruhms"! Noch ein andermal sollt' ich mei-
nen Bündel aufpacken, und davon laufen. Mit mei-
ner noch übrigen Baarschaft könnt' ich denn in ir-
gend einem entfernten Lande schon wieder etwas
neues anfangen; und zu Hause würden Weib und
Kinder gewiß auch gutherzige Seelen finden. "Was?

muͤthig, oder vielmehr halb verruͤckt, der Thur nach
ſchlich — mit ſtarrem Blick in den Strom hinunter-
ſah, wo er am tiefſten iſt — O dann deucht’ es mir,
der ſchwarze Engel hauche mich an, und fluͤſtre mir
zu: „Thor! ſtuͤrz’ dich hinein — du haltſt’s doch
„nicht mehr aus. Sieh’ wie ſ[a]nft das Waſſer rollt!
„Ein Augenblick, und dein ganzes Seyn wird eben
„ſo ſanft dahinwogen. Dann wirſt du ſo ruhig
„ſchlafen — o ſo wohl, ſo wohl! Da wird fuͤr dich
„kein Leid und kein Geſchrey mehr ſeyn, und dein
„Geiſt und dein Herz ewig in ſuͤſſem Vergeſſen
„ſchlummern„. — „Himmel! Wenn ich duͤrfte„!
dacht’ ich dann. „Aber, welch ein Schauer — Gott!
„welch’ ein Grauſen durchfaͤhrt alle meine Glieder.
„Sollt’ ich dein Wort — ſollte meine Ueberzeugung
„vergeſſen? — Nein! packe dich, Satan! — Ich
„will ausharren, ich hab’s verdient — hab’ alles
„verdient„. Ein andermal ſtellte mir der Boͤſe-
wicht des jungen Werthers Mordgewehr auf einer
ſehr vortheilhaften Seite vor. „Du haſt zehnfach
„mehr Urſach’ als dieſer — und er war doch auch
„kein Narr, und hat ſich noch Lob und Ruhm da-
„mit erworben, und wiegt ſich nun im milden To-
„desſchlummer? — Doch wie? — Pfui eines ſol-
„chen Ruhms„! Noch ein andermal ſollt’ ich mei-
nen Buͤndel aufpacken, und davon laufen. Mit mei-
ner noch uͤbrigen Baarſchaft koͤnnt’ ich denn in ir-
gend einem entfernten Lande ſchon wieder etwas
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Kinder gewiß auch gutherzige Seelen finden. „Was?

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[215/0231] muͤthig, oder vielmehr halb verruͤckt, der Thur nach ſchlich — mit ſtarrem Blick in den Strom hinunter- ſah, wo er am tiefſten iſt — O dann deucht’ es mir, der ſchwarze Engel hauche mich an, und fluͤſtre mir zu: „Thor! ſtuͤrz’ dich hinein — du haltſt’s doch „nicht mehr aus. Sieh’ wie ſanft das Waſſer rollt! „Ein Augenblick, und dein ganzes Seyn wird eben „ſo ſanft dahinwogen. Dann wirſt du ſo ruhig „ſchlafen — o ſo wohl, ſo wohl! Da wird fuͤr dich „kein Leid und kein Geſchrey mehr ſeyn, und dein „Geiſt und dein Herz ewig in ſuͤſſem Vergeſſen „ſchlummern„. — „Himmel! Wenn ich duͤrfte„! dacht’ ich dann. „Aber, welch ein Schauer — Gott! „welch’ ein Grauſen durchfaͤhrt alle meine Glieder. „Sollt’ ich dein Wort — ſollte meine Ueberzeugung „vergeſſen? — Nein! packe dich, Satan! — Ich „will ausharren, ich hab’s verdient — hab’ alles „verdient„. Ein andermal ſtellte mir der Boͤſe- wicht des jungen Werthers Mordgewehr auf einer ſehr vortheilhaften Seite vor. „Du haſt zehnfach „mehr Urſach’ als dieſer — und er war doch auch „kein Narr, und hat ſich noch Lob und Ruhm da- „mit erworben, und wiegt ſich nun im milden To- „desſchlummer? — Doch wie? — Pfui eines ſol- „chen Ruhms„! Noch ein andermal ſollt’ ich mei- nen Buͤndel aufpacken, und davon laufen. Mit mei- ner noch uͤbrigen Baarſchaft koͤnnt’ ich denn in ir- gend einem entfernten Lande ſchon wieder etwas neues anfangen; und zu Hauſe wuͤrden Weib und Kinder gewiß auch gutherzige Seelen finden. „Was?

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Zitationshilfe: Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/231>, abgerufen am 24.11.2024.