Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite

fentlich nicht gelingen, so schleicht sich etwa ein wohl-
beredtes Mitglied aus eurer saubern Zunft in die
Spinnstubeten ein, sitzt mit einem Halbdutzend eben-
falls hochweiser Frauen zusammen, trägt ihnen mit
gerunzelter Stirn' und verspreiteten Armen in einer
häufig mit Ach! und wieder Ach! unterbrochenen
schöngesetzten Sermon den landsverderblichen Casus
vor, und ruht nicht, bis diese neuen Amazonen in
Feuer und Flammen gerathen, und schwören, Him-
mel und Erde zu bewegen -- und besonders ihre Män-
ner so lang' zu plagen, bis sie sich entschliessen, das
Uebel mit Stumpf und Stiel auszurotten. Dabey
aber ist es immer ein Glück, theils daß Weiberzorn
nie von langer Dauer, theils daß es Gott Lob! auch
noch vernünftige Frauen giebt, und ihr so nicht selten
anprellt, und euch selbst bey allen Klugen zum Ge-
lächter macht. So gieng's euch z. E. bey Anlaß un-
sers freylich kostbaren Strassenbaues, wo ihr's auch
jedem in's Ohr rauntet, der einfältig genug war,
es euch zu leihen: Daß, sobald wir neue Weg' hät-
ten, Krieg in's Land kommen würde. Aber, gelt!
euch artigen Herren zu Trotz hat es unsern wohlge-
sinnten Vorstehern geglückt unser gutmüthiges Volk
bald eines andern und bessern so zu belehren, daß sie
itzt mit der freudigsten Willfährigkeit wirklich herku-
lische Arbeiten verrichten, und davon einst, neben
dem Nutzen auch gebührendes Lob und Ruhm ein-
erndten werden. Was die moralische und Lesege-
sellschaft
betrift -- --

Peter. Ha! Da kömmst du mir eben recht.
Man merkt's dir an deinen Plaudereyen an, daß
du dich auch schon längst gern' hättest zu diesem Or-
den einkleiden lassen, der wohl saubre Geheimnisse
besitzt, da seine angesehensten Mitglieder in der Beßte

U

fentlich nicht gelingen, ſo ſchleicht ſich etwa ein wohl-
beredtes Mitglied aus eurer ſaubern Zunft in die
Spinnſtubeten ein, ſitzt mit einem Halbdutzend eben-
falls hochweiſer Frauen zuſammen, traͤgt ihnen mit
gerunzelter Stirn’ und verſpreiteten Armen in einer
haͤufig mit Ach! und wieder Ach! unterbrochenen
ſchoͤngeſetzten Sermon den landsverderblichen Caſus
vor, und ruht nicht, bis dieſe neuen Amazonen in
Feuer und Flammen gerathen, und ſchwoͤren, Him-
mel und Erde zu bewegen — und beſonders ihre Maͤn-
ner ſo lang’ zu plagen, bis ſie ſich entſchlieſſen, das
Uebel mit Stumpf und Stiel auszurotten. Dabey
aber iſt es immer ein Gluͤck, theils daß Weiberzorn
nie von langer Dauer, theils daß es Gott Lob! auch
noch vernuͤnftige Frauen giebt, und ihr ſo nicht ſelten
anprellt, und euch ſelbſt bey allen Klugen zum Ge-
laͤchter macht. So gieng’s euch z. E. bey Anlaß un-
ſers freylich koſtbaren Straſſenbaues, wo ihr’s auch
jedem in’s Ohr rauntet, der einfaͤltig genug war,
es euch zu leihen: Daß, ſobald wir neue Weg’ haͤt-
ten, Krieg in’s Land kommen wuͤrde. Aber, gelt!
euch artigen Herren zu Trotz hat es unſern wohlge-
ſinnten Vorſtehern gegluͤckt unſer gutmuͤthiges Volk
bald eines andern und beſſern ſo zu belehren, daß ſie
itzt mit der freudigſten Willfaͤhrigkeit wirklich herku-
liſche Arbeiten verrichten, und davon einſt, neben
dem Nutzen auch gebuͤhrendes Lob und Ruhm ein-
erndten werden. Was die moraliſche und Leſege-
ſellſchaft
betrift — —

Peter. Ha! Da koͤmmſt du mir eben recht.
Man merkt’s dir an deinen Plaudereyen an, daß
du dich auch ſchon laͤngſt gern’ haͤtteſt zu dieſem Or-
den einkleiden laſſen, der wohl ſaubre Geheimniſſe
beſitzt, da ſeine angeſehenſten Mitglieder in der Beßte

U
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0313" n="297"/>
fentlich nicht gelingen, &#x017F;o &#x017F;chleicht &#x017F;ich etwa ein wohl-<lb/>
beredtes Mitglied aus eurer &#x017F;aubern Zunft in die<lb/>
Spinn&#x017F;tubeten ein, &#x017F;itzt mit einem Halbdutzend eben-<lb/>
falls hochwei&#x017F;er Frauen zu&#x017F;ammen, tra&#x0364;gt ihnen mit<lb/>
gerunzelter Stirn&#x2019; und ver&#x017F;preiteten Armen in einer<lb/>
ha&#x0364;ufig mit Ach! und wieder Ach! unterbrochenen<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nge&#x017F;etzten Sermon den landsverderblichen Ca&#x017F;us<lb/>
vor, und ruht nicht, bis die&#x017F;e neuen Amazonen in<lb/>
Feuer und Flammen gerathen, und &#x017F;chwo&#x0364;ren, Him-<lb/>
mel und Erde zu bewegen &#x2014; und be&#x017F;onders ihre Ma&#x0364;n-<lb/>
ner &#x017F;o lang&#x2019; zu plagen, bis &#x017F;ie &#x017F;ich ent&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en, das<lb/>
Uebel mit Stumpf und Stiel auszurotten. Dabey<lb/>
aber i&#x017F;t es immer ein Glu&#x0364;ck, theils daß Weiberzorn<lb/>
nie von langer Dauer, theils daß es Gott Lob! auch<lb/>
noch vernu&#x0364;nftige Frauen giebt, und ihr &#x017F;o nicht &#x017F;elten<lb/>
anprellt, und euch &#x017F;elb&#x017F;t bey allen Klugen zum Ge-<lb/>
la&#x0364;chter macht. So gieng&#x2019;s euch z. E. bey Anlaß un-<lb/>
&#x017F;ers freylich ko&#x017F;tbaren Stra&#x017F;&#x017F;enbaues, wo ihr&#x2019;s auch<lb/>
jedem in&#x2019;s Ohr rauntet, der einfa&#x0364;ltig genug war,<lb/>
es euch zu leihen: Daß, &#x017F;obald wir neue Weg&#x2019; ha&#x0364;t-<lb/>
ten, Krieg in&#x2019;s Land kommen wu&#x0364;rde. Aber, gelt!<lb/>
euch artigen Herren zu Trotz hat es un&#x017F;ern wohlge-<lb/>
&#x017F;innten Vor&#x017F;tehern geglu&#x0364;ckt un&#x017F;er gutmu&#x0364;thiges Volk<lb/>
bald eines andern und be&#x017F;&#x017F;ern &#x017F;o zu belehren, daß &#x017F;ie<lb/>
itzt mit der freudig&#x017F;ten Willfa&#x0364;hrigkeit wirklich herku-<lb/>
li&#x017F;che Arbeiten verrichten, und davon ein&#x017F;t, neben<lb/>
dem Nutzen auch gebu&#x0364;hrendes Lob und Ruhm ein-<lb/>
erndten werden. Was die <hi rendition="#fr">morali&#x017F;che</hi> und <hi rendition="#fr">Le&#x017F;ege-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chaft</hi> betrift &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Peter</hi>. Ha! Da ko&#x0364;mm&#x017F;t du mir eben recht.<lb/>
Man merkt&#x2019;s dir an deinen Plaudereyen an, daß<lb/>
du dich auch &#x017F;chon la&#x0364;ng&#x017F;t gern&#x2019; ha&#x0364;tte&#x017F;t zu die&#x017F;em Or-<lb/>
den einkleiden la&#x017F;&#x017F;en, der wohl &#x017F;aubre Geheimni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
be&#x017F;itzt, da &#x017F;eine ange&#x017F;ehen&#x017F;ten Mitglieder in der Beßte<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[297/0313] fentlich nicht gelingen, ſo ſchleicht ſich etwa ein wohl- beredtes Mitglied aus eurer ſaubern Zunft in die Spinnſtubeten ein, ſitzt mit einem Halbdutzend eben- falls hochweiſer Frauen zuſammen, traͤgt ihnen mit gerunzelter Stirn’ und verſpreiteten Armen in einer haͤufig mit Ach! und wieder Ach! unterbrochenen ſchoͤngeſetzten Sermon den landsverderblichen Caſus vor, und ruht nicht, bis dieſe neuen Amazonen in Feuer und Flammen gerathen, und ſchwoͤren, Him- mel und Erde zu bewegen — und beſonders ihre Maͤn- ner ſo lang’ zu plagen, bis ſie ſich entſchlieſſen, das Uebel mit Stumpf und Stiel auszurotten. Dabey aber iſt es immer ein Gluͤck, theils daß Weiberzorn nie von langer Dauer, theils daß es Gott Lob! auch noch vernuͤnftige Frauen giebt, und ihr ſo nicht ſelten anprellt, und euch ſelbſt bey allen Klugen zum Ge- laͤchter macht. So gieng’s euch z. E. bey Anlaß un- ſers freylich koſtbaren Straſſenbaues, wo ihr’s auch jedem in’s Ohr rauntet, der einfaͤltig genug war, es euch zu leihen: Daß, ſobald wir neue Weg’ haͤt- ten, Krieg in’s Land kommen wuͤrde. Aber, gelt! euch artigen Herren zu Trotz hat es unſern wohlge- ſinnten Vorſtehern gegluͤckt unſer gutmuͤthiges Volk bald eines andern und beſſern ſo zu belehren, daß ſie itzt mit der freudigſten Willfaͤhrigkeit wirklich herku- liſche Arbeiten verrichten, und davon einſt, neben dem Nutzen auch gebuͤhrendes Lob und Ruhm ein- erndten werden. Was die moraliſche und Leſege- ſellſchaft betrift — — Peter. Ha! Da koͤmmſt du mir eben recht. Man merkt’s dir an deinen Plaudereyen an, daß du dich auch ſchon laͤngſt gern’ haͤtteſt zu dieſem Or- den einkleiden laſſen, der wohl ſaubre Geheimniſſe beſitzt, da ſeine angeſehenſten Mitglieder in der Beßte U

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/313
Zitationshilfe: Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/313>, abgerufen am 21.11.2024.