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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.

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wie die Schweine, welche freylich auch die Eicheln
unter dem Baum begierig auffressen, ohne sich um
den Bau der Frucht, oder um den Schöpfer des
Baums zu bekümmern -- Was thut indessen Ihr?
Mit eurer Naterzunge alle eure Nebenmenschen be-
geifern, ihre löblichsten Handlungen verkleinern und
die unschuldigsten verleumden, ihr Pharisäer! die ihr,
mit euerm Schmolk und Habermann in der Hand
freylich alle Sonntag zur Kirche läuft, und keine
Sylbe von der Predigt versteht oder behaltet; und
denn damit wähnt alles gethan, und euch zumal das
Recht erworben zu haben, die ganze noch übrige
Zeit des Tags das halbe Tockenburg mit eurer
falschen Elle zu messen; gegen jeden, der besser ist
als ihr, mit Quackern, Duggenmäuslern, Bi-
belfressern, Jesuiten, Papierleckern
und andern
derley läppischen Schimpfnamen herumzuwerfen, und,
wo ihr an jemand kein einzig offenbares Laster fin-
den könnt, ihm dafür zehn geheime anzudichten; wie
ihr's z. E. eben dem armen Manne macht, den ihr
gergdezu unter die gröbsten Zöllner und Sünder setzt,
und ihm besonders solche Fehler andichtet, von denen
er am allerweitsten entfernt ist. Doch, seyt seinet-
wegen nur ohne Sorgen. Seine wirklichen Mängel
gestehet er selbst zu allererst ein -- und die ersonne-
nen schiebt er auf den Nacken ihrer Erfinder zurück,
lacht euch unter die Nase -- oder schweigt, wenn er
noch klüger ist. Ueberhaupt aber kann in unserm
lieben Land Tockenburg keine noch so heilsame Neue-
rung, keine noch so gemeinnützige Verordnung, kein
noch so löbliches Institut stattfinden, über die ihr
nicht mit euern Breitmäulern daherfährt, es auf al-
len Gassen zu verlästern, und den Einfältigen dage-
gen in Aufruhr zu bringen sucht. Will's denn öf-

fent-

wie die Schweine, welche freylich auch die Eicheln
unter dem Baum begierig auffreſſen, ohne ſich um
den Bau der Frucht, oder um den Schoͤpfer des
Baums zu bekuͤmmern — Was thut indeſſen Ihr?
Mit eurer Naterzunge alle eure Nebenmenſchen be-
geifern, ihre loͤblichſten Handlungen verkleinern und
die unſchuldigſten verleumden, ihr Phariſaͤer! die ihr,
mit euerm Schmolk und Habermann in der Hand
freylich alle Sonntag zur Kirche laͤuft, und keine
Sylbe von der Predigt verſteht oder behaltet; und
denn damit waͤhnt alles gethan, und euch zumal das
Recht erworben zu haben, die ganze noch uͤbrige
Zeit des Tags das halbe Tockenburg mit eurer
falſchen Elle zu meſſen; gegen jeden, der beſſer iſt
als ihr, mit Quackern, Duggenmaͤuslern, Bi-
belfreſſern, Jeſuiten, Papierleckern
und andern
derley laͤppiſchen Schimpfnamen herumzuwerfen, und,
wo ihr an jemand kein einzig offenbares Laſter fin-
den koͤnnt, ihm dafuͤr zehn geheime anzudichten; wie
ihr’s z. E. eben dem armen Manne macht, den ihr
gergdezu unter die groͤbſten Zoͤllner und Suͤnder ſetzt,
und ihm beſonders ſolche Fehler andichtet, von denen
er am allerweitſten entfernt iſt. Doch, ſeyt ſeinet-
wegen nur ohne Sorgen. Seine wirklichen Maͤngel
geſtehet er ſelbſt zu allererſt ein — und die erſonne-
nen ſchiebt er auf den Nacken ihrer Erfinder zuruͤck,
lacht euch unter die Naſe — oder ſchweigt, wenn er
noch kluͤger iſt. Ueberhaupt aber kann in unſerm
lieben Land Tockenburg keine noch ſo heilſame Neue-
rung, keine noch ſo gemeinnuͤtzige Verordnung, kein
noch ſo loͤbliches Inſtitut ſtattfinden, uͤber die ihr
nicht mit euern Breitmaͤulern daherfaͤhrt, es auf al-
len Gaſſen zu verlaͤſtern, und den Einfaͤltigen dage-
gen in Aufruhr zu bringen ſucht. Will’s denn oͤf-

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[296/0312] wie die Schweine, welche freylich auch die Eicheln unter dem Baum begierig auffreſſen, ohne ſich um den Bau der Frucht, oder um den Schoͤpfer des Baums zu bekuͤmmern — Was thut indeſſen Ihr? Mit eurer Naterzunge alle eure Nebenmenſchen be- geifern, ihre loͤblichſten Handlungen verkleinern und die unſchuldigſten verleumden, ihr Phariſaͤer! die ihr, mit euerm Schmolk und Habermann in der Hand freylich alle Sonntag zur Kirche laͤuft, und keine Sylbe von der Predigt verſteht oder behaltet; und denn damit waͤhnt alles gethan, und euch zumal das Recht erworben zu haben, die ganze noch uͤbrige Zeit des Tags das halbe Tockenburg mit eurer falſchen Elle zu meſſen; gegen jeden, der beſſer iſt als ihr, mit Quackern, Duggenmaͤuslern, Bi- belfreſſern, Jeſuiten, Papierleckern und andern derley laͤppiſchen Schimpfnamen herumzuwerfen, und, wo ihr an jemand kein einzig offenbares Laſter fin- den koͤnnt, ihm dafuͤr zehn geheime anzudichten; wie ihr’s z. E. eben dem armen Manne macht, den ihr gergdezu unter die groͤbſten Zoͤllner und Suͤnder ſetzt, und ihm beſonders ſolche Fehler andichtet, von denen er am allerweitſten entfernt iſt. Doch, ſeyt ſeinet- wegen nur ohne Sorgen. Seine wirklichen Maͤngel geſtehet er ſelbſt zu allererſt ein — und die erſonne- nen ſchiebt er auf den Nacken ihrer Erfinder zuruͤck, lacht euch unter die Naſe — oder ſchweigt, wenn er noch kluͤger iſt. Ueberhaupt aber kann in unſerm lieben Land Tockenburg keine noch ſo heilſame Neue- rung, keine noch ſo gemeinnuͤtzige Verordnung, kein noch ſo loͤbliches Inſtitut ſtattfinden, uͤber die ihr nicht mit euern Breitmaͤulern daherfaͤhrt, es auf al- len Gaſſen zu verlaͤſtern, und den Einfaͤltigen dage- gen in Aufruhr zu bringen ſucht. Will’s denn oͤf- fent-

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Zitationshilfe: Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/312>, abgerufen am 24.11.2024.