Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.Peter. Du redst halt, wie ein Mann ohne Kopf. Paul. Nur nicht zu rasch, Peterle! Ob sie Peter. Du redſt halt, wie ein Mann ohne Kopf. Paul. Nur nicht zu raſch, Peterle! Ob ſie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0311" n="295"/> <p><hi rendition="#fr">Peter</hi>. Du redſt halt, wie ein Mann ohne Kopf.<lb/> Heißt das, auf meine Frage geantwortet? Ich fragte<lb/> dich, was ſolche Buͤcherfreſſer und Papierverderber ſich<lb/> oder andern fuͤr Nutzen braͤchten? Zeig’ mir den an,<lb/> und dann halt’s Maul, oder man wird dich’s lehren.<lb/> Sag’ alſo an, deine Tagdiebe und Fantaſten, ſind ſie<lb/> beſſer oder reicher als andre?</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Paul</hi>. Nur nicht zu raſch, <hi rendition="#fr">Peterle</hi>! Ob ſie<lb/> beſſer oder nicht beſſer ſind, muͤſſen ich und du dem<lb/> einzigen Herzenskuͤndiger uͤberlaſſen. Aber ſo viel<lb/> weiß ich wohl, daß ſich viele aus ihnen ernſtlich be-<lb/> muͤhen, beſſer zu werden; und daß jene Geiſtesbe-<lb/> muͤhungen ihnen auch hierinn vortrefliche Dienſte lei-<lb/> ſten. — Ob ſie dadurch reicher werden? — Daß du<lb/> verdammt werdeſt mit deinem Geld! Einen ſolchen<lb/> Geſell, wie du biſt, darf man eben nicht fragen:<lb/> Was er vor edler halte, Seel’ oder Koͤrper? Man<lb/> weißt es ſchon, da alle deine und deiner Zunſtgenoſ-<lb/> ſen Dichten und Trachten nur darauf zielt, euern<lb/> Madenſack zu verpflegen, wenn ihr euch gleich mit<lb/> all’ euerm Silber und Gold nur keinen faulen Zahn<lb/> wieder gut machen koͤnnt. Mittlerweile jener ihre<lb/> vornehmſte Sorge darauf geht, ihr Herz zu reinigen<lb/> und ihren Geiſt auszubilden, und, vergnuͤgt mit der<lb/> Befriedigung ihrer unentbehrlichen Beduͤrfniſſe, un-<lb/> zaͤhlige edle und entzuͤckende Freuden genieſſen, die<lb/> ihr mit euern ſchielenden Augen nicht einzuſehen,<lb/> mit euerm thieriſchen Verſtand nicht zu begreifen,<lb/> und euch beſonders nie zu dem erhabenen Urquell<lb/> derſelben zu erheben vermoͤgend ſeyt — ſo ungefehr<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [295/0311]
Peter. Du redſt halt, wie ein Mann ohne Kopf.
Heißt das, auf meine Frage geantwortet? Ich fragte
dich, was ſolche Buͤcherfreſſer und Papierverderber ſich
oder andern fuͤr Nutzen braͤchten? Zeig’ mir den an,
und dann halt’s Maul, oder man wird dich’s lehren.
Sag’ alſo an, deine Tagdiebe und Fantaſten, ſind ſie
beſſer oder reicher als andre?
Paul. Nur nicht zu raſch, Peterle! Ob ſie
beſſer oder nicht beſſer ſind, muͤſſen ich und du dem
einzigen Herzenskuͤndiger uͤberlaſſen. Aber ſo viel
weiß ich wohl, daß ſich viele aus ihnen ernſtlich be-
muͤhen, beſſer zu werden; und daß jene Geiſtesbe-
muͤhungen ihnen auch hierinn vortrefliche Dienſte lei-
ſten. — Ob ſie dadurch reicher werden? — Daß du
verdammt werdeſt mit deinem Geld! Einen ſolchen
Geſell, wie du biſt, darf man eben nicht fragen:
Was er vor edler halte, Seel’ oder Koͤrper? Man
weißt es ſchon, da alle deine und deiner Zunſtgenoſ-
ſen Dichten und Trachten nur darauf zielt, euern
Madenſack zu verpflegen, wenn ihr euch gleich mit
all’ euerm Silber und Gold nur keinen faulen Zahn
wieder gut machen koͤnnt. Mittlerweile jener ihre
vornehmſte Sorge darauf geht, ihr Herz zu reinigen
und ihren Geiſt auszubilden, und, vergnuͤgt mit der
Befriedigung ihrer unentbehrlichen Beduͤrfniſſe, un-
zaͤhlige edle und entzuͤckende Freuden genieſſen, die
ihr mit euern ſchielenden Augen nicht einzuſehen,
mit euerm thieriſchen Verſtand nicht zu begreifen,
und euch beſonders nie zu dem erhabenen Urquell
derſelben zu erheben vermoͤgend ſeyt — ſo ungefehr
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