machte Sträusse wie Besen; dann durch alles Ge- büsch, den Vögelu nach, kletterte auf die Bäume, und suchte Nester. Oder ich las ganze Haufen Schne- ckenhäuslein oder hübsche Stein zusammen. War ich dann müd', so setzt' ich mich an die Sonne, und schnitzte zuerst Hagstecken, dann Vögel, und zuletzt gar Kühe; denen gab ich Namen, zäunt' ih- nen eine Waid ein, baut' ihnen Ställe, und fütterte sie; verhandelte dann bald dies bald jenes Stück, und machte immer wieder schönere. Ein andermal richtete ich Oefen und Feuerherd auf, und kochte aus Sand und Lett einen saubern Brey. Im Win- ter wälzt' ich mich im Schnee herum, und rutschte bald in einer Scherbe von einem zerbrochenen Napf, bald auf dem blossen Hintern, die Gähen hinunter. Das trieb ich dann alles so, wie's die Jahrszeit mitbrachte, bis mir der Vater durch den Finger pfiff, oder ich sonst merkte, daß es Zeit über Zeit war. Noch hatt' ich keine Cameraden; doch wurd' ich in der Schule mit einem Buben bekannt, der oft zu mir kam, und mir allerhand Lappereyen um Geld anbot, weil er mußte, daß ich von Zeit zu Zeit einen halben Batzen zu Trinkgeld erhielt. Einst gab er mir ein Vogelnest in einem Mausloch zu kaufen. Ich sah täglich darnach. Aber eines Tags waren die Jungen fort; das verdroß mich mehr als wenn man dem Vater alle Küh gestohlen hätte. Ein andermal, an einem Sonntag, bracht' er Pul- ver mit -- bisher kannt' ich diesen Höllensamen nicht -- und lehrte mich Feuerteufel machen. Eines Abends
machte Straͤuſſe wie Beſen; dann durch alles Ge- buͤſch, den Voͤgelu nach, kletterte auf die Baͤume, und ſuchte Neſter. Oder ich las ganze Haufen Schne- ckenhaͤuslein oder huͤbſche Stein zuſammen. War ich dann muͤd’, ſo ſetzt’ ich mich an die Sonne, und ſchnitzte zuerſt Hagſtecken, dann Voͤgel, und zuletzt gar Kuͤhe; denen gab ich Namen, zaͤunt’ ih- nen eine Waid ein, baut’ ihnen Staͤlle, und fuͤtterte ſie; verhandelte dann bald dies bald jenes Stuͤck, und machte immer wieder ſchoͤnere. Ein andermal richtete ich Oefen und Feuerherd auf, und kochte aus Sand und Lett einen ſaubern Brey. Im Win- ter waͤlzt’ ich mich im Schnee herum, und rutſchte bald in einer Scherbe von einem zerbrochenen Napf, bald auf dem bloſſen Hintern, die Gaͤhen hinunter. Das trieb ich dann alles ſo, wie’s die Jahrszeit mitbrachte, bis mir der Vater durch den Finger pfiff, oder ich ſonſt merkte, daß es Zeit uͤber Zeit war. Noch hatt’ ich keine Cameraden; doch wurd’ ich in der Schule mit einem Buben bekannt, der oft zu mir kam, und mir allerhand Lappereyen um Geld anbot, weil er mußte, daß ich von Zeit zu Zeit einen halben Batzen zu Trinkgeld erhielt. Einſt gab er mir ein Vogelneſt in einem Mausloch zu kaufen. Ich ſah taͤglich darnach. Aber eines Tags waren die Jungen fort; das verdroß mich mehr als wenn man dem Vater alle Kuͤh geſtohlen haͤtte. Ein andermal, an einem Sonntag, bracht’ er Pul- ver mit — bisher kannt’ ich dieſen Hoͤllenſamen nicht — und lehrte mich Feuerteufel machen. Eines Abends
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0036"n="20"/>
machte Straͤuſſe wie Beſen; dann durch alles Ge-<lb/>
buͤſch, den Voͤgelu nach, kletterte auf die Baͤume,<lb/>
und ſuchte Neſter. Oder ich las ganze Haufen Schne-<lb/>
ckenhaͤuslein oder huͤbſche Stein zuſammen. War<lb/>
ich dann muͤd’, ſo ſetzt’ ich mich an die Sonne,<lb/>
und ſchnitzte zuerſt Hagſtecken, dann Voͤgel, und<lb/>
zuletzt gar Kuͤhe; denen gab ich Namen, zaͤunt’ ih-<lb/>
nen eine Waid ein, baut’ ihnen Staͤlle, und fuͤtterte<lb/>ſie; verhandelte dann bald dies bald jenes Stuͤck,<lb/>
und machte immer wieder ſchoͤnere. Ein andermal<lb/>
richtete ich Oefen und Feuerherd auf, und kochte<lb/>
aus Sand und Lett einen ſaubern Brey. Im Win-<lb/>
ter waͤlzt’ ich mich im Schnee herum, und rutſchte<lb/>
bald in einer Scherbe von einem zerbrochenen Napf,<lb/>
bald auf dem bloſſen Hintern, die Gaͤhen hinunter.<lb/>
Das trieb ich dann alles ſo, wie’s die Jahrszeit<lb/>
mitbrachte, bis mir der Vater durch den Finger<lb/>
pfiff, oder ich ſonſt merkte, daß es Zeit uͤber Zeit<lb/>
war. Noch hatt’ ich keine Cameraden; doch wurd’<lb/>
ich in der Schule mit einem Buben bekannt, der<lb/>
oft zu mir kam, und mir allerhand Lappereyen um<lb/>
Geld anbot, weil er mußte, daß ich von Zeit zu Zeit<lb/>
einen halben Batzen zu Trinkgeld erhielt. Einſt<lb/>
gab er mir ein Vogelneſt in einem Mausloch zu<lb/>
kaufen. Ich ſah taͤglich darnach. Aber eines Tags<lb/>
waren die Jungen fort; das verdroß mich mehr<lb/>
als wenn man dem Vater alle Kuͤh geſtohlen haͤtte.<lb/>
Ein andermal, an einem Sonntag, bracht’ er Pul-<lb/>
ver mit — bisher kannt’ ich dieſen Hoͤllenſamen nicht —<lb/>
und lehrte mich Feuerteufel machen. Eines Abends<lb/></p></div></body></text></TEI>
[20/0036]
machte Straͤuſſe wie Beſen; dann durch alles Ge-
buͤſch, den Voͤgelu nach, kletterte auf die Baͤume,
und ſuchte Neſter. Oder ich las ganze Haufen Schne-
ckenhaͤuslein oder huͤbſche Stein zuſammen. War
ich dann muͤd’, ſo ſetzt’ ich mich an die Sonne,
und ſchnitzte zuerſt Hagſtecken, dann Voͤgel, und
zuletzt gar Kuͤhe; denen gab ich Namen, zaͤunt’ ih-
nen eine Waid ein, baut’ ihnen Staͤlle, und fuͤtterte
ſie; verhandelte dann bald dies bald jenes Stuͤck,
und machte immer wieder ſchoͤnere. Ein andermal
richtete ich Oefen und Feuerherd auf, und kochte
aus Sand und Lett einen ſaubern Brey. Im Win-
ter waͤlzt’ ich mich im Schnee herum, und rutſchte
bald in einer Scherbe von einem zerbrochenen Napf,
bald auf dem bloſſen Hintern, die Gaͤhen hinunter.
Das trieb ich dann alles ſo, wie’s die Jahrszeit
mitbrachte, bis mir der Vater durch den Finger
pfiff, oder ich ſonſt merkte, daß es Zeit uͤber Zeit
war. Noch hatt’ ich keine Cameraden; doch wurd’
ich in der Schule mit einem Buben bekannt, der
oft zu mir kam, und mir allerhand Lappereyen um
Geld anbot, weil er mußte, daß ich von Zeit zu Zeit
einen halben Batzen zu Trinkgeld erhielt. Einſt
gab er mir ein Vogelneſt in einem Mausloch zu
kaufen. Ich ſah taͤglich darnach. Aber eines Tags
waren die Jungen fort; das verdroß mich mehr
als wenn man dem Vater alle Kuͤh geſtohlen haͤtte.
Ein andermal, an einem Sonntag, bracht’ er Pul-
ver mit — bisher kannt’ ich dieſen Hoͤllenſamen nicht —
und lehrte mich Feuerteufel machen. Eines Abends
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/36>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.