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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.

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hatt' ich den Einfall: Wenn ich auch schiessen könnte!
Zu dem Eud' nahm ich eine alte eiserne Brunnröhre,
verkleibte sie hinten mit Leim, und machte eine Zünd-
pfanne auch von Leim; in diese that ich dann das
Pulver, und legte brennenden Zunder daran. Da's
nicht losgehen wollte, blies ich ... Puh! Mir Feuer
und Leim alles ins Gesicht. Dieß geschah hinterm
Haus; ich merkte wohl, daß ich was unrechtes that.
Inzwischen kam meine Mutter, die den Klapf ge-
hört hatte, herunter. Ich war elend bleßirt. Sie
jammerte, und half mir hinauf. Auch der Vater
hatte oben in der Waide die Flamm gesehen, weils
fast Nacht war. Als er heimkam, mich im Bett
antraf, und die Ursache vernahm, ward er grim-
mig böse. Aber sein Zorn stillte sich bald, als er
mein verbranntes Gesicht erblickte. Ich litt grosse
Schmerzen. Aber ich verbiß sie, weil ich sonst fürch-
tete, noch Schläge oben drein zu bekommen, und
wußte daß ich solche verdient hätte. Doch mein
Vater empfand wohl, daß ich Schläge genug habe.
Vierzehn Tage sah' ich keinen Stich; an den Augen
hatt' ich kein Häärleiu mehr. Man hatte grosse Sor-
gen wegen dem Gesicht. Endlich ward's doch allmä-
lig und von Tag zu Tag wieder besser. Jetzt, so-
bald ich vollkommen hergestellt war, machte der Va-
ter es mit mir, wie Pharao mit den Israeliten,
ließ mich tüchtig arbeiten, und dachte: So würden
mir die Possen am beßten vergehen. Er hatte Recht.
Aber damals konnt' ich's nicht einsehen, und hielt
ihn für einen Tyrann, wenn er mich so des Mor-

hatt’ ich den Einfall: Wenn ich auch ſchieſſen koͤnnte!
Zu dem Eud’ nahm ich eine alte eiſerne Brunnroͤhre,
verkleibte ſie hinten mit Leim, und machte eine Zuͤnd-
pfanne auch von Leim; in dieſe that ich dann das
Pulver, und legte brennenden Zunder daran. Da’s
nicht losgehen wollte, blies ich … Puh! Mir Feuer
und Leim alles ins Geſicht. Dieß geſchah hinterm
Haus; ich merkte wohl, daß ich was unrechtes that.
Inzwiſchen kam meine Mutter, die den Klapf ge-
hoͤrt hatte, herunter. Ich war elend bleßirt. Sie
jammerte, und half mir hinauf. Auch der Vater
hatte oben in der Waide die Flamm geſehen, weils
faſt Nacht war. Als er heimkam, mich im Bett
antraf, und die Urſache vernahm, ward er grim-
mig boͤſe. Aber ſein Zorn ſtillte ſich bald, als er
mein verbranntes Geſicht erblickte. Ich litt groſſe
Schmerzen. Aber ich verbiß ſie, weil ich ſonſt fuͤrch-
tete, noch Schlaͤge oben drein zu bekommen, und
wußte daß ich ſolche verdient haͤtte. Doch mein
Vater empfand wohl, daß ich Schlaͤge genug habe.
Vierzehn Tage ſah’ ich keinen Stich; an den Augen
hatt’ ich kein Haͤaͤrleiu mehr. Man hatte groſſe Sor-
gen wegen dem Geſicht. Endlich ward’s doch allmaͤ-
lig und von Tag zu Tag wieder beſſer. Jetzt, ſo-
bald ich vollkommen hergeſtellt war, machte der Va-
ter es mit mir, wie Pharao mit den Iſraeliten,
ließ mich tuͤchtig arbeiten, und dachte: So wuͤrden
mir die Poſſen am beßten vergehen. Er hatte Recht.
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[21/0037] hatt’ ich den Einfall: Wenn ich auch ſchieſſen koͤnnte! Zu dem Eud’ nahm ich eine alte eiſerne Brunnroͤhre, verkleibte ſie hinten mit Leim, und machte eine Zuͤnd- pfanne auch von Leim; in dieſe that ich dann das Pulver, und legte brennenden Zunder daran. Da’s nicht losgehen wollte, blies ich … Puh! Mir Feuer und Leim alles ins Geſicht. Dieß geſchah hinterm Haus; ich merkte wohl, daß ich was unrechtes that. Inzwiſchen kam meine Mutter, die den Klapf ge- hoͤrt hatte, herunter. Ich war elend bleßirt. Sie jammerte, und half mir hinauf. Auch der Vater hatte oben in der Waide die Flamm geſehen, weils faſt Nacht war. Als er heimkam, mich im Bett antraf, und die Urſache vernahm, ward er grim- mig boͤſe. Aber ſein Zorn ſtillte ſich bald, als er mein verbranntes Geſicht erblickte. Ich litt groſſe Schmerzen. Aber ich verbiß ſie, weil ich ſonſt fuͤrch- tete, noch Schlaͤge oben drein zu bekommen, und wußte daß ich ſolche verdient haͤtte. Doch mein Vater empfand wohl, daß ich Schlaͤge genug habe. Vierzehn Tage ſah’ ich keinen Stich; an den Augen hatt’ ich kein Haͤaͤrleiu mehr. Man hatte groſſe Sor- gen wegen dem Geſicht. Endlich ward’s doch allmaͤ- lig und von Tag zu Tag wieder beſſer. Jetzt, ſo- bald ich vollkommen hergeſtellt war, machte der Va- ter es mit mir, wie Pharao mit den Iſraeliten, ließ mich tuͤchtig arbeiten, und dachte: So wuͤrden mir die Poſſen am beßten vergehen. Er hatte Recht. Aber damals konnt’ ich’s nicht einſehen, und hielt ihn fuͤr einen Tyrann, wenn er mich ſo des Mor-

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Zitationshilfe: Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/37>, abgerufen am 23.11.2024.