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Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714.

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Vom Amt der Medicorum in Pest etc.
auch ein junger Medicus gebrauchet wird.
Dieses wäre also eine gute Meynung/ wenn
es nur die alten leiden möchten. Aber wie-
viel werden doch gefunden/ die so voller Neid
stecken/ daß sie selbst nicht sehen/ was zu ih-
rer Ehr dienet/ weniger was die Christliche
Liebe erfordert. Da fürchten ja solche Neid-
Hammel/ es bekomme ein junger Medicus
auch ein Stück Brodt/ und werde von gu-
ten ehrlichen Leuten geliebet und gefördert:
da er doch zurück dencken solte/ wie wohl
es ihm gethan/ da er noch ein junger Doctor
war.

Nun ist auch in Sterbens-Läufften unterWie ordi-
nari Pest-
Medici be-
stellt wer-
den.

andern ein löbliche Ordnung/ und zwar nicht
eine von den geringsten/ daß ein oder der an-
dere gewisse Medicus zu den Pestsüchtigen
bestellt wird/ den andern aber Befehl geben
wird/ sich der inficirten Häuser zu enthalten/
damit durch das untereinander-lauffen von
solchen das Pestilentz-Gifft nicht aus den
unreinen in die reine Häuser getragen wer-
de. Es finden sich aber bey solcher Verord-
nung andere Medici nicht wenig beschweret;
dieweil ihnen in ihrer Creation in Käyserli-
chen Namen Macht und Freyheit gegeben
worden/ wo und wann sie wollen Artzneyen
zu verordnen; auch weil es in Pest-Zeiten
wenig andere Kranckheiten giebt/ und also der
Verdienst gar gering seyn würde. Dafern
aber ein ander Medicus, so von der Obrig-

keit

Vom Amt der Medicorum in Peſt ꝛc.
auch ein junger Medicus gebrauchet wird.
Dieſes waͤre alſo eine gute Meynung/ wenn
es nur die alten leiden moͤchten. Aber wie-
viel werden doch gefunden/ die ſo voller Neid
ſtecken/ daß ſie ſelbſt nicht ſehen/ was zu ih-
rer Ehr dienet/ weniger was die Chriſtliche
Liebe erfordert. Da fuͤrchten ja ſolche Neid-
Hammel/ es bekomme ein junger Medicus
auch ein Stuͤck Brodt/ und werde von gu-
ten ehrlichen Leuten geliebet und gefoͤrdert:
da er doch zuruͤck dencken ſolte/ wie wohl
es ihm gethan/ da er noch ein junger Doctor
war.

Nun iſt auch in Sterbens-Laͤufften unterWie ordi-
nari Peſt-
Medici be-
ſtellt wer-
den.

andern ein loͤbliche Ordnung/ und zwar nicht
eine von den geringſten/ daß ein oder der an-
dere gewiſſe Medicus zu den Peſtſuͤchtigen
beſtellt wird/ den andern aber Befehl geben
wird/ ſich der inficirten Haͤuſer zu enthalten/
damit durch das untereinander-lauffen von
ſolchen das Peſtilentz-Gifft nicht aus den
unreinen in die reine Haͤuſer getragen wer-
de. Es finden ſich aber bey ſolcher Verord-
nung andere Medici nicht wenig beſchweret;
dieweil ihnen in ihrer Creation in Kaͤyſerli-
chen Namen Macht und Freyheit gegeben
worden/ wo und wann ſie wollen Artzneyen
zu verordnen; auch weil es in Peſt-Zeiten
wenig andere Kranckheiten giebt/ und alſo der
Verdienſt gar gering ſeyn wuͤrde. Dafern
aber ein ander Medicus, ſo von der Obrig-

keit
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[107/0129] Vom Amt der Medicorum in Peſt ꝛc. auch ein junger Medicus gebrauchet wird. Dieſes waͤre alſo eine gute Meynung/ wenn es nur die alten leiden moͤchten. Aber wie- viel werden doch gefunden/ die ſo voller Neid ſtecken/ daß ſie ſelbſt nicht ſehen/ was zu ih- rer Ehr dienet/ weniger was die Chriſtliche Liebe erfordert. Da fuͤrchten ja ſolche Neid- Hammel/ es bekomme ein junger Medicus auch ein Stuͤck Brodt/ und werde von gu- ten ehrlichen Leuten geliebet und gefoͤrdert: da er doch zuruͤck dencken ſolte/ wie wohl es ihm gethan/ da er noch ein junger Doctor war. Nun iſt auch in Sterbens-Laͤufften unter andern ein loͤbliche Ordnung/ und zwar nicht eine von den geringſten/ daß ein oder der an- dere gewiſſe Medicus zu den Peſtſuͤchtigen beſtellt wird/ den andern aber Befehl geben wird/ ſich der inficirten Haͤuſer zu enthalten/ damit durch das untereinander-lauffen von ſolchen das Peſtilentz-Gifft nicht aus den unreinen in die reine Haͤuſer getragen wer- de. Es finden ſich aber bey ſolcher Verord- nung andere Medici nicht wenig beſchweret; dieweil ihnen in ihrer Creation in Kaͤyſerli- chen Namen Macht und Freyheit gegeben worden/ wo und wann ſie wollen Artzneyen zu verordnen; auch weil es in Peſt-Zeiten wenig andere Kranckheiten giebt/ und alſo der Verdienſt gar gering ſeyn wuͤrde. Dafern aber ein ander Medicus, ſo von der Obrig- keit Wie ordi- nari Peſt- Medici be- ſtellt wer- den.

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Zitationshilfe: Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeuner_pest_1714/129>, abgerufen am 18.05.2024.