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Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714.

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Das XI. Capitel.
Acker und Pflug/ davon er seine Nahrung
suchen muß/ und also nicht zu zweifflen/ wenn
die Patienten oder andere in ihren Namen
sich mit gebührender Verehrung zu rechter
Zeit einstellen/ daß wenig Medicos zu finden/
die sich ihme zu dienen enthalten werden.

Welche
Medicos
ein Inficir-
ter zu er-
wehlen
hat.

Es ist auch nicht zu läugnen/ daß unter
denen Medicis ein grosser Unterscheid/ weß-
wegen derjenige verständig handelt/ welcher
nicht den nähesten für den besten hält/ noch
einen wie den andern achtet/ sondern die
Wahl liebet; viel seynd aber der Meynung/
die Wahl bestehe allein im Alter/ und werden
die alten den jungen allzeit fürgezogen/ wei-
len dafür gehalten wird/ daß sie wegen viel
der Jahre grössere Wissenschafft in der Artz-
ney erlangt/ auch mehr studirt und gelesen
als die jüngere; Andere aber bedienen sich lie-
ber den jungen Doctoren/ weilen sie in der
Neuen Medicin, wie solche bis auf den heu-
tigen Tag erfunden oder erlernet worden/ in
allen besser als die alten geübt seyn/ weilen
sie auch freudiger und mit weniger Verdruß
als die alten die Cur verrichten: weilen sie
auch ein besser Gedächtnüß haben/ und wes-
sen sie der Schwachheit wegen im Anfang
von den Krancken seynd berichtet worden;
sind also scharffsinniger/ weil sie alles können
besser als die Alten im Gedächtnüß behalten.
Die Sach aber zu entscheiden/ so wird dafür
gehalten/ wenn neben den alten wohlgeübten

auch

Das XI. Capitel.
Acker und Pflug/ davon er ſeine Nahrung
ſuchen muß/ und alſo nicht zu zweifflen/ wenn
die Patienten oder andere in ihren Namen
ſich mit gebuͤhrender Verehrung zu rechter
Zeit einſtellen/ daß wenig Medicos zu finden/
die ſich ihme zu dienen enthalten werden.

Welche
Medicos
ein Inficir-
ter zu er-
wehlen
hat.

Es iſt auch nicht zu laͤugnen/ daß unter
denen Medicis ein groſſer Unterſcheid/ weß-
wegen derjenige verſtaͤndig handelt/ welcher
nicht den naͤheſten fuͤr den beſten haͤlt/ noch
einen wie den andern achtet/ ſondern die
Wahl liebet; viel ſeynd aber der Meynung/
die Wahl beſtehe allein im Alter/ und werden
die alten den jungen allzeit fuͤrgezogen/ wei-
len dafuͤr gehalten wird/ daß ſie wegen viel
der Jahre groͤſſere Wiſſenſchafft in der Artz-
ney erlangt/ auch mehr ſtudirt und geleſen
als die juͤngere; Andere aber bedienen ſich lie-
ber den jungen Doctoren/ weilen ſie in der
Neuen Medicin, wie ſolche bis auf den heu-
tigen Tag erfunden oder erlernet worden/ in
allen beſſer als die alten geuͤbt ſeyn/ weilen
ſie auch freudiger und mit weniger Verdruß
als die alten die Cur verrichten: weilen ſie
auch ein beſſer Gedaͤchtnuͤß haben/ und weſ-
ſen ſie der Schwachheit wegen im Anfang
von den Krancken ſeynd berichtet worden;
ſind alſo ſcharffſinniger/ weil ſie alles koͤnnen
beſſer als die Alten im Gedaͤchtnuͤß behalten.
Die Sach aber zu entſcheiden/ ſo wird dafuͤr
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[106/0128] Das XI. Capitel. Acker und Pflug/ davon er ſeine Nahrung ſuchen muß/ und alſo nicht zu zweifflen/ wenn die Patienten oder andere in ihren Namen ſich mit gebuͤhrender Verehrung zu rechter Zeit einſtellen/ daß wenig Medicos zu finden/ die ſich ihme zu dienen enthalten werden. Es iſt auch nicht zu laͤugnen/ daß unter denen Medicis ein groſſer Unterſcheid/ weß- wegen derjenige verſtaͤndig handelt/ welcher nicht den naͤheſten fuͤr den beſten haͤlt/ noch einen wie den andern achtet/ ſondern die Wahl liebet; viel ſeynd aber der Meynung/ die Wahl beſtehe allein im Alter/ und werden die alten den jungen allzeit fuͤrgezogen/ wei- len dafuͤr gehalten wird/ daß ſie wegen viel der Jahre groͤſſere Wiſſenſchafft in der Artz- ney erlangt/ auch mehr ſtudirt und geleſen als die juͤngere; Andere aber bedienen ſich lie- ber den jungen Doctoren/ weilen ſie in der Neuen Medicin, wie ſolche bis auf den heu- tigen Tag erfunden oder erlernet worden/ in allen beſſer als die alten geuͤbt ſeyn/ weilen ſie auch freudiger und mit weniger Verdruß als die alten die Cur verrichten: weilen ſie auch ein beſſer Gedaͤchtnuͤß haben/ und weſ- ſen ſie der Schwachheit wegen im Anfang von den Krancken ſeynd berichtet worden; ſind alſo ſcharffſinniger/ weil ſie alles koͤnnen beſſer als die Alten im Gedaͤchtnuͤß behalten. Die Sach aber zu entſcheiden/ ſo wird dafuͤr gehalten/ wenn neben den alten wohlgeuͤbten auch

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Zitationshilfe: Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeuner_pest_1714/128>, abgerufen am 21.11.2024.