Bräuner, Johann Jacob: Pest-Büchlein. Frankfurt (Main), 1714.Allerhand erörterte Umständ etc. Unterschied vom Ziel das GOtt gesetzt/ undzwischen dem/ so sich offtmalen ungefähr er- eignet/ zu machen wissen/ in gemeldtem Spruch ist nur von dem natürlichen Lebens- Ziel geredet/ welches der Mensch erreichet/ es geschehe auch wann es wolle/ so weiß doch GOtt schon zuvor/ daß er auf selbige Zeit hat sterben sollen/ da er gestorben ist/ nicht als wenn GOtt eben allemahl dasselbe Ziel und kein anders hätte haben wollen. Aus die- sem/ was allhier gesaget wird/ siehet man ja/ was es mit des Menschen Ziel für eine Beschaffenheit habe/ nemlich/ daß er es ihm wohl durch Mittel verkürtzen oder verlängern könne/ und also viel an den Mitteln/ die er brauchet/ und an dessen Geschicklichkeit/ der solches zu brauchen verordnet/ gelegen sey. Viel gebrauchen auch darum keine Artzney/ weil sie davor halten/ es sey nur ein bloß Glück/ wenn einer von der Pest wieder aufkomme. Solches ist wohl wahr/ daher/ wann er ei- nem ungeschickten Artzt unter die Hand kom- met. So viel aber das Glück der Medico- rum betrifft/ bestehet dasselbe in zweyen Stü- cken/ nemlich in dem Seegen des Allmäch- tigen/ als des obristen Artzts/ und denn in fleissigem Studieren: Wer denn sich um die- se beyde ernstlich bemühet/ und derer fähig wird/ der kan wohl ein glückhaffter Doctor und Artzt genennet werden. Also ein Kran- cker/ der doch sonst die Mittel füglich haben kan/ K 3
Allerhand eroͤrterte Umſtaͤnd ꝛc. Unterſchied vom Ziel das GOtt geſetzt/ undzwiſchen dem/ ſo ſich offtmalen ungefaͤhr er- eignet/ zu machen wiſſen/ in gemeldtem Spruch iſt nur von dem natuͤrlichen Lebens- Ziel geredet/ welches der Menſch erreichet/ es geſchehe auch wann es wolle/ ſo weiß doch GOtt ſchon zuvor/ daß er auf ſelbige Zeit hat ſterben ſollen/ da er geſtorben iſt/ nicht als wenn GOtt eben allemahl daſſelbe Ziel und kein anders haͤtte haben wollen. Aus die- ſem/ was allhier geſaget wird/ ſiehet man ja/ was es mit des Menſchen Ziel fuͤr eine Beſchaffenheit habe/ nemlich/ daß er es ihm wohl durch Mittel verkuͤrtzen oder verlaͤngern koͤnne/ und alſo viel an den Mitteln/ die er brauchet/ und an deſſen Geſchicklichkeit/ der ſolches zu brauchen verordnet/ gelegen ſey. Viel gebrauchen auch darum keine Artzney/ weil ſie davor halten/ es ſey nur ein bloß Gluͤck/ wenn einer von der Peſt wieder aufkomme. Solches iſt wohl wahr/ daher/ wann er ei- nem ungeſchickten Artzt unter die Hand kom- met. So viel aber das Gluͤck der Medico- rum betrifft/ beſtehet daſſelbe in zweyen Stuͤ- cken/ nemlich in dem Seegen des Allmaͤch- tigen/ als des obriſten Artzts/ und denn in fleiſſigem Studieren: Wer denn ſich um die- ſe beyde ernſtlich bemuͤhet/ und derer faͤhig wird/ der kan wohl ein gluͤckhaffter Doctor und Artzt genennet werden. Alſo ein Kran- cker/ der doch ſonſt die Mittel fuͤglich haben kan/ K 3
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Allerhand eroͤrterte Umſtaͤnd ꝛc.
Unterſchied vom Ziel das GOtt geſetzt/ und
zwiſchen dem/ ſo ſich offtmalen ungefaͤhr er-
eignet/ zu machen wiſſen/ in gemeldtem
Spruch iſt nur von dem natuͤrlichen Lebens-
Ziel geredet/ welches der Menſch erreichet/ es
geſchehe auch wann es wolle/ ſo weiß doch
GOtt ſchon zuvor/ daß er auf ſelbige Zeit hat
ſterben ſollen/ da er geſtorben iſt/ nicht als
wenn GOtt eben allemahl daſſelbe Ziel und
kein anders haͤtte haben wollen. Aus die-
ſem/ was allhier geſaget wird/ ſiehet man
ja/ was es mit des Menſchen Ziel fuͤr eine
Beſchaffenheit habe/ nemlich/ daß er es ihm
wohl durch Mittel verkuͤrtzen oder verlaͤngern
koͤnne/ und alſo viel an den Mitteln/ die er
brauchet/ und an deſſen Geſchicklichkeit/ der
ſolches zu brauchen verordnet/ gelegen ſey.
Viel gebrauchen auch darum keine Artzney/
weil ſie davor halten/ es ſey nur ein bloß Gluͤck/
wenn einer von der Peſt wieder aufkomme.
Solches iſt wohl wahr/ daher/ wann er ei-
nem ungeſchickten Artzt unter die Hand kom-
met. So viel aber das Gluͤck der Medico-
rum betrifft/ beſtehet daſſelbe in zweyen Stuͤ-
cken/ nemlich in dem Seegen des Allmaͤch-
tigen/ als des obriſten Artzts/ und denn in
fleiſſigem Studieren: Wer denn ſich um die-
ſe beyde ernſtlich bemuͤhet/ und derer faͤhig
wird/ der kan wohl ein gluͤckhaffter Doctor
und Artzt genennet werden. Alſo ein Kran-
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