Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.so sind wir doch (Fig. 60.) in A, am Aequator der Erde weiter, als Versuche über die Länge des Secundenpendels. Aber wie gelangen wir zu dieser Genauigkeit? -- Das ist eine ſo ſind wir doch (Fig. 60.) in A, am Aequator der Erde weiter, als Verſuche uͤber die Laͤnge des Secundenpendels. Aber wie gelangen wir zu dieſer Genauigkeit? — Das iſt eine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0128" n="106"/> ſo ſind wir doch (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Fig. 60.</hi></hi>) in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">A,</hi></hi> am Aequator der Erde weiter, als<lb/> in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">B,</hi></hi> vom Mittelpuncte <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">C</hi></hi> der Erde entfernt, und ſchon deshalb<lb/> wuͤrde die Wirkung der Schwere in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">A</hi></hi> ſchwaͤcher, als in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">B,</hi></hi> ſein.<lb/> Aber hiezu koͤmmt noch die am Aequator groͤßere Schwungkraft, die<lb/> naͤmlich mit dem Abſtande von der Axe <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">DE</hi></hi> zunimmt, und am<lb/> Aequator der Richtung der Schwere grade entgegen wirkt. Beide<lb/> Urſachen vereinigt bringen die Wirkung hervor, daß der Fallraum<lb/> in unſern mittlern geographiſchen Breiten ungefehr um <formula notation="TeX">\frac{1}{300}</formula> groͤßer<lb/> als am Aequator iſt. Dieſer Unterſchied ließe ſich genau berechnen,<lb/> wenn wir die Figur der Erde, das iſt, der Oberflaͤche aller Meere,<lb/> ganz genau kennten; ergiebt die Beobachtung ſie alſo anders als<lb/> wir bei Vorausſetzung einer gewiſſen Geſtalt der Erde erwarteten,<lb/> ſo dient uns dies zur Berichtigung unſrer uͤber die Figur der Erde<lb/> gemachten Vorausſetzungen. Dieſe Methode, die Figur der Erde zu<lb/> beſtimmen, geſtattet eine große Genauigkeit, da wir wohl dahin<lb/> kommen koͤnnen, die Laͤnge des Secundenpendels an vielen Orten<lb/> bis auf kleinere Theile als ein Hunderttel Linie, alſo die Kraft der<lb/> Schwere ſo genau zu beſtimmen, daß unſre Angaben um weniger<lb/> als <formula notation="TeX">\frac{1}{44000}</formula> von der Wahrheit abweichen.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#g">Verſuche uͤber die Laͤnge des Secundenpendels</hi>.</head><lb/> <p>Aber wie gelangen wir zu dieſer Genauigkeit? — Das iſt eine<lb/> Frage, deren Beantwortung um ſo mehr hieher gehoͤrt, da die Be-<lb/> ſtimmung der Pendellaͤnge eines der ſchoͤnſten Beiſpiele von der<lb/> großen Genauigkeit giebt, welche die Kuͤnſtler unſrer Zeit in ihren<lb/> Inſtrumenten und die Beobachter in ihren Beſtimmungen zu er-<lb/> reichen wiſſen. Die Beantwortung der Frage fordert zweierlei, erſt-<lb/> lich daß wir die Mittel angeben, die ſehr ſtrenge beſtimmte Schwin-<lb/> gungszeit eines Pendels zu beobachten, zweitens, daß wir die Laͤnge<lb/> dieſes Pendels mit großer Schaͤrfe abmeſſen. Das Letztere iſt am ſchwie-<lb/> rigſten und ich will daher damit anfangen. Eigentlich ſollten wir<lb/> ein Pendel haben, welches nur einen einzigen ſchweren Punct in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">B</hi></hi><lb/> (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Fig. 65.</hi></hi>) haͤtte; dann wuͤrde die Abmeſſung vom Aufhaͤngepuncte<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">A</hi></hi> bis zu dieſem Puncte <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">B</hi></hi> uns die Laͤnge des Pendels geben; aber<lb/> ſolche Pendel beſitzen wir nicht, und wenn zum Beiſpiel das Pendel<lb/> aus einer duͤnnen Stange und einer unten daran befeſtigten Kugel<lb/> beſteht, ſo iſt nicht der Mittelpunkt der Kugel, ſondern ein andrer<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [106/0128]
ſo ſind wir doch (Fig. 60.) in A, am Aequator der Erde weiter, als
in B, vom Mittelpuncte C der Erde entfernt, und ſchon deshalb
wuͤrde die Wirkung der Schwere in A ſchwaͤcher, als in B, ſein.
Aber hiezu koͤmmt noch die am Aequator groͤßere Schwungkraft, die
naͤmlich mit dem Abſtande von der Axe DE zunimmt, und am
Aequator der Richtung der Schwere grade entgegen wirkt. Beide
Urſachen vereinigt bringen die Wirkung hervor, daß der Fallraum
in unſern mittlern geographiſchen Breiten ungefehr um [FORMEL] groͤßer
als am Aequator iſt. Dieſer Unterſchied ließe ſich genau berechnen,
wenn wir die Figur der Erde, das iſt, der Oberflaͤche aller Meere,
ganz genau kennten; ergiebt die Beobachtung ſie alſo anders als
wir bei Vorausſetzung einer gewiſſen Geſtalt der Erde erwarteten,
ſo dient uns dies zur Berichtigung unſrer uͤber die Figur der Erde
gemachten Vorausſetzungen. Dieſe Methode, die Figur der Erde zu
beſtimmen, geſtattet eine große Genauigkeit, da wir wohl dahin
kommen koͤnnen, die Laͤnge des Secundenpendels an vielen Orten
bis auf kleinere Theile als ein Hunderttel Linie, alſo die Kraft der
Schwere ſo genau zu beſtimmen, daß unſre Angaben um weniger
als [FORMEL] von der Wahrheit abweichen.
Verſuche uͤber die Laͤnge des Secundenpendels.
Aber wie gelangen wir zu dieſer Genauigkeit? — Das iſt eine
Frage, deren Beantwortung um ſo mehr hieher gehoͤrt, da die Be-
ſtimmung der Pendellaͤnge eines der ſchoͤnſten Beiſpiele von der
großen Genauigkeit giebt, welche die Kuͤnſtler unſrer Zeit in ihren
Inſtrumenten und die Beobachter in ihren Beſtimmungen zu er-
reichen wiſſen. Die Beantwortung der Frage fordert zweierlei, erſt-
lich daß wir die Mittel angeben, die ſehr ſtrenge beſtimmte Schwin-
gungszeit eines Pendels zu beobachten, zweitens, daß wir die Laͤnge
dieſes Pendels mit großer Schaͤrfe abmeſſen. Das Letztere iſt am ſchwie-
rigſten und ich will daher damit anfangen. Eigentlich ſollten wir
ein Pendel haben, welches nur einen einzigen ſchweren Punct in B
(Fig. 65.) haͤtte; dann wuͤrde die Abmeſſung vom Aufhaͤngepuncte
A bis zu dieſem Puncte B uns die Laͤnge des Pendels geben; aber
ſolche Pendel beſitzen wir nicht, und wenn zum Beiſpiel das Pendel
aus einer duͤnnen Stange und einer unten daran befeſtigten Kugel
beſteht, ſo iſt nicht der Mittelpunkt der Kugel, ſondern ein andrer
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