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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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seines Schwerpunctes erleidet; er wird aber umstürzen, und das
in B befindliche Schiff bedecken oder zertrümmern, wenn er die
Gestalt eines verhältnißmäßig hohen und schmalen Prisma's hat,
oder der Schwerpunct allzu weit auf diese Seite gerücket ist.

Im Allgemeinen sieht man das Gleichgewicht meistens als
ein unsicheres an, wenn der Schwerpunct des schwimmenden Kör-
pers höher als der Schwerpunct des aus der Stelle getriebenen
Wassers liegt; indeß ist dies eine Regel, die viele Ausnahmen lei-
det. Es sei ABCD (Fig. 96.) eine Korktafel, auf welcher sich
ein hoher Körper EF von schwerer Materie befindet. Der Schwer-
punct des Korkes liegt in H, der Schwerpunct des mit der Tafel
verbundenen Körpers in G, und wenn der letztere eben so viel
wiegt, als jene, so wird der Kork, der für sich allein nur bis zu
ein Viertel seiner Dicke in das Wasser einsinken würde, sich bis
zur Hälfte seiner Dicke einsenken. In der Stellung ABCD
würde der aus beiden Massen zusammengesetzte Körper auf der
Wasserfläche PQ ruhen, und der Schwerpunct des Ganzen läge
in I, mitten zwischen G und H. Geben wir nun dem ganzen
Körper die geneigte Stellung, welche abdcEf darstellt, so
taucht sich wieder die Hälfte der Korktafel bed in das Wasser ein;
aber der Schwerpunct dieser dreieckigen, aus der Stelle getriebenen
Wassermasse liegt nicht mehr in der Mitte der Tafel, sondern in
K, nämlich so daß KD = 1/3 BD ist, und der Schwerpunct der
Masse Ef ist nach g gerückt, so daß der gemeinschaftliche Schwer-
punct der ganzen Masse in L liegt, mitten zwischen g und H.
Hier strebt allerdings der Schwerpunct L zu sinken, und die in K
entgegen wirkende Kraft, die nach KM hinaufwärts gerichtet ist,
kann dieses nicht hindern; aber beide Kräfte wirken vereint dahin,
den Körper zu seiner anfänglichen Lage zurückzuführen, und hier
war also die anfängliche Gleichgewichtsstellung eine Stellung siche-
ren Gleichgewichtes, die sich nach einigen Oscillationen wieder her-
stellt.

Die Gestalt des Körpers und die ungleiche Vertheilung der
Masse könnte so sein, daß auch in der zweiten Lage der Schwer-
punct L der ganzen Masse grade senkrecht über K, als Schwerpunct
der Wassermasse, läge; dann würde der Körper in der neuen Lage
in Ruhe bleiben. Aber endlich könnte auch, etwa dadurch, daß

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ſeines Schwerpunctes erleidet; er wird aber umſtuͤrzen, und das
in B befindliche Schiff bedecken oder zertruͤmmern, wenn er die
Geſtalt eines verhaͤltnißmaͤßig hohen und ſchmalen Prisma's hat,
oder der Schwerpunct allzu weit auf dieſe Seite geruͤcket iſt.

Im Allgemeinen ſieht man das Gleichgewicht meiſtens als
ein unſicheres an, wenn der Schwerpunct des ſchwimmenden Koͤr-
pers hoͤher als der Schwerpunct des aus der Stelle getriebenen
Waſſers liegt; indeß iſt dies eine Regel, die viele Ausnahmen lei-
det. Es ſei ABCD (Fig. 96.) eine Korktafel, auf welcher ſich
ein hoher Koͤrper EF von ſchwerer Materie befindet. Der Schwer-
punct des Korkes liegt in H, der Schwerpunct des mit der Tafel
verbundenen Koͤrpers in G, und wenn der letztere eben ſo viel
wiegt, als jene, ſo wird der Kork, der fuͤr ſich allein nur bis zu
ein Viertel ſeiner Dicke in das Waſſer einſinken wuͤrde, ſich bis
zur Haͤlfte ſeiner Dicke einſenken. In der Stellung ABCD
wuͤrde der aus beiden Maſſen zuſammengeſetzte Koͤrper auf der
Waſſerflaͤche PQ ruhen, und der Schwerpunct des Ganzen laͤge
in I, mitten zwiſchen G und H. Geben wir nun dem ganzen
Koͤrper die geneigte Stellung, welche abdcEf darſtellt, ſo
taucht ſich wieder die Haͤlfte der Korktafel bed in das Waſſer ein;
aber der Schwerpunct dieſer dreieckigen, aus der Stelle getriebenen
Waſſermaſſe liegt nicht mehr in der Mitte der Tafel, ſondern in
K, naͤmlich ſo daß KD = ⅓ BD iſt, und der Schwerpunct der
Maſſe Ef iſt nach g geruͤckt, ſo daß der gemeinſchaftliche Schwer-
punct der ganzen Maſſe in L liegt, mitten zwiſchen g und H.
Hier ſtrebt allerdings der Schwerpunct L zu ſinken, und die in K
entgegen wirkende Kraft, die nach KM hinaufwaͤrts gerichtet iſt,
kann dieſes nicht hindern; aber beide Kraͤfte wirken vereint dahin,
den Koͤrper zu ſeiner anfaͤnglichen Lage zuruͤckzufuͤhren, und hier
war alſo die anfaͤngliche Gleichgewichtsſtellung eine Stellung ſiche-
ren Gleichgewichtes, die ſich nach einigen Oſcillationen wieder her-
ſtellt.

Die Geſtalt des Koͤrpers und die ungleiche Vertheilung der
Maſſe koͤnnte ſo ſein, daß auch in der zweiten Lage der Schwer-
punct L der ganzen Maſſe grade ſenkrecht uͤber K, als Schwerpunct
der Waſſermaſſe, laͤge; dann wuͤrde der Koͤrper in der neuen Lage
in Ruhe bleiben. Aber endlich koͤnnte auch, etwa dadurch, daß

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[163/0185] ſeines Schwerpunctes erleidet; er wird aber umſtuͤrzen, und das in B befindliche Schiff bedecken oder zertruͤmmern, wenn er die Geſtalt eines verhaͤltnißmaͤßig hohen und ſchmalen Prisma's hat, oder der Schwerpunct allzu weit auf dieſe Seite geruͤcket iſt. Im Allgemeinen ſieht man das Gleichgewicht meiſtens als ein unſicheres an, wenn der Schwerpunct des ſchwimmenden Koͤr- pers hoͤher als der Schwerpunct des aus der Stelle getriebenen Waſſers liegt; indeß iſt dies eine Regel, die viele Ausnahmen lei- det. Es ſei ABCD (Fig. 96.) eine Korktafel, auf welcher ſich ein hoher Koͤrper EF von ſchwerer Materie befindet. Der Schwer- punct des Korkes liegt in H, der Schwerpunct des mit der Tafel verbundenen Koͤrpers in G, und wenn der letztere eben ſo viel wiegt, als jene, ſo wird der Kork, der fuͤr ſich allein nur bis zu ein Viertel ſeiner Dicke in das Waſſer einſinken wuͤrde, ſich bis zur Haͤlfte ſeiner Dicke einſenken. In der Stellung ABCD wuͤrde der aus beiden Maſſen zuſammengeſetzte Koͤrper auf der Waſſerflaͤche PQ ruhen, und der Schwerpunct des Ganzen laͤge in I, mitten zwiſchen G und H. Geben wir nun dem ganzen Koͤrper die geneigte Stellung, welche abdcEf darſtellt, ſo taucht ſich wieder die Haͤlfte der Korktafel bed in das Waſſer ein; aber der Schwerpunct dieſer dreieckigen, aus der Stelle getriebenen Waſſermaſſe liegt nicht mehr in der Mitte der Tafel, ſondern in K, naͤmlich ſo daß KD = ⅓ BD iſt, und der Schwerpunct der Maſſe Ef iſt nach g geruͤckt, ſo daß der gemeinſchaftliche Schwer- punct der ganzen Maſſe in L liegt, mitten zwiſchen g und H. Hier ſtrebt allerdings der Schwerpunct L zu ſinken, und die in K entgegen wirkende Kraft, die nach KM hinaufwaͤrts gerichtet iſt, kann dieſes nicht hindern; aber beide Kraͤfte wirken vereint dahin, den Koͤrper zu ſeiner anfaͤnglichen Lage zuruͤckzufuͤhren, und hier war alſo die anfaͤngliche Gleichgewichtsſtellung eine Stellung ſiche- ren Gleichgewichtes, die ſich nach einigen Oſcillationen wieder her- ſtellt. Die Geſtalt des Koͤrpers und die ungleiche Vertheilung der Maſſe koͤnnte ſo ſein, daß auch in der zweiten Lage der Schwer- punct L der ganzen Maſſe grade ſenkrecht uͤber K, als Schwerpunct der Waſſermaſſe, laͤge; dann wuͤrde der Koͤrper in der neuen Lage in Ruhe bleiben. Aber endlich koͤnnte auch, etwa dadurch, daß L 2

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/185>, abgerufen am 21.11.2024.