Die stärksten Brandungen, welche theils aus einem Ueberstürzen der Wellen, theils durch das Zusammentreffen der zurückgehenden Wel- len mit den anrückenden hervorgehen, scheinen da statt zu finden, wo auf großen Meeren die herangewälzte Wassermasse einer sehr breiten Welle sehr groß ist, und wo plötzlich ein minder tiefer Boden den gleichmäßigen Fortgang dieser bis dahin ruhig vorrückenden Wassermasse hemmt; denn ein 10 Fuß hoher Wasserberg, der eine sehr breite Welle bildet, kann gewiß auf dem freien Meere, ohne sehr unangenehm bemerkt zu werden, fortgehen, steigt er aber am Ufer, plötzlich aufgehalten auf 20 Fuß, und stürzt wohl gar, durch ein Felsenriff aufgehalten, schäumend von dieser Höhe herab, so muß seine Wirkung sehr zerstörend sein.
Diese Zurückwerfung der Wellen bietet auch im Kleinen Gele- genheit zu merkwürdigen Experimenten dar. Die in schiefer Rich- tung an einen festen Gegenstand treffenden Wellen werden unter eben dem Winkel zurückgeworfen, unter welchem sie antrafen und daraus entsteht ein von Weber schön dargestelltes Phänomen, wel- ches man leicht mit reinem Quecksilber zeigen kann. Man nimmt ein cylindrisches Gefäß, dessen Querschnitt eine Ellipse ist, und läßt einen unaufhörlich fließenden feinen Strahl Quecksilbers so hinein- fallen, daß er so nahe, als möglich, den Brennpunct der Ellipse trifft; dann durchschneiden sich die Wellen, die aus der Zurückwer- fung der von diesem Brennpuncte ausgehenden Wellen entstehen, im zweiten Brennpuncte und stellen die Erscheinung, so wie die Figur sie zeigt, (Fig. 107.) dar. Hat man den Brennpunct nicht genau getroffen, so sieht man dies an der mindern Regelmäßigkeit der Erscheinung und kann durch einiges Verrücken des einfallenden Strahles leicht den richtigen Punct finden. Fig. 107. zeigt die Erscheinungen der sich durchkreutzenden Wellen *).
*) Diese Figur ist aus Weber's Wellenlehre (Leipz. 1825.) ent- lehnt; einem Buche, das den reichsten Stoff zu mannigfaltigen Beleh- rungen enthält.
Die ſtaͤrkſten Brandungen, welche theils aus einem Ueberſtuͤrzen der Wellen, theils durch das Zuſammentreffen der zuruͤckgehenden Wel- len mit den anruͤckenden hervorgehen, ſcheinen da ſtatt zu finden, wo auf großen Meeren die herangewaͤlzte Waſſermaſſe einer ſehr breiten Welle ſehr groß iſt, und wo ploͤtzlich ein minder tiefer Boden den gleichmaͤßigen Fortgang dieſer bis dahin ruhig vorruͤckenden Waſſermaſſe hemmt; denn ein 10 Fuß hoher Waſſerberg, der eine ſehr breite Welle bildet, kann gewiß auf dem freien Meere, ohne ſehr unangenehm bemerkt zu werden, fortgehen, ſteigt er aber am Ufer, ploͤtzlich aufgehalten auf 20 Fuß, und ſtuͤrzt wohl gar, durch ein Felſenriff aufgehalten, ſchaͤumend von dieſer Hoͤhe herab, ſo muß ſeine Wirkung ſehr zerſtoͤrend ſein.
Dieſe Zuruͤckwerfung der Wellen bietet auch im Kleinen Gele- genheit zu merkwuͤrdigen Experimenten dar. Die in ſchiefer Rich- tung an einen feſten Gegenſtand treffenden Wellen werden unter eben dem Winkel zuruͤckgeworfen, unter welchem ſie antrafen und daraus entſteht ein von Weber ſchoͤn dargeſtelltes Phaͤnomen, wel- ches man leicht mit reinem Queckſilber zeigen kann. Man nimmt ein cylindriſches Gefaͤß, deſſen Querſchnitt eine Ellipſe iſt, und laͤßt einen unaufhoͤrlich fließenden feinen Strahl Queckſilbers ſo hinein- fallen, daß er ſo nahe, als moͤglich, den Brennpunct der Ellipſe trifft; dann durchſchneiden ſich die Wellen, die aus der Zuruͤckwer- fung der von dieſem Brennpuncte ausgehenden Wellen entſtehen, im zweiten Brennpuncte und ſtellen die Erſcheinung, ſo wie die Figur ſie zeigt, (Fig. 107.) dar. Hat man den Brennpunct nicht genau getroffen, ſo ſieht man dies an der mindern Regelmaͤßigkeit der Erſcheinung und kann durch einiges Verruͤcken des einfallenden Strahles leicht den richtigen Punct finden. Fig. 107. zeigt die Erſcheinungen der ſich durchkreutzenden Wellen *).
*) Dieſe Figur iſt aus Weber's Wellenlehre (Leipz. 1825.) ent- lehnt; einem Buche, das den reichſten Stoff zu mannigfaltigen Beleh- rungen enthaͤlt.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0207"n="185"/>
Die ſtaͤrkſten Brandungen, welche theils aus einem Ueberſtuͤrzen der<lb/>
Wellen, theils durch das Zuſammentreffen der zuruͤckgehenden Wel-<lb/>
len mit den anruͤckenden hervorgehen, ſcheinen da ſtatt zu finden,<lb/>
wo auf großen Meeren die herangewaͤlzte Waſſermaſſe einer ſehr<lb/>
breiten Welle ſehr groß iſt, und wo ploͤtzlich ein minder tiefer Boden<lb/>
den gleichmaͤßigen Fortgang dieſer bis dahin ruhig vorruͤckenden<lb/>
Waſſermaſſe hemmt; denn ein 10 Fuß hoher Waſſerberg, der eine<lb/>ſehr breite Welle bildet, kann gewiß auf dem freien Meere, ohne<lb/>ſehr unangenehm bemerkt zu werden, fortgehen, ſteigt er aber am<lb/>
Ufer, ploͤtzlich aufgehalten auf 20 Fuß, und ſtuͤrzt wohl gar, durch<lb/>
ein Felſenriff aufgehalten, ſchaͤumend von dieſer Hoͤhe herab, ſo<lb/>
muß ſeine Wirkung ſehr zerſtoͤrend ſein.</p><lb/><p>Dieſe Zuruͤckwerfung der Wellen bietet auch im Kleinen Gele-<lb/>
genheit zu merkwuͤrdigen Experimenten dar. Die in ſchiefer Rich-<lb/>
tung an einen feſten Gegenſtand treffenden Wellen werden unter<lb/>
eben dem Winkel zuruͤckgeworfen, unter welchem ſie antrafen und<lb/>
daraus entſteht ein von <hirendition="#g">Weber</hi>ſchoͤn dargeſtelltes Phaͤnomen, wel-<lb/>
ches man leicht mit reinem Queckſilber zeigen kann. Man nimmt<lb/>
ein cylindriſches Gefaͤß, deſſen Querſchnitt eine Ellipſe iſt, und laͤßt<lb/>
einen unaufhoͤrlich fließenden feinen Strahl Queckſilbers ſo hinein-<lb/>
fallen, daß er ſo nahe, als moͤglich, den Brennpunct der Ellipſe<lb/>
trifft; dann durchſchneiden ſich die Wellen, die aus der Zuruͤckwer-<lb/>
fung der von dieſem Brennpuncte ausgehenden Wellen entſtehen,<lb/>
im zweiten Brennpuncte und ſtellen die Erſcheinung, ſo wie die<lb/>
Figur ſie zeigt, (<hirendition="#aq"><hirendition="#b">Fig. 107.</hi></hi>) dar. Hat man den Brennpunct nicht<lb/>
genau getroffen, ſo ſieht man dies an der mindern Regelmaͤßigkeit<lb/>
der Erſcheinung und kann durch einiges Verruͤcken des einfallenden<lb/>
Strahles leicht den richtigen Punct finden. <hirendition="#aq"><hirendition="#b">Fig. 107.</hi></hi> zeigt die<lb/>
Erſcheinungen der ſich durchkreutzenden Wellen <noteplace="foot"n="*)">Dieſe Figur iſt aus <hirendition="#g">Weber</hi>'s Wellenlehre (Leipz. 1825.) ent-<lb/>
lehnt; einem Buche, das den reichſten Stoff zu mannigfaltigen Beleh-<lb/>
rungen enthaͤlt.</note>.</p></div></div><lb/></body></text></TEI>
[185/0207]
Die ſtaͤrkſten Brandungen, welche theils aus einem Ueberſtuͤrzen der
Wellen, theils durch das Zuſammentreffen der zuruͤckgehenden Wel-
len mit den anruͤckenden hervorgehen, ſcheinen da ſtatt zu finden,
wo auf großen Meeren die herangewaͤlzte Waſſermaſſe einer ſehr
breiten Welle ſehr groß iſt, und wo ploͤtzlich ein minder tiefer Boden
den gleichmaͤßigen Fortgang dieſer bis dahin ruhig vorruͤckenden
Waſſermaſſe hemmt; denn ein 10 Fuß hoher Waſſerberg, der eine
ſehr breite Welle bildet, kann gewiß auf dem freien Meere, ohne
ſehr unangenehm bemerkt zu werden, fortgehen, ſteigt er aber am
Ufer, ploͤtzlich aufgehalten auf 20 Fuß, und ſtuͤrzt wohl gar, durch
ein Felſenriff aufgehalten, ſchaͤumend von dieſer Hoͤhe herab, ſo
muß ſeine Wirkung ſehr zerſtoͤrend ſein.
Dieſe Zuruͤckwerfung der Wellen bietet auch im Kleinen Gele-
genheit zu merkwuͤrdigen Experimenten dar. Die in ſchiefer Rich-
tung an einen feſten Gegenſtand treffenden Wellen werden unter
eben dem Winkel zuruͤckgeworfen, unter welchem ſie antrafen und
daraus entſteht ein von Weber ſchoͤn dargeſtelltes Phaͤnomen, wel-
ches man leicht mit reinem Queckſilber zeigen kann. Man nimmt
ein cylindriſches Gefaͤß, deſſen Querſchnitt eine Ellipſe iſt, und laͤßt
einen unaufhoͤrlich fließenden feinen Strahl Queckſilbers ſo hinein-
fallen, daß er ſo nahe, als moͤglich, den Brennpunct der Ellipſe
trifft; dann durchſchneiden ſich die Wellen, die aus der Zuruͤckwer-
fung der von dieſem Brennpuncte ausgehenden Wellen entſtehen,
im zweiten Brennpuncte und ſtellen die Erſcheinung, ſo wie die
Figur ſie zeigt, (Fig. 107.) dar. Hat man den Brennpunct nicht
genau getroffen, ſo ſieht man dies an der mindern Regelmaͤßigkeit
der Erſcheinung und kann durch einiges Verruͤcken des einfallenden
Strahles leicht den richtigen Punct finden. Fig. 107. zeigt die
Erſcheinungen der ſich durchkreutzenden Wellen *).
*) Dieſe Figur iſt aus Weber's Wellenlehre (Leipz. 1825.) ent-
lehnt; einem Buche, das den reichſten Stoff zu mannigfaltigen Beleh-
rungen enthaͤlt.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/207>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.