Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.dient hier wohl die Erfahrung erzählt zu werden, die man bei *) Die höchst interessante Schilderung dieses Ereignisses verdient es
sehr, daß man sie in Gilb. Ann. 60. Band nachlese. dient hier wohl die Erfahrung erzaͤhlt zu werden, die man bei *) Die hoͤchſt intereſſante Schilderung dieſes Ereigniſſes verdient es
ſehr, daß man ſie in Gilb. Ann. 60. Band nachleſe. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0214" n="192"/> dient hier wohl die Erfahrung erzaͤhlt zu werden, die man bei<lb/> dem Durchbruche einer Waſſermaſſe am Banienthale in Unter-<lb/> wallis in der Schweitz machte. In dieſem Thale hatte ſich in<lb/> den kalten Sommern 1816 und 1817 das vorruͤckende Eis der<lb/> Gletſcher ſo angeſammelt, daß es durch Abſtuͤrzen im Anfange<lb/> des Jahres 1818 den durch dieſes Thal fließenden Strom, die<lb/> Dranſe, voͤllig daͤmmte. Das hiedurch geſperrte Waſſer wuchs<lb/> daher oberhalb des Eisdammes hoch auf, und obgleich dieſer<lb/> Eisdamm an ſeinem Fuße 3000 Fuß dick geſchaͤtzt wurde, ſo<lb/> mußte man doch endlich ein Ueberſtuͤrzen des ſchon bis zu 180<lb/> Fuß Tiefe angeſchwollenen Seees und dann ein Durchbrechen des<lb/> Dammes fuͤrchten. Um dieſem zuvorzukommen, entſchloß man<lb/> ſich oberhalb des ſchon geſammelten Waſſers einen Stollen durch<lb/> den, ſelbſt in dieſer Hoͤhe, uͤber 700 Fuß dicken Eisdamm zu ar-<lb/> beiten, damit, wenn das Waſſer im Steigen dieſen Stollen er-<lb/> reichte, es allmaͤhlig abfließen koͤnne. Dieſer Stollen wurde mit<lb/> großer Anſtrengung gluͤcklich vollendet, und das allmaͤhlig ange-<lb/> wachſene Waſſer floß einige Tage lang nach Wunſch langſam ab.<lb/> Aber eine um die Mitte des Juni 1818 eingetretene große Hitze<lb/> wirkte auf den Eisdamm ſo ſtark, daß theils dadurch, theils durch<lb/> den Sturz des Waſſers der geoͤffnete Waſſerlauf ſich an der von<lb/> dem See abgewandten Seite immer mehr und immer weiter<lb/> gegen den See fortruͤckend, vertiefte. Endlich am 16. Juni<lb/> bahnte das Waſſer des Seees ſich einen ungefehr 80 Fuß tiefen<lb/> Durchbruch, aus welchem das Waſſer mit der groͤßten Gewalt<lb/> hinabwaͤrts ſtuͤrzte. Und hier zeigte ſich nun die Gewalt des<lb/> Waſſerſtoßes ſo groß, daß die groͤßeſten Felsſtuͤcke auf dem Waſſer<lb/> ſchwimmend mit fortgeriſſen wurden, daß Bruͤcken und feſte<lb/> Mauern in einem Augenblicke zerſtoͤrt, die Felſenwaͤnde zertruͤmmert<lb/> und ganze Waͤlder vernichtet wurden. Die Truͤmmer von Felſen,<lb/> Waͤldern und Haͤuſern wurden gleich einem Berge von 300 Fuß<lb/> Hoͤhe von der wild heranwogenden Waſſermaſſe fortgeſchoben, deren<lb/> Geſchwindigkeit ſo groß war, daß ſie gegen 2000 Fuß in 1 Min.<lb/> zuruͤcklegte <note place="foot" n="*)">Die hoͤchſt intereſſante Schilderung dieſes Ereigniſſes verdient es<lb/> ſehr, daß man ſie in <hi rendition="#g">Gilb</hi>. Ann. 60. Band nachleſe.</note>.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [192/0214]
dient hier wohl die Erfahrung erzaͤhlt zu werden, die man bei
dem Durchbruche einer Waſſermaſſe am Banienthale in Unter-
wallis in der Schweitz machte. In dieſem Thale hatte ſich in
den kalten Sommern 1816 und 1817 das vorruͤckende Eis der
Gletſcher ſo angeſammelt, daß es durch Abſtuͤrzen im Anfange
des Jahres 1818 den durch dieſes Thal fließenden Strom, die
Dranſe, voͤllig daͤmmte. Das hiedurch geſperrte Waſſer wuchs
daher oberhalb des Eisdammes hoch auf, und obgleich dieſer
Eisdamm an ſeinem Fuße 3000 Fuß dick geſchaͤtzt wurde, ſo
mußte man doch endlich ein Ueberſtuͤrzen des ſchon bis zu 180
Fuß Tiefe angeſchwollenen Seees und dann ein Durchbrechen des
Dammes fuͤrchten. Um dieſem zuvorzukommen, entſchloß man
ſich oberhalb des ſchon geſammelten Waſſers einen Stollen durch
den, ſelbſt in dieſer Hoͤhe, uͤber 700 Fuß dicken Eisdamm zu ar-
beiten, damit, wenn das Waſſer im Steigen dieſen Stollen er-
reichte, es allmaͤhlig abfließen koͤnne. Dieſer Stollen wurde mit
großer Anſtrengung gluͤcklich vollendet, und das allmaͤhlig ange-
wachſene Waſſer floß einige Tage lang nach Wunſch langſam ab.
Aber eine um die Mitte des Juni 1818 eingetretene große Hitze
wirkte auf den Eisdamm ſo ſtark, daß theils dadurch, theils durch
den Sturz des Waſſers der geoͤffnete Waſſerlauf ſich an der von
dem See abgewandten Seite immer mehr und immer weiter
gegen den See fortruͤckend, vertiefte. Endlich am 16. Juni
bahnte das Waſſer des Seees ſich einen ungefehr 80 Fuß tiefen
Durchbruch, aus welchem das Waſſer mit der groͤßten Gewalt
hinabwaͤrts ſtuͤrzte. Und hier zeigte ſich nun die Gewalt des
Waſſerſtoßes ſo groß, daß die groͤßeſten Felsſtuͤcke auf dem Waſſer
ſchwimmend mit fortgeriſſen wurden, daß Bruͤcken und feſte
Mauern in einem Augenblicke zerſtoͤrt, die Felſenwaͤnde zertruͤmmert
und ganze Waͤlder vernichtet wurden. Die Truͤmmer von Felſen,
Waͤldern und Haͤuſern wurden gleich einem Berge von 300 Fuß
Hoͤhe von der wild heranwogenden Waſſermaſſe fortgeſchoben, deren
Geſchwindigkeit ſo groß war, daß ſie gegen 2000 Fuß in 1 Min.
zuruͤcklegte *).
*) Die hoͤchſt intereſſante Schilderung dieſes Ereigniſſes verdient es
ſehr, daß man ſie in Gilb. Ann. 60. Band nachleſe.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |