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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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der des gefrierenden Wassers oder des schmelzenden Eises gleich
ist. -- Daß diese Genauigkeit nothwendig ist, wird sogleich noch
vollständiger erhellen.

Höhenmessung mit dem Barometer.

Ich versprach vorhin einen noch vollständigern Beweis für die
Behauptung, daß das Quecksilber im Barometer durch den Druck
der Luft in seiner bestimmten Höhe erhalten werde. Dieser Be-
weis ergiebt sich daraus, daß das Quecksilber im Barometer sinkt,
wenn wir das Barometer an einen höhern Ort bringen. Dieses
muß offenbar statt finden, wenn es der Druck der Luft ist, wel-
cher das Quecksilber in dieser Höhe erhält; denn, indem ich in der
Luft hinaufsteige, lasse ich einen Theil der Luftsäule unter mir
zurück, die nun nicht mehr zu dem Drucke auf das Barometer
beiträgt, und der Barometerstand in einem höhern Standpuncte
giebt nur das Gewicht des noch über uns liegenden Theiles der
Luftsäule an. Auf diese Weise sieht man das Barometer auf dem
Brocken 241/2 Zoll hoch bei einer Höhe von 3650 Fuß, auf dem
St. Bernhard 21 Zoll hoch bei 7650 Fuß Höhe, auf dem Aerna
19 Zoll hoch bei 10300 Fuß Höhe, auf dem Mont Blanc 16
Zoll hoch bei 14650 Fuß Höhe, auf dem Chimborazo 12 5/6 Zoll
hoch bei 20100 Fuß Höhe.

Diese Beobachtungen bieten uns ein weites Feld zu weiteren
Untersuchungen dar, denn es erhellt, daß wir nur das Gesetz,
nach welchem sich dieses Fallen des Barometers in höhern Stand-
puncten richtet, näher kennen zu lernen brauchen, um das Baro-
meter, als ein Instrument zum Höhenmessen anzuwenden.

Wenn man von zwei Barometern, die neben einander hän-
gend beide genau gleich, 28 Zoll hoch, standen, das eine zu einem
73 Fuß höhern Standpuncte bringt, so fällt es um eine Linie, und
wir schließen daher, daß eine Luftsäule von 73 Fuß hoch, oder
876 Zoll oder 10512 Linien hoch, ebensoviel wiegt, als eine
Quecksilbersäule von 1 Linie hoch bei gleichem Querschnitte, das
heißt, wir finden, daß die uns umgebende, von der ganzen obern
Luft zusammengedrückte Luft nur so dicht als Quecksilber,
also nur ungefehr so dicht als Wasser ist. Hiemit kennen
wir einen Umstand, auf welchen es bei der barometrischen Höhen-

der des gefrierenden Waſſers oder des ſchmelzenden Eiſes gleich
iſt. — Daß dieſe Genauigkeit nothwendig iſt, wird ſogleich noch
vollſtaͤndiger erhellen.

Hoͤhenmeſſung mit dem Barometer.

Ich verſprach vorhin einen noch vollſtaͤndigern Beweis fuͤr die
Behauptung, daß das Queckſilber im Barometer durch den Druck
der Luft in ſeiner beſtimmten Hoͤhe erhalten werde. Dieſer Be-
weis ergiebt ſich daraus, daß das Queckſilber im Barometer ſinkt,
wenn wir das Barometer an einen hoͤhern Ort bringen. Dieſes
muß offenbar ſtatt finden, wenn es der Druck der Luft iſt, wel-
cher das Queckſilber in dieſer Hoͤhe erhaͤlt; denn, indem ich in der
Luft hinaufſteige, laſſe ich einen Theil der Luftſaͤule unter mir
zuruͤck, die nun nicht mehr zu dem Drucke auf das Barometer
beitraͤgt, und der Barometerſtand in einem hoͤhern Standpuncte
giebt nur das Gewicht des noch uͤber uns liegenden Theiles der
Luftſaͤule an. Auf dieſe Weiſe ſieht man das Barometer auf dem
Brocken 24½ Zoll hoch bei einer Hoͤhe von 3650 Fuß, auf dem
St. Bernhard 21 Zoll hoch bei 7650 Fuß Hoͤhe, auf dem Aerna
19 Zoll hoch bei 10300 Fuß Hoͤhe, auf dem Mont Blanc 16
Zoll hoch bei 14650 Fuß Hoͤhe, auf dem Chimborazo 12⅚ Zoll
hoch bei 20100 Fuß Hoͤhe.

Dieſe Beobachtungen bieten uns ein weites Feld zu weiteren
Unterſuchungen dar, denn es erhellt, daß wir nur das Geſetz,
nach welchem ſich dieſes Fallen des Barometers in hoͤhern Stand-
puncten richtet, naͤher kennen zu lernen brauchen, um das Baro-
meter, als ein Inſtrument zum Hoͤhenmeſſen anzuwenden.

Wenn man von zwei Barometern, die neben einander haͤn-
gend beide genau gleich, 28 Zoll hoch, ſtanden, das eine zu einem
73 Fuß hoͤhern Standpuncte bringt, ſo faͤllt es um eine Linie, und
wir ſchließen daher, daß eine Luftſaͤule von 73 Fuß hoch, oder
876 Zoll oder 10512 Linien hoch, ebenſoviel wiegt, als eine
Queckſilberſaͤule von 1 Linie hoch bei gleichem Querſchnitte, das
heißt, wir finden, daß die uns umgebende, von der ganzen obern
Luft zuſammengedruͤckte Luft nur ſo dicht als Queckſilber,
alſo nur ungefehr ſo dicht als Waſſer iſt. Hiemit kennen
wir einen Umſtand, auf welchen es bei der barometriſchen Hoͤhen-

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[212/0234] der des gefrierenden Waſſers oder des ſchmelzenden Eiſes gleich iſt. — Daß dieſe Genauigkeit nothwendig iſt, wird ſogleich noch vollſtaͤndiger erhellen. Hoͤhenmeſſung mit dem Barometer. Ich verſprach vorhin einen noch vollſtaͤndigern Beweis fuͤr die Behauptung, daß das Queckſilber im Barometer durch den Druck der Luft in ſeiner beſtimmten Hoͤhe erhalten werde. Dieſer Be- weis ergiebt ſich daraus, daß das Queckſilber im Barometer ſinkt, wenn wir das Barometer an einen hoͤhern Ort bringen. Dieſes muß offenbar ſtatt finden, wenn es der Druck der Luft iſt, wel- cher das Queckſilber in dieſer Hoͤhe erhaͤlt; denn, indem ich in der Luft hinaufſteige, laſſe ich einen Theil der Luftſaͤule unter mir zuruͤck, die nun nicht mehr zu dem Drucke auf das Barometer beitraͤgt, und der Barometerſtand in einem hoͤhern Standpuncte giebt nur das Gewicht des noch uͤber uns liegenden Theiles der Luftſaͤule an. Auf dieſe Weiſe ſieht man das Barometer auf dem Brocken 24½ Zoll hoch bei einer Hoͤhe von 3650 Fuß, auf dem St. Bernhard 21 Zoll hoch bei 7650 Fuß Hoͤhe, auf dem Aerna 19 Zoll hoch bei 10300 Fuß Hoͤhe, auf dem Mont Blanc 16 Zoll hoch bei 14650 Fuß Hoͤhe, auf dem Chimborazo 12⅚ Zoll hoch bei 20100 Fuß Hoͤhe. Dieſe Beobachtungen bieten uns ein weites Feld zu weiteren Unterſuchungen dar, denn es erhellt, daß wir nur das Geſetz, nach welchem ſich dieſes Fallen des Barometers in hoͤhern Stand- puncten richtet, naͤher kennen zu lernen brauchen, um das Baro- meter, als ein Inſtrument zum Hoͤhenmeſſen anzuwenden. Wenn man von zwei Barometern, die neben einander haͤn- gend beide genau gleich, 28 Zoll hoch, ſtanden, das eine zu einem 73 Fuß hoͤhern Standpuncte bringt, ſo faͤllt es um eine Linie, und wir ſchließen daher, daß eine Luftſaͤule von 73 Fuß hoch, oder 876 Zoll oder 10512 Linien hoch, ebenſoviel wiegt, als eine Queckſilberſaͤule von 1 Linie hoch bei gleichem Querſchnitte, das heißt, wir finden, daß die uns umgebende, von der ganzen obern Luft zuſammengedruͤckte Luft nur [FORMEL] ſo dicht als Queckſilber, alſo nur ungefehr [FORMEL] ſo dicht als Waſſer iſt. Hiemit kennen wir einen Umſtand, auf welchen es bei der barometriſchen Hoͤhen-

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/234>, abgerufen am 24.11.2024.