Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite
Neunzehnte Vorlesung.



Versuche mit verdichteter Luft. -- Compressionsluft-
pumpe
. -- Windbüchse.

Nicht bloß die Verdünnung der Luft, m. h. H., von welcher
ich bisher nur geredet habe, sondern auch die Verdichtung der Luft
vermittelst der Luftpumpe bietet uns manches Belehrende dar;
indeß läßt sich die Verdichtung nur in Fällen, wo man sich sehr
fester Gefäße bedienen kann, bis zu einem hohen Grade treiben.
Warum die Gefahr des Zersprengens der Gefäße hier in so hohem
Grade wächst, läßt sich sehr leicht übersehen, indem erstlich schon
die Wölbung eines Gefäßes von der erhabenen oder convexen Seite
einen viel größern Druck, als von der hohlen Seite, auszuhalten
im Stande ist, und zweitens bei der Verdünnung der Luft, wenn
diese auch den höchsten Grad erreicht, der Druck doch nur eine At-
mosphäre, ungefehr 151/2 Pfund auf den Quadratzoll, betragen kann,
statt daß eine 10fach verdichtete Luft die innere Oberfläche des Ge-
fäßes mit 10 Atmosphären, mit 155 Pfund Druck auf jeden Qua-
dratzoll, nach außen drängt, während der Gegendruck von außen
nur 151/2 Pfund ist. Wie stark, selbst bei engen Röhren die Glas-
wände sein müssen, damit das Gefäß nicht zerrissen werde, habe
ich bei einer andern Gelegenheit erwähnt; wollte man mit gleicher
Sicherheit in einem Cylinder von 6 Zoll Durchmesser Versuche an-
stellen, so müßten die Wände über 3 Zoll dick sein, und da nach
Faraday's Bemerkung das mit verdichteter Luft gefüllte Gefäß
oft bei den leichtesten Stößen springt, wenn es auch während völli-
ger Ruhe Widerstand genug leistete, so würde man kaum, selbst bei
so großer Dicke der Wände, es wagen, ein Glasgefäß von einiger
Größe zu 100fachen und mehrfachen Verdichtungen zu gebrauchen.
In kleineren Glasgefäßen und in metallenen Gefäßen hat man
dennoch die Verdichtungen bis auf einen hohen Grad getrieben, in-
dem zum Beispiel Perkins angiebt, daß er bei 2000 Atmosphä-
ren Druck das Wasser bis auf seiner natürlichen Dichtigkeit com-
primirt habe, und daß bei einem äußern Drucke von 500 Atmosphä-

Neunzehnte Vorleſung.



Verſuche mit verdichteter Luft.Compreſſionsluft-
pumpe
. — Windbuͤchſe.

Nicht bloß die Verduͤnnung der Luft, m. h. H., von welcher
ich bisher nur geredet habe, ſondern auch die Verdichtung der Luft
vermittelſt der Luftpumpe bietet uns manches Belehrende dar;
indeß laͤßt ſich die Verdichtung nur in Faͤllen, wo man ſich ſehr
feſter Gefaͤße bedienen kann, bis zu einem hohen Grade treiben.
Warum die Gefahr des Zerſprengens der Gefaͤße hier in ſo hohem
Grade waͤchſt, laͤßt ſich ſehr leicht uͤberſehen, indem erſtlich ſchon
die Woͤlbung eines Gefaͤßes von der erhabenen oder convexen Seite
einen viel groͤßern Druck, als von der hohlen Seite, auszuhalten
im Stande iſt, und zweitens bei der Verduͤnnung der Luft, wenn
dieſe auch den hoͤchſten Grad erreicht, der Druck doch nur eine At-
moſphaͤre, ungefehr 15½ Pfund auf den Quadratzoll, betragen kann,
ſtatt daß eine 10fach verdichtete Luft die innere Oberflaͤche des Ge-
faͤßes mit 10 Atmoſphaͤren, mit 155 Pfund Druck auf jeden Qua-
dratzoll, nach außen draͤngt, waͤhrend der Gegendruck von außen
nur 15½ Pfund iſt. Wie ſtark, ſelbſt bei engen Roͤhren die Glas-
waͤnde ſein muͤſſen, damit das Gefaͤß nicht zerriſſen werde, habe
ich bei einer andern Gelegenheit erwaͤhnt; wollte man mit gleicher
Sicherheit in einem Cylinder von 6 Zoll Durchmeſſer Verſuche an-
ſtellen, ſo muͤßten die Waͤnde uͤber 3 Zoll dick ſein, und da nach
Faraday's Bemerkung das mit verdichteter Luft gefuͤllte Gefaͤß
oft bei den leichteſten Stoͤßen ſpringt, wenn es auch waͤhrend voͤlli-
ger Ruhe Widerſtand genug leiſtete, ſo wuͤrde man kaum, ſelbſt bei
ſo großer Dicke der Waͤnde, es wagen, ein Glasgefaͤß von einiger
Groͤße zu 100fachen und mehrfachen Verdichtungen zu gebrauchen.
In kleineren Glasgefaͤßen und in metallenen Gefaͤßen hat man
dennoch die Verdichtungen bis auf einen hohen Grad getrieben, in-
dem zum Beiſpiel Perkins angiebt, daß er bei 2000 Atmoſphaͤ-
ren Druck das Waſſer bis auf ſeiner natuͤrlichen Dichtigkeit com-
primirt habe, und daß bei einem aͤußern Drucke von 500 Atmoſphaͤ-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0285" n="263"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Neunzehnte Vorle&#x017F;ung</hi>.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Ver&#x017F;uche mit verdichteter Luft.</hi> &#x2014; <hi rendition="#g">Compre&#x017F;&#x017F;ionsluft-<lb/>
pumpe</hi>. &#x2014; <hi rendition="#g">Windbu&#x0364;ch&#x017F;e</hi>.</head><lb/>
          <p>Nicht bloß die Verdu&#x0364;nnung der Luft, m. h. H., von welcher<lb/>
ich bisher nur geredet habe, &#x017F;ondern auch die Verdichtung der Luft<lb/>
vermittel&#x017F;t der Luftpumpe bietet uns manches Belehrende dar;<lb/>
indeß la&#x0364;ßt &#x017F;ich die Verdichtung nur in Fa&#x0364;llen, wo man &#x017F;ich &#x017F;ehr<lb/>
fe&#x017F;ter Gefa&#x0364;ße bedienen kann, bis zu einem hohen Grade treiben.<lb/>
Warum die Gefahr des Zer&#x017F;prengens der Gefa&#x0364;ße hier in &#x017F;o hohem<lb/>
Grade wa&#x0364;ch&#x017F;t, la&#x0364;ßt &#x017F;ich &#x017F;ehr leicht u&#x0364;ber&#x017F;ehen, indem er&#x017F;tlich &#x017F;chon<lb/>
die Wo&#x0364;lbung eines Gefa&#x0364;ßes von der erhabenen oder convexen Seite<lb/>
einen viel gro&#x0364;ßern Druck, als von der hohlen Seite, auszuhalten<lb/>
im Stande i&#x017F;t, und zweitens bei der Verdu&#x0364;nnung der Luft, wenn<lb/>
die&#x017F;e auch den ho&#x0364;ch&#x017F;ten Grad erreicht, der Druck doch nur eine At-<lb/>
mo&#x017F;pha&#x0364;re, ungefehr 15½ Pfund auf den Quadratzoll, betragen kann,<lb/>
&#x017F;tatt daß eine 10fach verdichtete Luft die innere Oberfla&#x0364;che des Ge-<lb/>
fa&#x0364;ßes mit 10 Atmo&#x017F;pha&#x0364;ren, mit 155 Pfund Druck auf jeden Qua-<lb/>
dratzoll, nach außen dra&#x0364;ngt, wa&#x0364;hrend der Gegendruck von außen<lb/>
nur 15½ Pfund i&#x017F;t. Wie &#x017F;tark, &#x017F;elb&#x017F;t bei engen Ro&#x0364;hren die Glas-<lb/>
wa&#x0364;nde &#x017F;ein mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, damit das Gefa&#x0364;ß nicht zerri&#x017F;&#x017F;en werde, habe<lb/>
ich bei einer andern Gelegenheit erwa&#x0364;hnt; wollte man mit gleicher<lb/>
Sicherheit in einem Cylinder von 6 Zoll Durchme&#x017F;&#x017F;er Ver&#x017F;uche an-<lb/>
&#x017F;tellen, &#x017F;o mu&#x0364;ßten die Wa&#x0364;nde u&#x0364;ber 3 Zoll dick &#x017F;ein, und da nach<lb/><hi rendition="#g">Faraday's</hi> Bemerkung das mit verdichteter Luft gefu&#x0364;llte Gefa&#x0364;ß<lb/>
oft bei den leichte&#x017F;ten Sto&#x0364;ßen &#x017F;pringt, wenn es auch wa&#x0364;hrend vo&#x0364;lli-<lb/>
ger Ruhe Wider&#x017F;tand genug lei&#x017F;tete, &#x017F;o wu&#x0364;rde man kaum, &#x017F;elb&#x017F;t bei<lb/>
&#x017F;o großer Dicke der Wa&#x0364;nde, es wagen, ein Glasgefa&#x0364;ß von einiger<lb/>
Gro&#x0364;ße zu 100fachen und mehrfachen Verdichtungen zu gebrauchen.<lb/>
In kleineren Glasgefa&#x0364;ßen und in metallenen Gefa&#x0364;ßen hat man<lb/>
dennoch die Verdichtungen bis auf einen hohen Grad getrieben, in-<lb/>
dem zum Bei&#x017F;piel <hi rendition="#g">Perkins</hi> angiebt, daß er bei 2000 Atmo&#x017F;pha&#x0364;-<lb/>
ren Druck das Wa&#x017F;&#x017F;er bis auf <formula notation="TeX">\frac{11}{12}</formula> &#x017F;einer natu&#x0364;rlichen Dichtigkeit com-<lb/>
primirt habe, und daß bei einem a&#x0364;ußern Drucke von 500 Atmo&#x017F;pha&#x0364;-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[263/0285] Neunzehnte Vorleſung. Verſuche mit verdichteter Luft. — Compreſſionsluft- pumpe. — Windbuͤchſe. Nicht bloß die Verduͤnnung der Luft, m. h. H., von welcher ich bisher nur geredet habe, ſondern auch die Verdichtung der Luft vermittelſt der Luftpumpe bietet uns manches Belehrende dar; indeß laͤßt ſich die Verdichtung nur in Faͤllen, wo man ſich ſehr feſter Gefaͤße bedienen kann, bis zu einem hohen Grade treiben. Warum die Gefahr des Zerſprengens der Gefaͤße hier in ſo hohem Grade waͤchſt, laͤßt ſich ſehr leicht uͤberſehen, indem erſtlich ſchon die Woͤlbung eines Gefaͤßes von der erhabenen oder convexen Seite einen viel groͤßern Druck, als von der hohlen Seite, auszuhalten im Stande iſt, und zweitens bei der Verduͤnnung der Luft, wenn dieſe auch den hoͤchſten Grad erreicht, der Druck doch nur eine At- moſphaͤre, ungefehr 15½ Pfund auf den Quadratzoll, betragen kann, ſtatt daß eine 10fach verdichtete Luft die innere Oberflaͤche des Ge- faͤßes mit 10 Atmoſphaͤren, mit 155 Pfund Druck auf jeden Qua- dratzoll, nach außen draͤngt, waͤhrend der Gegendruck von außen nur 15½ Pfund iſt. Wie ſtark, ſelbſt bei engen Roͤhren die Glas- waͤnde ſein muͤſſen, damit das Gefaͤß nicht zerriſſen werde, habe ich bei einer andern Gelegenheit erwaͤhnt; wollte man mit gleicher Sicherheit in einem Cylinder von 6 Zoll Durchmeſſer Verſuche an- ſtellen, ſo muͤßten die Waͤnde uͤber 3 Zoll dick ſein, und da nach Faraday's Bemerkung das mit verdichteter Luft gefuͤllte Gefaͤß oft bei den leichteſten Stoͤßen ſpringt, wenn es auch waͤhrend voͤlli- ger Ruhe Widerſtand genug leiſtete, ſo wuͤrde man kaum, ſelbſt bei ſo großer Dicke der Waͤnde, es wagen, ein Glasgefaͤß von einiger Groͤße zu 100fachen und mehrfachen Verdichtungen zu gebrauchen. In kleineren Glasgefaͤßen und in metallenen Gefaͤßen hat man dennoch die Verdichtungen bis auf einen hohen Grad getrieben, in- dem zum Beiſpiel Perkins angiebt, daß er bei 2000 Atmoſphaͤ- ren Druck das Waſſer bis auf [FORMEL] ſeiner natuͤrlichen Dichtigkeit com- primirt habe, und daß bei einem aͤußern Drucke von 500 Atmoſphaͤ-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/285
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/285>, abgerufen am 22.11.2024.