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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830.

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ein Viertel der ganzen Wellenlänge vom Endpuncte, erreicht. In
dem Augenblicke, da der Endpunct eines Wellenberges, welches zu-
gleich der Anfangspunct eines Wellenthales ist, in diesem Puncte e
(Fig. 105. II.) ankommt, ist die vordere Hälfte des Wellenberges
zurückkehrend mit der zweiten, erst andrängenden Hälfte des Wel-
lenberges vereinigt, und von e an befindet sich gegen die Wand zu
ein doppelt angeschwellter Wellenberg ef, e aber hat die Höhe der
dem Gleichgewichte entsprechenden Wasser-Oberfläche. Ist ein
Viertel einer Wellenlänge vorbei gerückt, so wäre die Tiefe des her-
andringenden Wellenthales und zugleich die Höhe des zurückkehren-
den Wellenberges in eben dem Puncte e angekommen; diese gleichen
einander aus, und k (Fig. 105. III.) hat noch immer die vorige
Höhe, während nun zugleich auch von c bis an die Wand die
Oberfläche horizontal ist. Nach einer gleichen Zeit sind in c e
(Fig. 105. IV.) der zurückkommende Anfangspunct und der her-
andringende Endpunct des Wellenthales vereinigt; ein tiefes Wel-
lenthal liegt zwischen e und der Wand, aber in e ist die Wasser-
höhe noch immer dieselbe. Während so in dem Interferenzpuncte,
wo das Anschwellen des Wellenberges allemal durch ein zurück-
kehrendes Wellenthal aufgehoben wird, die Oberfläche immer gleich
hoch bleibt, gehen entgegengesetzte Oscillationen unter diesem Puncte
vorbei, indem zwischen dem Augenblicke, da der höchste Wellen-
berg und da das tiefste Wellenthal sich zwischen ihm und der
Wand befindet, offenbar die doppelte in eft enthaltene Wasser-
masse unter e hinauswärts fließt, und in dem folgenden, dem
Vorübergange einer halben Wellenlänge gleichem Zeitraume eben-
soviel Wasser wieder hereinfließt; und diese Oscillationen, deren
Dauer in der einen Richtung und in der andern Richtung dem
doppelten Zeitraume des Vorrückens der Welle von e bis t (Fig.
105. II.
) gleich ist, wiederholen sich unaufhörlich.

Um diese Betrachtung der Wellenbewegung dem noch etwas
näher zu bringen, was sich in den Orgelpfeifen uns zeigt, will
ich noch eine Bemerkung beifügen. Befände sich die ganze in
Wellenbewegung gesetze Masse in einem Canale, so dürfte man
den Wänden dieses Canales in jenem Interferenzpuncte einen
Einschnitt bis auf die Tiefe, welche der Wasserhöhe im Ruhe-
stande gleich ist, geben, ohne ein Ausfließen des Wassers zu be-

ein Viertel der ganzen Wellenlaͤnge vom Endpuncte, erreicht. In
dem Augenblicke, da der Endpunct eines Wellenberges, welches zu-
gleich der Anfangspunct eines Wellenthales iſt, in dieſem Puncte e
(Fig. 105. II.) ankommt, iſt die vordere Haͤlfte des Wellenberges
zuruͤckkehrend mit der zweiten, erſt andraͤngenden Haͤlfte des Wel-
lenberges vereinigt, und von e an befindet ſich gegen die Wand zu
ein doppelt angeſchwellter Wellenberg ef, e aber hat die Hoͤhe der
dem Gleichgewichte entſprechenden Waſſer-Oberflaͤche. Iſt ein
Viertel einer Wellenlaͤnge vorbei geruͤckt, ſo waͤre die Tiefe des her-
andringenden Wellenthales und zugleich die Hoͤhe des zuruͤckkehren-
den Wellenberges in eben dem Puncte e angekommen; dieſe gleichen
einander aus, und k (Fig. 105. III.) hat noch immer die vorige
Hoͤhe, waͤhrend nun zugleich auch von c bis an die Wand die
Oberflaͤche horizontal iſt. Nach einer gleichen Zeit ſind in c e
(Fig. 105. IV.) der zuruͤckkommende Anfangspunct und der her-
andringende Endpunct des Wellenthales vereinigt; ein tiefes Wel-
lenthal liegt zwiſchen e und der Wand, aber in e iſt die Waſſer-
hoͤhe noch immer dieſelbe. Waͤhrend ſo in dem Interferenzpuncte,
wo das Anſchwellen des Wellenberges allemal durch ein zuruͤck-
kehrendes Wellenthal aufgehoben wird, die Oberflaͤche immer gleich
hoch bleibt, gehen entgegengeſetzte Oſcillationen unter dieſem Puncte
vorbei, indem zwiſchen dem Augenblicke, da der hoͤchſte Wellen-
berg und da das tiefſte Wellenthal ſich zwiſchen ihm und der
Wand befindet, offenbar die doppelte in eft enthaltene Waſſer-
maſſe unter e hinauswaͤrts fließt, und in dem folgenden, dem
Voruͤbergange einer halben Wellenlaͤnge gleichem Zeitraume eben-
ſoviel Waſſer wieder hereinfließt; und dieſe Oſcillationen, deren
Dauer in der einen Richtung und in der andern Richtung dem
doppelten Zeitraume des Vorruͤckens der Welle von e bis t (Fig.
105. II.
) gleich iſt, wiederholen ſich unaufhoͤrlich.

Um dieſe Betrachtung der Wellenbewegung dem noch etwas
naͤher zu bringen, was ſich in den Orgelpfeifen uns zeigt, will
ich noch eine Bemerkung beifuͤgen. Befaͤnde ſich die ganze in
Wellenbewegung geſetze Maſſe in einem Canale, ſo duͤrfte man
den Waͤnden dieſes Canales in jenem Interferenzpuncte einen
Einſchnitt bis auf die Tiefe, welche der Waſſerhoͤhe im Ruhe-
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[332/0354] ein Viertel der ganzen Wellenlaͤnge vom Endpuncte, erreicht. In dem Augenblicke, da der Endpunct eines Wellenberges, welches zu- gleich der Anfangspunct eines Wellenthales iſt, in dieſem Puncte e (Fig. 105. II.) ankommt, iſt die vordere Haͤlfte des Wellenberges zuruͤckkehrend mit der zweiten, erſt andraͤngenden Haͤlfte des Wel- lenberges vereinigt, und von e an befindet ſich gegen die Wand zu ein doppelt angeſchwellter Wellenberg ef, e aber hat die Hoͤhe der dem Gleichgewichte entſprechenden Waſſer-Oberflaͤche. Iſt ein Viertel einer Wellenlaͤnge vorbei geruͤckt, ſo waͤre die Tiefe des her- andringenden Wellenthales und zugleich die Hoͤhe des zuruͤckkehren- den Wellenberges in eben dem Puncte e angekommen; dieſe gleichen einander aus, und k (Fig. 105. III.) hat noch immer die vorige Hoͤhe, waͤhrend nun zugleich auch von c bis an die Wand die Oberflaͤche horizontal iſt. Nach einer gleichen Zeit ſind in c e (Fig. 105. IV.) der zuruͤckkommende Anfangspunct und der her- andringende Endpunct des Wellenthales vereinigt; ein tiefes Wel- lenthal liegt zwiſchen e und der Wand, aber in e iſt die Waſſer- hoͤhe noch immer dieſelbe. Waͤhrend ſo in dem Interferenzpuncte, wo das Anſchwellen des Wellenberges allemal durch ein zuruͤck- kehrendes Wellenthal aufgehoben wird, die Oberflaͤche immer gleich hoch bleibt, gehen entgegengeſetzte Oſcillationen unter dieſem Puncte vorbei, indem zwiſchen dem Augenblicke, da der hoͤchſte Wellen- berg und da das tiefſte Wellenthal ſich zwiſchen ihm und der Wand befindet, offenbar die doppelte in eft enthaltene Waſſer- maſſe unter e hinauswaͤrts fließt, und in dem folgenden, dem Voruͤbergange einer halben Wellenlaͤnge gleichem Zeitraume eben- ſoviel Waſſer wieder hereinfließt; und dieſe Oſcillationen, deren Dauer in der einen Richtung und in der andern Richtung dem doppelten Zeitraume des Vorruͤckens der Welle von e bis t (Fig. 105. II.) gleich iſt, wiederholen ſich unaufhoͤrlich. Um dieſe Betrachtung der Wellenbewegung dem noch etwas naͤher zu bringen, was ſich in den Orgelpfeifen uns zeigt, will ich noch eine Bemerkung beifuͤgen. Befaͤnde ſich die ganze in Wellenbewegung geſetze Maſſe in einem Canale, ſo duͤrfte man den Waͤnden dieſes Canales in jenem Interferenzpuncte einen Einſchnitt bis auf die Tiefe, welche der Waſſerhoͤhe im Ruhe- ſtande gleich iſt, geben, ohne ein Ausfließen des Waſſers zu be-

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/354>, abgerufen am 16.05.2024.