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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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das weiße Sonnenbild lag, entfernt finden, oder mit andern
Worten, da wir den Lichtstrahl, der sich violett zeigt, am meisten
von seiner ursprünglichen Richtung abgelenkt finden, den blauen,
grünen, gelben, rothen in dieser Ordnung immer weniger; so sagen
wir, aus dem weißen Lichtstrahle gehen farbige Lichtstrahlen her-
vor, die ungleich gebrochen werden, der violette am stärksten,
der blaue etwas weniger, der grüne, gelbe, orangefarbene immer
weniger, der rothe am wenigsten. Aus dieser ungleichen Brechbar-
keit lassen sich alle Umstände, die wir bei diesem farbigen Sonnen-
bilde bemerken, erklären, und alle fernern Experimente zeigen, daß
wir genöthigt sind, sie anzunehmen. Schon Newton machte die
Bemerkung, daß das Sonnenbild auch nach dem Durchgange durch
das Prisma auf einer dem Strahle senkrecht dargebotenen Tafel fast
genau rund, aber roth, erscheinen würde, wenn die Sonne uns nur
rothe Strahlen zusendete, Strahlen nämlich von gleicher Brechbar-
keit; daß eine gelbe Sonne ein andres rundes Bild geben würde,
und zwar etwas weiter von der Richtung der grade fortgehenden
Strahlen entfernt, weil die gelben Strahlen etwas mehr gebrochen
werden; daß eine grüne Sonne, eine blaue Sonne, eine violette
Sonne, wenn wir uns ihre Strahlen nach und nach auf gleiche
Weise einfallend verschaffen könnten, ein verschieden gefärbtes run-
des Bild, jedes folgende weiter von der Richtung des ungebrochenen
Strahles entfernt, geben würden. Indem nun, schloß Newton
weiter, diese verschiedenen Bilder zu gleicher Zeit aus den weißen
Strahlen hervorgehen, und sich so wie Fig. 84. zeigt, neben einan-
der darstellen, zugleich aber sich in ihren auf einander fallenden
Rändern mischen, entsteht das längliche Farbenbild AB, das am
Ende r roth, am andern Ende v violett ist, und die Farben r roth,
o orange, g gelb, gr grün, b blau, v violett darstellt. Dieses
kann entweder so wie Fig. 84. aus einer Reihe von Farben,
Violett am einen, Roth am andern Ende, mit Mischungs-Ueber-
gängen vom Violett zum Blau, vom Blau zum Grün, vom Grün
zum Gelb, vom Gelb zum Orange, vom Orange zum Roth, ent-
stehen, oder sich bloß an den Enden gefärbt, in der Mitte weiß,
darstellen, weil die Mischung aus allen Farben, die offenbar in Fig.
85.
in der Mitte eintritt, wieder eben die Einwirkung auf unser
Gesicht hervorbringt, wie sie bei dem freien Sonnenstrahle, in wel-

das weiße Sonnenbild lag, entfernt finden, oder mit andern
Worten, da wir den Lichtſtrahl, der ſich violett zeigt, am meiſten
von ſeiner urſpruͤnglichen Richtung abgelenkt finden, den blauen,
gruͤnen, gelben, rothen in dieſer Ordnung immer weniger; ſo ſagen
wir, aus dem weißen Lichtſtrahle gehen farbige Lichtſtrahlen her-
vor, die ungleich gebrochen werden, der violette am ſtaͤrkſten,
der blaue etwas weniger, der gruͤne, gelbe, orangefarbene immer
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keit laſſen ſich alle Umſtaͤnde, die wir bei dieſem farbigen Sonnen-
bilde bemerken, erklaͤren, und alle fernern Experimente zeigen, daß
wir genoͤthigt ſind, ſie anzunehmen. Schon Newton machte die
Bemerkung, daß das Sonnenbild auch nach dem Durchgange durch
das Prisma auf einer dem Strahle ſenkrecht dargebotenen Tafel faſt
genau rund, aber roth, erſcheinen wuͤrde, wenn die Sonne uns nur
rothe Strahlen zuſendete, Strahlen naͤmlich von gleicher Brechbar-
keit; daß eine gelbe Sonne ein andres rundes Bild geben wuͤrde,
und zwar etwas weiter von der Richtung der grade fortgehenden
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werden; daß eine gruͤne Sonne, eine blaue Sonne, eine violette
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Weiſe einfallend verſchaffen koͤnnten, ein verſchieden gefaͤrbtes run-
des Bild, jedes folgende weiter von der Richtung des ungebrochenen
Strahles entfernt, geben wuͤrden. Indem nun, ſchloß Newton
weiter, dieſe verſchiedenen Bilder zu gleicher Zeit aus den weißen
Strahlen hervorgehen, und ſich ſo wie Fig. 84. zeigt, neben einan-
der darſtellen, zugleich aber ſich in ihren auf einander fallenden
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Ende r roth, am andern Ende v violett iſt, und die Farben r roth,
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kann entweder ſo wie Fig. 84. aus einer Reihe von Farben,
Violett am einen, Roth am andern Ende, mit Miſchungs-Ueber-
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zum Gelb, vom Gelb zum Orange, vom Orange zum Roth, ent-
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85.
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[170/0184] das weiße Sonnenbild lag, entfernt finden, oder mit andern Worten, da wir den Lichtſtrahl, der ſich violett zeigt, am meiſten von ſeiner urſpruͤnglichen Richtung abgelenkt finden, den blauen, gruͤnen, gelben, rothen in dieſer Ordnung immer weniger; ſo ſagen wir, aus dem weißen Lichtſtrahle gehen farbige Lichtſtrahlen her- vor, die ungleich gebrochen werden, der violette am ſtaͤrkſten, der blaue etwas weniger, der gruͤne, gelbe, orangefarbene immer weniger, der rothe am wenigſten. Aus dieſer ungleichen Brechbar- keit laſſen ſich alle Umſtaͤnde, die wir bei dieſem farbigen Sonnen- bilde bemerken, erklaͤren, und alle fernern Experimente zeigen, daß wir genoͤthigt ſind, ſie anzunehmen. Schon Newton machte die Bemerkung, daß das Sonnenbild auch nach dem Durchgange durch das Prisma auf einer dem Strahle ſenkrecht dargebotenen Tafel faſt genau rund, aber roth, erſcheinen wuͤrde, wenn die Sonne uns nur rothe Strahlen zuſendete, Strahlen naͤmlich von gleicher Brechbar- keit; daß eine gelbe Sonne ein andres rundes Bild geben wuͤrde, und zwar etwas weiter von der Richtung der grade fortgehenden Strahlen entfernt, weil die gelben Strahlen etwas mehr gebrochen werden; daß eine gruͤne Sonne, eine blaue Sonne, eine violette Sonne, wenn wir uns ihre Strahlen nach und nach auf gleiche Weiſe einfallend verſchaffen koͤnnten, ein verſchieden gefaͤrbtes run- des Bild, jedes folgende weiter von der Richtung des ungebrochenen Strahles entfernt, geben wuͤrden. Indem nun, ſchloß Newton weiter, dieſe verſchiedenen Bilder zu gleicher Zeit aus den weißen Strahlen hervorgehen, und ſich ſo wie Fig. 84. zeigt, neben einan- der darſtellen, zugleich aber ſich in ihren auf einander fallenden Raͤndern miſchen, entſteht das laͤngliche Farbenbild AB, das am Ende r roth, am andern Ende v violett iſt, und die Farben r roth, o orange, g gelb, gr gruͤn, b blau, v violett darſtellt. Dieſes kann entweder ſo wie Fig. 84. aus einer Reihe von Farben, Violett am einen, Roth am andern Ende, mit Miſchungs-Ueber- gaͤngen vom Violett zum Blau, vom Blau zum Gruͤn, vom Gruͤn zum Gelb, vom Gelb zum Orange, vom Orange zum Roth, ent- ſtehen, oder ſich bloß an den Enden gefaͤrbt, in der Mitte weiß, darſtellen, weil die Miſchung aus allen Farben, die offenbar in Fig. 85. in der Mitte eintritt, wieder eben die Einwirkung auf unſer Geſicht hervorbringt, wie ſie bei dem freien Sonnenſtrahle, in wel-

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/184>, abgerufen am 21.11.2024.