Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

ten würde. Dieser Einwurf ist nicht ganz ungegründet, indem zum
Beispiel, wenn wqx = 36° ist, ein Ring von ungefähr 56 Grad
Halbmesser entstände, wenn jener 64 Grad ist, dieser von 43 Gr.
Halbmesser für die rothen Strahlen wird; aber dabei tritt nun
doch der merkwürdige Umstand ein, daß für den Winkel wqx =
70° bis wqx = 90°, wo dieser Ring so klein, als es überhaupt
möglich ist, wird, seine Größe fast völlig gleich bleibt, und also diese
unter so verschiedenen Winkeln verbundenen Prismen, wenn sie in
der richtigen Stellung gegen den Lichtstrahl sind, alle geeignet sind,
einen rothen Ring von 42° 30', einen violetten Ring von 44°
Halbmesser hervorzubringen. Dieser Halbmesser des Ringes ist ge-
nau -- so weit die wenigen bis jetzt angestellten Messungen dies zu
behaupten gestatten, -- der Halbmesser des beobachteten zweiten
Ringes, welcher also hiernach aus zwei vereinigt wirkenden Ursachen
zu entstehen scheint. Es ist nämlich grade bei der Brechung im Eise
der Abstand von der Sonne, in welcher dieser zweite Ring, durch
zweimalige Brechung entstanden, sich zeigen muß, für die rothen
Strahlen 42° 30', für die mittleren Strahlen 43° 15', für die
violetten Strahlen 44°, und die Entfernung, wo jener blaue
Rand sich zeigen muß, für die violetten Strahlen 43° 40', für
die blauen Strahlen ungefähr 43° 30'; das Blau des letztern
mischt sich mit dem Grün des erstern, das Blau des erstern mit dem
Violett des letztern, und grade diese Mischungen scheinen vollkom-
men geeignet, das schöne Violett, Blau, Grün hervorzubringen,
wodurch dieser Ring sich auszeichnet. Genauere Messungen und
eine noch schärfere Bestimmung der Farbenzerstreuung im Eise
werden zeigen, ob diese Erklärung die richtige ist.

Nebensonnen.

Diese Ringe oder großen Höfe um die Sonne erscheinen
selten ohne Nebensonnen, und besonders der innere, so oft er-
scheinende Ring zeigt gewöhnlich horizontal neben der Sonne oder
neben dem Monde zwei Nebensonnen oder zwei Nebenmonde.
Sie liegen da, wo der weiße Horizontalkreis den Ring durchschnei-
det, und sind sehr oft kenntlich, wenn auch der weiße Horizontal-
kreis selbst nicht deutlich zu sehen ist. Sie zeigen die Farben, die
dem innern Ringe eigen sind, etwas lebhafter, und haben gewöhn-

O 2

ten wuͤrde. Dieſer Einwurf iſt nicht ganz ungegruͤndet, indem zum
Beiſpiel, wenn wqx = 36° iſt, ein Ring von ungefaͤhr 56 Grad
Halbmeſſer entſtaͤnde, wenn jener 64 Grad iſt, dieſer von 43 Gr.
Halbmeſſer fuͤr die rothen Strahlen wird; aber dabei tritt nun
doch der merkwuͤrdige Umſtand ein, daß fuͤr den Winkel wqx =
70° bis wqx = 90°, wo dieſer Ring ſo klein, als es uͤberhaupt
moͤglich iſt, wird, ſeine Groͤße faſt voͤllig gleich bleibt, und alſo dieſe
unter ſo verſchiedenen Winkeln verbundenen Prismen, wenn ſie in
der richtigen Stellung gegen den Lichtſtrahl ſind, alle geeignet ſind,
einen rothen Ring von 42° 30', einen violetten Ring von 44°
Halbmeſſer hervorzubringen. Dieſer Halbmeſſer des Ringes iſt ge-
nau — ſo weit die wenigen bis jetzt angeſtellten Meſſungen dies zu
behaupten geſtatten, — der Halbmeſſer des beobachteten zweiten
Ringes, welcher alſo hiernach aus zwei vereinigt wirkenden Urſachen
zu entſtehen ſcheint. Es iſt naͤmlich grade bei der Brechung im Eiſe
der Abſtand von der Sonne, in welcher dieſer zweite Ring, durch
zweimalige Brechung entſtanden, ſich zeigen muß, fuͤr die rothen
Strahlen 42° 30', fuͤr die mittleren Strahlen 43° 15', fuͤr die
violetten Strahlen 44°, und die Entfernung, wo jener blaue
Rand ſich zeigen muß, fuͤr die violetten Strahlen 43° 40', fuͤr
die blauen Strahlen ungefaͤhr 43° 30'; das Blau des letztern
miſcht ſich mit dem Gruͤn des erſtern, das Blau des erſtern mit dem
Violett des letztern, und grade dieſe Miſchungen ſcheinen vollkom-
men geeignet, das ſchoͤne Violett, Blau, Gruͤn hervorzubringen,
wodurch dieſer Ring ſich auszeichnet. Genauere Meſſungen und
eine noch ſchaͤrfere Beſtimmung der Farbenzerſtreuung im Eiſe
werden zeigen, ob dieſe Erklaͤrung die richtige iſt.

Nebenſonnen.

Dieſe Ringe oder großen Hoͤfe um die Sonne erſcheinen
ſelten ohne Nebenſonnen, und beſonders der innere, ſo oft er-
ſcheinende Ring zeigt gewoͤhnlich horizontal neben der Sonne oder
neben dem Monde zwei Nebenſonnen oder zwei Nebenmonde.
Sie liegen da, wo der weiße Horizontalkreis den Ring durchſchnei-
det, und ſind ſehr oft kenntlich, wenn auch der weiße Horizontal-
kreis ſelbſt nicht deutlich zu ſehen iſt. Sie zeigen die Farben, die
dem innern Ringe eigen ſind, etwas lebhafter, und haben gewoͤhn-

O 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0225" n="211"/>
ten wu&#x0364;rde.                         Die&#x017F;er Einwurf i&#x017F;t nicht ganz ungegru&#x0364;ndet,                         indem zum<lb/>
Bei&#x017F;piel, wenn <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">wqx</hi></hi> = 36° i&#x017F;t, ein Ring von ungefa&#x0364;hr 56                         Grad<lb/>
Halbme&#x017F;&#x017F;er ent&#x017F;ta&#x0364;nde,                         wenn jener 64 Grad i&#x017F;t, die&#x017F;er von 43                         Gr.<lb/>
Halbme&#x017F;&#x017F;er fu&#x0364;r die rothen Strahlen                         wird; aber dabei tritt nun<lb/>
doch der merkwu&#x0364;rdige                         Um&#x017F;tand ein, daß fu&#x0364;r den Winkel <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">wqx</hi></hi> =<lb/>
70° bis <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">wqx</hi></hi> = 90°, wo die&#x017F;er Ring &#x017F;o klein, als es                         u&#x0364;berhaupt<lb/>
mo&#x0364;glich i&#x017F;t, wird,                         &#x017F;eine Gro&#x0364;ße fa&#x017F;t vo&#x0364;llig gleich                         bleibt, und al&#x017F;o die&#x017F;e<lb/>
unter &#x017F;o                         ver&#x017F;chiedenen Winkeln verbundenen Prismen, wenn &#x017F;ie                         in<lb/>
der richtigen Stellung gegen den Licht&#x017F;trahl                         &#x017F;ind, alle geeignet &#x017F;ind,<lb/>
einen rothen Ring von                         42° 30', einen violetten Ring von 44°<lb/>
Halbme&#x017F;&#x017F;er                         hervorzubringen. Die&#x017F;er Halbme&#x017F;&#x017F;er des                         Ringes i&#x017F;t ge-<lb/>
nau &#x2014; &#x017F;o weit die                         wenigen bis jetzt ange&#x017F;tellten Me&#x017F;&#x017F;ungen                         dies zu<lb/>
behaupten ge&#x017F;tatten, &#x2014; der                         Halbme&#x017F;&#x017F;er des beobachteten zweiten<lb/>
Ringes,                         welcher al&#x017F;o hiernach aus zwei vereinigt wirkenden                         Ur&#x017F;achen<lb/>
zu ent&#x017F;tehen &#x017F;cheint. Es                         i&#x017F;t na&#x0364;mlich grade bei der Brechung im                         Ei&#x017F;e<lb/>
der Ab&#x017F;tand von der Sonne, in welcher                         die&#x017F;er zweite Ring, durch<lb/>
zweimalige Brechung                         ent&#x017F;tanden, &#x017F;ich zeigen muß, fu&#x0364;r die                         rothen<lb/>
Strahlen 42° 30', fu&#x0364;r die mittleren Strahlen 43° 15',                         fu&#x0364;r die<lb/>
violetten Strahlen 44°, und die Entfernung, wo jener                         blaue<lb/>
Rand &#x017F;ich zeigen muß, fu&#x0364;r die violetten                         Strahlen 43° 40', fu&#x0364;r<lb/>
die blauen Strahlen                         ungefa&#x0364;hr 43° 30'; das Blau des letztern<lb/>
mi&#x017F;cht                         &#x017F;ich mit dem Gru&#x0364;n des er&#x017F;tern, das Blau                         des er&#x017F;tern mit dem<lb/>
Violett des letztern, und grade                         die&#x017F;e Mi&#x017F;chungen &#x017F;cheinen vollkom-<lb/>
men                         geeignet, das &#x017F;cho&#x0364;ne Violett, Blau, Gru&#x0364;n                         hervorzubringen,<lb/>
wodurch die&#x017F;er Ring &#x017F;ich                         auszeichnet. Genauere Me&#x017F;&#x017F;ungen und<lb/>
eine noch                         &#x017F;cha&#x0364;rfere Be&#x017F;timmung der                         Farbenzer&#x017F;treuung im Ei&#x017F;e<lb/>
werden zeigen, ob                         die&#x017F;e Erkla&#x0364;rung die richtige i&#x017F;t.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Neben&#x017F;onnen</hi>.</head><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Ringe oder großen Ho&#x0364;fe um die Sonne                         er&#x017F;cheinen<lb/>
&#x017F;elten ohne Neben&#x017F;onnen, und                         be&#x017F;onders der innere, &#x017F;o oft                         er-<lb/>
&#x017F;cheinende Ring zeigt gewo&#x0364;hnlich horizontal                         neben der Sonne oder<lb/>
neben dem Monde zwei Neben&#x017F;onnen oder                         zwei Nebenmonde.<lb/>
Sie liegen da, wo der weiße Horizontalkreis den Ring                         durch&#x017F;chnei-<lb/>
det, und &#x017F;ind &#x017F;ehr oft                         kenntlich, wenn auch der weiße Horizontal-<lb/>
kreis                         &#x017F;elb&#x017F;t nicht deutlich zu &#x017F;ehen                         i&#x017F;t. Sie zeigen die Farben, die<lb/>
dem innern Ringe eigen                         &#x017F;ind, etwas lebhafter, und haben gewo&#x0364;hn-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O 2</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[211/0225] ten wuͤrde. Dieſer Einwurf iſt nicht ganz ungegruͤndet, indem zum Beiſpiel, wenn wqx = 36° iſt, ein Ring von ungefaͤhr 56 Grad Halbmeſſer entſtaͤnde, wenn jener 64 Grad iſt, dieſer von 43 Gr. Halbmeſſer fuͤr die rothen Strahlen wird; aber dabei tritt nun doch der merkwuͤrdige Umſtand ein, daß fuͤr den Winkel wqx = 70° bis wqx = 90°, wo dieſer Ring ſo klein, als es uͤberhaupt moͤglich iſt, wird, ſeine Groͤße faſt voͤllig gleich bleibt, und alſo dieſe unter ſo verſchiedenen Winkeln verbundenen Prismen, wenn ſie in der richtigen Stellung gegen den Lichtſtrahl ſind, alle geeignet ſind, einen rothen Ring von 42° 30', einen violetten Ring von 44° Halbmeſſer hervorzubringen. Dieſer Halbmeſſer des Ringes iſt ge- nau — ſo weit die wenigen bis jetzt angeſtellten Meſſungen dies zu behaupten geſtatten, — der Halbmeſſer des beobachteten zweiten Ringes, welcher alſo hiernach aus zwei vereinigt wirkenden Urſachen zu entſtehen ſcheint. Es iſt naͤmlich grade bei der Brechung im Eiſe der Abſtand von der Sonne, in welcher dieſer zweite Ring, durch zweimalige Brechung entſtanden, ſich zeigen muß, fuͤr die rothen Strahlen 42° 30', fuͤr die mittleren Strahlen 43° 15', fuͤr die violetten Strahlen 44°, und die Entfernung, wo jener blaue Rand ſich zeigen muß, fuͤr die violetten Strahlen 43° 40', fuͤr die blauen Strahlen ungefaͤhr 43° 30'; das Blau des letztern miſcht ſich mit dem Gruͤn des erſtern, das Blau des erſtern mit dem Violett des letztern, und grade dieſe Miſchungen ſcheinen vollkom- men geeignet, das ſchoͤne Violett, Blau, Gruͤn hervorzubringen, wodurch dieſer Ring ſich auszeichnet. Genauere Meſſungen und eine noch ſchaͤrfere Beſtimmung der Farbenzerſtreuung im Eiſe werden zeigen, ob dieſe Erklaͤrung die richtige iſt. Nebenſonnen. Dieſe Ringe oder großen Hoͤfe um die Sonne erſcheinen ſelten ohne Nebenſonnen, und beſonders der innere, ſo oft er- ſcheinende Ring zeigt gewoͤhnlich horizontal neben der Sonne oder neben dem Monde zwei Nebenſonnen oder zwei Nebenmonde. Sie liegen da, wo der weiße Horizontalkreis den Ring durchſchnei- det, und ſind ſehr oft kenntlich, wenn auch der weiße Horizontal- kreis ſelbſt nicht deutlich zu ſehen iſt. Sie zeigen die Farben, die dem innern Ringe eigen ſind, etwas lebhafter, und haben gewoͤhn- O 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/225
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/225>, abgerufen am 21.11.2024.