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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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darstellen, statt daß andre Körper eine andre Farbe durchlassen und
eine andre zurückwerfen. Bei jenen müssen wir wohl annehmen,
daß sie die übrigen Farben ebenso größtentheils ganz aufheben, wie
es bei den undurchsichtigen Körpern mit den sämmtlichen Licht-
strahlen statt zu finden scheint, die nicht reflectirt werden; das
gelbe Glas absorbirt fast alle andern Strahlen, wirft von seiner
hintern Oberfläche, oder auch von seinen einzelnen Theilchen gelbe
Lichtstrahlen zurück und läßt die übrigen gelben Strahlen durch;
die an der Vorderfläche spiegelnd reflectirten Strahlen sind weiß,
indem auf sie der Körper noch nicht einwirkt. Die zweite Classe
von Körpern absorbirt allerdings auch Lichtstrahlen, absorbirt auch
wohl einige mehr als die andern, aber hat doch dabei die besondre
Eigenschaft, gewisse Farbenstrahlen durchzulassen, und die übrigen
zurückzuwerfen. Das weiße Knochenglas ist ein solcher Körper; es
läßt vorzüglich nur die tief rothen Strahlen durch und die allermei-
sten andern reflectirt es, so daß dieser Körper blaulich weiß erscheint,
wenn das Licht auf ihn fällt, -- weiß, weil so viele Farbenstrahlen
gemischt reflectirt werden, blaulich weiß, weil die rothen, durchge-
lassenen Strahlen in der Mischung dieser Farben fehlen und daher
das Blau darin überwiegend wird. Wenn man weiße Körper oder
Körper, in deren Färbung Roth ist, durch diese Glas-Art ansieht,
so erscheinen sie roth; blaue und grüne Körper dagegen erscheinen
beinahe schwarz, so daß man deutlich an der geringen übrig bleiben-
den Färbung von Blau oder Grün sieht, daß diese Farbenstrahlen
sehr unvollkommen durchgelassen werden. Eben diese Eigenschaft
zeigen auch manche flüssige Körper, indem zum Beispiel Milch,
wenn die Schichte dünne genug ist, um noch durchsichtig zu sein,
ziemlich eben die Erscheinungen wie jene Glas-Art darstellt. Auf-
fallender noch ist diese Scheidung der ungleichfarbigen Strahlen bei
einem Wasser, das einige Zeit aus Stücken von Rinde des wilden
Castanienbaumes die Säfte ausgezogen hat. Dieses Wasser sieht
schmutzig gelbbraun aus, wenn man es so gegen das Licht hält,
daß die Strahlen durchgehen; dagegen wenn man das Licht auf die
Oberfläche so fallen läßt, daß man nicht den Spiegelglanz des Son-
nenbildes erhält, sondern die Oberfläche ganz als erleuchtet, als
durch zerstreute Lichtstrahlen sich hell zeigend, sieht, erscheint diese
blau oder violettlichblau, so daß man sieht, die am meisten brech-

darſtellen, ſtatt daß andre Koͤrper eine andre Farbe durchlaſſen und
eine andre zuruͤckwerfen. Bei jenen muͤſſen wir wohl annehmen,
daß ſie die uͤbrigen Farben ebenſo groͤßtentheils ganz aufheben, wie
es bei den undurchſichtigen Koͤrpern mit den ſaͤmmtlichen Licht-
ſtrahlen ſtatt zu finden ſcheint, die nicht reflectirt werden; das
gelbe Glas abſorbirt faſt alle andern Strahlen, wirft von ſeiner
hintern Oberflaͤche, oder auch von ſeinen einzelnen Theilchen gelbe
Lichtſtrahlen zuruͤck und laͤßt die uͤbrigen gelben Strahlen durch;
die an der Vorderflaͤche ſpiegelnd reflectirten Strahlen ſind weiß,
indem auf ſie der Koͤrper noch nicht einwirkt. Die zweite Claſſe
von Koͤrpern abſorbirt allerdings auch Lichtſtrahlen, abſorbirt auch
wohl einige mehr als die andern, aber hat doch dabei die beſondre
Eigenſchaft, gewiſſe Farbenſtrahlen durchzulaſſen, und die uͤbrigen
zuruͤckzuwerfen. Das weiße Knochenglas iſt ein ſolcher Koͤrper; es
laͤßt vorzuͤglich nur die tief rothen Strahlen durch und die allermei-
ſten andern reflectirt es, ſo daß dieſer Koͤrper blaulich weiß erſcheint,
wenn das Licht auf ihn faͤllt, — weiß, weil ſo viele Farbenſtrahlen
gemiſcht reflectirt werden, blaulich weiß, weil die rothen, durchge-
laſſenen Strahlen in der Miſchung dieſer Farben fehlen und daher
das Blau darin uͤberwiegend wird. Wenn man weiße Koͤrper oder
Koͤrper, in deren Faͤrbung Roth iſt, durch dieſe Glas-Art anſieht,
ſo erſcheinen ſie roth; blaue und gruͤne Koͤrper dagegen erſcheinen
beinahe ſchwarz, ſo daß man deutlich an der geringen uͤbrig bleiben-
den Faͤrbung von Blau oder Gruͤn ſieht, daß dieſe Farbenſtrahlen
ſehr unvollkommen durchgelaſſen werden. Eben dieſe Eigenſchaft
zeigen auch manche fluͤſſige Koͤrper, indem zum Beiſpiel Milch,
wenn die Schichte duͤnne genug iſt, um noch durchſichtig zu ſein,
ziemlich eben die Erſcheinungen wie jene Glas-Art darſtellt. Auf-
fallender noch iſt dieſe Scheidung der ungleichfarbigen Strahlen bei
einem Waſſer, das einige Zeit aus Stuͤcken von Rinde des wilden
Caſtanienbaumes die Saͤfte ausgezogen hat. Dieſes Waſſer ſieht
ſchmutzig gelbbraun aus, wenn man es ſo gegen das Licht haͤlt,
daß die Strahlen durchgehen; dagegen wenn man das Licht auf die
Oberflaͤche ſo fallen laͤßt, daß man nicht den Spiegelglanz des Son-
nenbildes erhaͤlt, ſondern die Oberflaͤche ganz als erleuchtet, als
durch zerſtreute Lichtſtrahlen ſich hell zeigend, ſieht, erſcheint dieſe
blau oder violettlichblau, ſo daß man ſieht, die am meiſten brech-

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[219/0233] darſtellen, ſtatt daß andre Koͤrper eine andre Farbe durchlaſſen und eine andre zuruͤckwerfen. Bei jenen muͤſſen wir wohl annehmen, daß ſie die uͤbrigen Farben ebenſo groͤßtentheils ganz aufheben, wie es bei den undurchſichtigen Koͤrpern mit den ſaͤmmtlichen Licht- ſtrahlen ſtatt zu finden ſcheint, die nicht reflectirt werden; das gelbe Glas abſorbirt faſt alle andern Strahlen, wirft von ſeiner hintern Oberflaͤche, oder auch von ſeinen einzelnen Theilchen gelbe Lichtſtrahlen zuruͤck und laͤßt die uͤbrigen gelben Strahlen durch; die an der Vorderflaͤche ſpiegelnd reflectirten Strahlen ſind weiß, indem auf ſie der Koͤrper noch nicht einwirkt. Die zweite Claſſe von Koͤrpern abſorbirt allerdings auch Lichtſtrahlen, abſorbirt auch wohl einige mehr als die andern, aber hat doch dabei die beſondre Eigenſchaft, gewiſſe Farbenſtrahlen durchzulaſſen, und die uͤbrigen zuruͤckzuwerfen. Das weiße Knochenglas iſt ein ſolcher Koͤrper; es laͤßt vorzuͤglich nur die tief rothen Strahlen durch und die allermei- ſten andern reflectirt es, ſo daß dieſer Koͤrper blaulich weiß erſcheint, wenn das Licht auf ihn faͤllt, — weiß, weil ſo viele Farbenſtrahlen gemiſcht reflectirt werden, blaulich weiß, weil die rothen, durchge- laſſenen Strahlen in der Miſchung dieſer Farben fehlen und daher das Blau darin uͤberwiegend wird. Wenn man weiße Koͤrper oder Koͤrper, in deren Faͤrbung Roth iſt, durch dieſe Glas-Art anſieht, ſo erſcheinen ſie roth; blaue und gruͤne Koͤrper dagegen erſcheinen beinahe ſchwarz, ſo daß man deutlich an der geringen uͤbrig bleiben- den Faͤrbung von Blau oder Gruͤn ſieht, daß dieſe Farbenſtrahlen ſehr unvollkommen durchgelaſſen werden. Eben dieſe Eigenſchaft zeigen auch manche fluͤſſige Koͤrper, indem zum Beiſpiel Milch, wenn die Schichte duͤnne genug iſt, um noch durchſichtig zu ſein, ziemlich eben die Erſcheinungen wie jene Glas-Art darſtellt. Auf- fallender noch iſt dieſe Scheidung der ungleichfarbigen Strahlen bei einem Waſſer, das einige Zeit aus Stuͤcken von Rinde des wilden Caſtanienbaumes die Saͤfte ausgezogen hat. Dieſes Waſſer ſieht ſchmutzig gelbbraun aus, wenn man es ſo gegen das Licht haͤlt, daß die Strahlen durchgehen; dagegen wenn man das Licht auf die Oberflaͤche ſo fallen laͤßt, daß man nicht den Spiegelglanz des Son- nenbildes erhaͤlt, ſondern die Oberflaͤche ganz als erleuchtet, als durch zerſtreute Lichtſtrahlen ſich hell zeigend, ſieht, erſcheint dieſe blau oder violettlichblau, ſo daß man ſieht, die am meiſten brech-

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/233>, abgerufen am 31.10.2024.