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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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andern Körpern hängt diese Brechungskraft nicht so bestimmt von
der Dichtigkeit ab, und es erhellt, daß auch hier die mannigfaltig-
sten Verschiedenheiten, ungleiche Verwandtschaften der Körper zum
Lichte, statt finden mögen. Nimmt man auf die geringe Dichtig-
keit des Phosphors Rücksicht, so steht er in dem Maaße seiner
Brechungskraft noch über dem Diamant, auch der Schwefel geht
diesem letztern noch voran; nach dem Diamant folgen die Oele,
Harze, Campher; Wasser und Salzsäure, welche Hydrogen ent-
halten, stehen vor den Sauerstoffsäuren, den Glas-Arten, den
Edelsteinen u. s. w.

Ich kehre zu der Theorie der Brechung zurück, die uns noch
über eine andre, Ihnen schon bekannte Erscheinung vollkommenen
Aufschluß giebt. Sie erinnern sich der Umstände, wo an der Rück-
seite des Glases die Brechung in Zurückwerfung überging, wo
z. B. im Prisma sich alle Gegenstände im vollsten Glanze gespiegelt
zeigten; die Theorie führt auf diesen Fall als auf eine nothwendige
Folgerung. Obgleich die Brechung so plötzlich erfolgt, daß die
Krümmung des Lichtstrahls, durch welche der Uebergang aus der
Richtung vor der Brechung in die Richtung nach der Brechung
statt findet, ganz unmerklich ist, so wird es mir doch erlaubt sein,
die unmerkliche kleine Krümmung, gleichsam stark vergrößert gesehen,
so darzustellen, daß ich den aus dem Glase AFGL hervordringenden
Strahl (Fig. 109.) AB, als bei B allmählich der mindern An-
ziehung der Luft unterworfen, bei C aus dem Glase hervordringend,
bei D die ganze Wirkungssphäre des Glases verlassend, und nun
nach der graden Linie DE in der Luft fortgehend, zeichne. Bei
dem wirklich in die Luft hervordringenden Strahle wird durch die
zurückziehende Kraft des Glases AFG die Geschwindigkeit vermin-
dert und die Richtung des Strahles der Richtung der Oberfläche
FG näher gebracht; aber wenn der Strahl unter einer solchen
Neigung wie IH sich der Oberfläche nähert, so läßt sich leicht über-
sehen, daß der Strahl in der Gegend K schon alle gegen die
Oberfläche zu gerichtete Geschwindigkeit kann verlohren haben, und
daß, wenn dort seine Richtung mit FG parallel geworden ist, ehe
das Lichttheilchen die Wirkungssphäre des dichteren Körpers ver-
lassen hat, nun die anziehende Kraft des Glases das Lichttheilchen
nöthigen wird, eine Bahn der IHK ganz ähnlich nach KLM zu

andern Koͤrpern haͤngt dieſe Brechungskraft nicht ſo beſtimmt von
der Dichtigkeit ab, und es erhellt, daß auch hier die mannigfaltig-
ſten Verſchiedenheiten, ungleiche Verwandtſchaften der Koͤrper zum
Lichte, ſtatt finden moͤgen. Nimmt man auf die geringe Dichtig-
keit des Phosphors Ruͤckſicht, ſo ſteht er in dem Maaße ſeiner
Brechungskraft noch uͤber dem Diamant, auch der Schwefel geht
dieſem letztern noch voran; nach dem Diamant folgen die Oele,
Harze, Campher; Waſſer und Salzſaͤure, welche Hydrogen ent-
halten, ſtehen vor den Sauerſtoffſaͤuren, den Glas-Arten, den
Edelſteinen u. ſ. w.

Ich kehre zu der Theorie der Brechung zuruͤck, die uns noch
uͤber eine andre, Ihnen ſchon bekannte Erſcheinung vollkommenen
Aufſchluß giebt. Sie erinnern ſich der Umſtaͤnde, wo an der Ruͤck-
ſeite des Glaſes die Brechung in Zuruͤckwerfung uͤberging, wo
z. B. im Prisma ſich alle Gegenſtaͤnde im vollſten Glanze geſpiegelt
zeigten; die Theorie fuͤhrt auf dieſen Fall als auf eine nothwendige
Folgerung. Obgleich die Brechung ſo ploͤtzlich erfolgt, daß die
Kruͤmmung des Lichtſtrahls, durch welche der Uebergang aus der
Richtung vor der Brechung in die Richtung nach der Brechung
ſtatt findet, ganz unmerklich iſt, ſo wird es mir doch erlaubt ſein,
die unmerkliche kleine Kruͤmmung, gleichſam ſtark vergroͤßert geſehen,
ſo darzuſtellen, daß ich den aus dem Glaſe AFGL hervordringenden
Strahl (Fig. 109.) AB, als bei B allmaͤhlich der mindern An-
ziehung der Luft unterworfen, bei C aus dem Glaſe hervordringend,
bei D die ganze Wirkungsſphaͤre des Glaſes verlaſſend, und nun
nach der graden Linie DE in der Luft fortgehend, zeichne. Bei
dem wirklich in die Luft hervordringenden Strahle wird durch die
zuruͤckziehende Kraft des Glaſes AFG die Geſchwindigkeit vermin-
dert und die Richtung des Strahles der Richtung der Oberflaͤche
FG naͤher gebracht; aber wenn der Strahl unter einer ſolchen
Neigung wie IH ſich der Oberflaͤche naͤhert, ſo laͤßt ſich leicht uͤber-
ſehen, daß der Strahl in der Gegend K ſchon alle gegen die
Oberflaͤche zu gerichtete Geſchwindigkeit kann verlohren haben, und
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[237/0251] andern Koͤrpern haͤngt dieſe Brechungskraft nicht ſo beſtimmt von der Dichtigkeit ab, und es erhellt, daß auch hier die mannigfaltig- ſten Verſchiedenheiten, ungleiche Verwandtſchaften der Koͤrper zum Lichte, ſtatt finden moͤgen. Nimmt man auf die geringe Dichtig- keit des Phosphors Ruͤckſicht, ſo ſteht er in dem Maaße ſeiner Brechungskraft noch uͤber dem Diamant, auch der Schwefel geht dieſem letztern noch voran; nach dem Diamant folgen die Oele, Harze, Campher; Waſſer und Salzſaͤure, welche Hydrogen ent- halten, ſtehen vor den Sauerſtoffſaͤuren, den Glas-Arten, den Edelſteinen u. ſ. w. Ich kehre zu der Theorie der Brechung zuruͤck, die uns noch uͤber eine andre, Ihnen ſchon bekannte Erſcheinung vollkommenen Aufſchluß giebt. Sie erinnern ſich der Umſtaͤnde, wo an der Ruͤck- ſeite des Glaſes die Brechung in Zuruͤckwerfung uͤberging, wo z. B. im Prisma ſich alle Gegenſtaͤnde im vollſten Glanze geſpiegelt zeigten; die Theorie fuͤhrt auf dieſen Fall als auf eine nothwendige Folgerung. Obgleich die Brechung ſo ploͤtzlich erfolgt, daß die Kruͤmmung des Lichtſtrahls, durch welche der Uebergang aus der Richtung vor der Brechung in die Richtung nach der Brechung ſtatt findet, ganz unmerklich iſt, ſo wird es mir doch erlaubt ſein, die unmerkliche kleine Kruͤmmung, gleichſam ſtark vergroͤßert geſehen, ſo darzuſtellen, daß ich den aus dem Glaſe AFGL hervordringenden Strahl (Fig. 109.) AB, als bei B allmaͤhlich der mindern An- ziehung der Luft unterworfen, bei C aus dem Glaſe hervordringend, bei D die ganze Wirkungsſphaͤre des Glaſes verlaſſend, und nun nach der graden Linie DE in der Luft fortgehend, zeichne. Bei dem wirklich in die Luft hervordringenden Strahle wird durch die zuruͤckziehende Kraft des Glaſes AFG die Geſchwindigkeit vermin- dert und die Richtung des Strahles der Richtung der Oberflaͤche FG naͤher gebracht; aber wenn der Strahl unter einer ſolchen Neigung wie IH ſich der Oberflaͤche naͤhert, ſo laͤßt ſich leicht uͤber- ſehen, daß der Strahl in der Gegend K ſchon alle gegen die Oberflaͤche zu gerichtete Geſchwindigkeit kann verlohren haben, und daß, wenn dort ſeine Richtung mit FG parallel geworden iſt, ehe das Lichttheilchen die Wirkungsſphaͤre des dichteren Koͤrpers ver- laſſen hat, nun die anziehende Kraft des Glaſes das Lichttheilchen noͤthigen wird, eine Bahn der IHK ganz aͤhnlich nach KLM zu

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/251>, abgerufen am 21.11.2024.