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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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nicht geringer. Es ist allerdings leichter, denjenigen Lichttheilchen,
die sich durch verschiedene Brechbarkeit unterscheiden, eine Mannig-
faltigkeit der Gestalt oder Größe, und diese Mannigfaltigkeit in
tausend Abstufungen, nach dem Gesetze der Stetigkeit einander fol-
gend, beizulegen; wir können uns diese tausendfach verschiedenen
Theilchen in eben dem Sonnenstrahl zugleich oder neben oder hinter
einander ankommend vereinigt denken und annehmen, daß bei der
Brechung jede Art der Theilchen ihren eignen Weg nehme; aber
da wir genöthigt sind, jedem dieser mannigfaltigen Theilchen un-
gleiche Zustände beizulegen, da wir endlich sogar Fälle werden ken-
nen lernen, wo das Zusammentreffen von Lichtstrahlen die Erleuch-
tung zerstört, anstatt sie zu verstärken, so müssen wir wohl beken-
nen, daß auch diese Theorie keinesweges genügende Aufschlüsse über
alle Erscheinungen giebt.



Vierzehnte Vorlesung.


Die Farben dünner Blättchen.

Als ich neulich, m. h. H., Newton's Behauptung, daß
man sich die Lichttheilchen als einem wechselnden Zustande leichter
Zurückwerfung und leichten Durchganges beim Antreffen an eine
Trennungsfläche zweier durchsichtigen Körper unterworfen denken
müsse, erwähnte, mußte Ihnen, fürchte ich, dieser Gedanke, als
allzu wenig begründet erscheinen; ich eile daher, Sie mit derjenigen
höchst merkwürdigen Erscheinung bekannt zu machen, die beinahe
gradezu auf diese Ansicht führt, und die, wenn sie gleich eine andre
Erklärung gestattet, doch Newton gewiß wegen jener Voraus-
setzung sehr vollständig rechtfertiget.

Diese Erscheinung stellt sich uns in den Farben durchsichtiger
sehr dünner Körper, wenn sie vom Tageslichte oder Sonnenlichte
getroffen werden, dar; -- eine Erscheinung, die ebenso sehr durch
die Schönheit ihrer Farben, als durch die auffallende Eigenthüm-

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nicht geringer. Es iſt allerdings leichter, denjenigen Lichttheilchen,
die ſich durch verſchiedene Brechbarkeit unterſcheiden, eine Mannig-
faltigkeit der Geſtalt oder Groͤße, und dieſe Mannigfaltigkeit in
tauſend Abſtufungen, nach dem Geſetze der Stetigkeit einander fol-
gend, beizulegen; wir koͤnnen uns dieſe tauſendfach verſchiedenen
Theilchen in eben dem Sonnenſtrahl zugleich oder neben oder hinter
einander ankommend vereinigt denken und annehmen, daß bei der
Brechung jede Art der Theilchen ihren eignen Weg nehme; aber
da wir genoͤthigt ſind, jedem dieſer mannigfaltigen Theilchen un-
gleiche Zuſtaͤnde beizulegen, da wir endlich ſogar Faͤlle werden ken-
nen lernen, wo das Zuſammentreffen von Lichtſtrahlen die Erleuch-
tung zerſtoͤrt, anſtatt ſie zu verſtaͤrken, ſo muͤſſen wir wohl beken-
nen, daß auch dieſe Theorie keinesweges genuͤgende Aufſchluͤſſe uͤber
alle Erſcheinungen giebt.



Vierzehnte Vorleſung.


Die Farben duͤnner Blaͤttchen.

Als ich neulich, m. h. H., Newton's Behauptung, daß
man ſich die Lichttheilchen als einem wechſelnden Zuſtande leichter
Zuruͤckwerfung und leichten Durchganges beim Antreffen an eine
Trennungsflaͤche zweier durchſichtigen Koͤrper unterworfen denken
muͤſſe, erwaͤhnte, mußte Ihnen, fuͤrchte ich, dieſer Gedanke, als
allzu wenig begruͤndet erſcheinen; ich eile daher, Sie mit derjenigen
hoͤchſt merkwuͤrdigen Erſcheinung bekannt zu machen, die beinahe
gradezu auf dieſe Anſicht fuͤhrt, und die, wenn ſie gleich eine andre
Erklaͤrung geſtattet, doch Newton gewiß wegen jener Voraus-
ſetzung ſehr vollſtaͤndig rechtfertiget.

Dieſe Erſcheinung ſtellt ſich uns in den Farben durchſichtiger
ſehr duͤnner Koͤrper, wenn ſie vom Tageslichte oder Sonnenlichte
getroffen werden, dar; — eine Erſcheinung, die ebenſo ſehr durch
die Schoͤnheit ihrer Farben, als durch die auffallende Eigenthuͤm-

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[259/0273] nicht geringer. Es iſt allerdings leichter, denjenigen Lichttheilchen, die ſich durch verſchiedene Brechbarkeit unterſcheiden, eine Mannig- faltigkeit der Geſtalt oder Groͤße, und dieſe Mannigfaltigkeit in tauſend Abſtufungen, nach dem Geſetze der Stetigkeit einander fol- gend, beizulegen; wir koͤnnen uns dieſe tauſendfach verſchiedenen Theilchen in eben dem Sonnenſtrahl zugleich oder neben oder hinter einander ankommend vereinigt denken und annehmen, daß bei der Brechung jede Art der Theilchen ihren eignen Weg nehme; aber da wir genoͤthigt ſind, jedem dieſer mannigfaltigen Theilchen un- gleiche Zuſtaͤnde beizulegen, da wir endlich ſogar Faͤlle werden ken- nen lernen, wo das Zuſammentreffen von Lichtſtrahlen die Erleuch- tung zerſtoͤrt, anſtatt ſie zu verſtaͤrken, ſo muͤſſen wir wohl beken- nen, daß auch dieſe Theorie keinesweges genuͤgende Aufſchluͤſſe uͤber alle Erſcheinungen giebt. Vierzehnte Vorleſung. Die Farben duͤnner Blaͤttchen. Als ich neulich, m. h. H., Newton's Behauptung, daß man ſich die Lichttheilchen als einem wechſelnden Zuſtande leichter Zuruͤckwerfung und leichten Durchganges beim Antreffen an eine Trennungsflaͤche zweier durchſichtigen Koͤrper unterworfen denken muͤſſe, erwaͤhnte, mußte Ihnen, fuͤrchte ich, dieſer Gedanke, als allzu wenig begruͤndet erſcheinen; ich eile daher, Sie mit derjenigen hoͤchſt merkwuͤrdigen Erſcheinung bekannt zu machen, die beinahe gradezu auf dieſe Anſicht fuͤhrt, und die, wenn ſie gleich eine andre Erklaͤrung geſtattet, doch Newton gewiß wegen jener Voraus- ſetzung ſehr vollſtaͤndig rechtfertiget. Dieſe Erſcheinung ſtellt ſich uns in den Farben durchſichtiger ſehr duͤnner Koͤrper, wenn ſie vom Tageslichte oder Sonnenlichte getroffen werden, dar; — eine Erſcheinung, die ebenſo ſehr durch die Schoͤnheit ihrer Farben, als durch die auffallende Eigenthuͤm- R 2

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/273>, abgerufen am 21.11.2024.