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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

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am Gefäße herabzufließen, je genauer man das Gefäß abgetrocknet
hat, vorzüglich wenn man dem Strome an dem Stäbchen so viel
Breite als möglich giebt.

Fast alle diese Bemerkungen bezogen sich nur auf die Körper,
die vom Gefäße stark angezogen werden und sich daher an den
Wänden desselben in die Höhe ziehen; aber auch die entgegengesetzte
Erscheinung verdient unsere Aufmerksamkeit. Das Quecksilber ge-
hört zu den Flüssigkeiten, die sich nicht leicht an eine Glaswand
anlegen und die daher in Röhren eine convexe Oberfläche anneh-
men. Da wir nun wissen, daß eine solche Oberfläche, selbst mit
ihrer höchsten Wölbung, nicht so hoch steht, als der Druck es bei
horizontaler Oberfläche fordern würde, so müssen wir bei der
Beobachtung des Barometers den Luftdruck nicht allein der bis
zum höchsten Gipfel gerechneten Quecksilbersäule gleich rechnen,
sondern noch etwas größer, und die Zugabe, die wir hinzurechnen
müssen, ist größer in engen, als in weiten Röhren. Indeß ist diese
Verminderung der Barometerhöhe durch die so große gegenseitige
Anziehungskraft der Quecksilbertheilchen nicht bei allen Glas-Arten
gleich, und es bleibt daher eine kleine Ungewißheit bei der Verglei-
chung von Barometern, die man nicht unmittelbar neben einander
stellen kann, übrig.

Scheinbare Anziehung bis zu größer Entfernungen
durch die Kraft der Haarröhrchen
.

Noch eine andere Reihe von Erscheinungen, wo selbst in be-
deutenden Entfernungen der Schein von Anziehung und Abstoßung
statt findet, gehört hieher. Sehen wir auf dem Wasser in einem
Gefäße Korkstückchen oder auch nur Bläschen schwimmen, so be-
merken wir, daß diese schnell gegen einander und schnell gegen den
Rand des Gefäßes zu gehen, wenn auch der Abstand noch ziemlich
erheblich war; aber der Anschein einer so weit in die Ferne gehenden
Anziehung der Körper beruht nur auf dem eben vorhin betrachteten
höhern Stande des Wassers zwischen zwei einander nahe gerückten
Wänden. So lange nämlich die schwimmenden, vom Wasser bis
über die Wasserfläche hinauf befeuchteten Körper noch ziemlich weit
von einander entfernt sind, ziehen sie zwar neben sich das Wasser
etwas höher hinauf, aber doch nicht in erheblichem Grade; kommen

am Gefaͤße herabzufließen, je genauer man das Gefaͤß abgetrocknet
hat, vorzuͤglich wenn man dem Strome an dem Staͤbchen ſo viel
Breite als moͤglich giebt.

Faſt alle dieſe Bemerkungen bezogen ſich nur auf die Koͤrper,
die vom Gefaͤße ſtark angezogen werden und ſich daher an den
Waͤnden deſſelben in die Hoͤhe ziehen; aber auch die entgegengeſetzte
Erſcheinung verdient unſere Aufmerkſamkeit. Das Queckſilber ge-
hoͤrt zu den Fluͤſſigkeiten, die ſich nicht leicht an eine Glaswand
anlegen und die daher in Roͤhren eine convexe Oberflaͤche anneh-
men. Da wir nun wiſſen, daß eine ſolche Oberflaͤche, ſelbſt mit
ihrer hoͤchſten Woͤlbung, nicht ſo hoch ſteht, als der Druck es bei
horizontaler Oberflaͤche fordern wuͤrde, ſo muͤſſen wir bei der
Beobachtung des Barometers den Luftdruck nicht allein der bis
zum hoͤchſten Gipfel gerechneten Queckſilberſaͤule gleich rechnen,
ſondern noch etwas groͤßer, und die Zugabe, die wir hinzurechnen
muͤſſen, iſt groͤßer in engen, als in weiten Roͤhren. Indeß iſt dieſe
Verminderung der Barometerhoͤhe durch die ſo große gegenſeitige
Anziehungskraft der Queckſilbertheilchen nicht bei allen Glas-Arten
gleich, und es bleibt daher eine kleine Ungewißheit bei der Verglei-
chung von Barometern, die man nicht unmittelbar neben einander
ſtellen kann, uͤbrig.

Scheinbare Anziehung bis zu groͤßer Entfernungen
durch die Kraft der Haarroͤhrchen
.

Noch eine andere Reihe von Erſcheinungen, wo ſelbſt in be-
deutenden Entfernungen der Schein von Anziehung und Abſtoßung
ſtatt findet, gehoͤrt hieher. Sehen wir auf dem Waſſer in einem
Gefaͤße Korkſtuͤckchen oder auch nur Blaͤschen ſchwimmen, ſo be-
merken wir, daß dieſe ſchnell gegen einander und ſchnell gegen den
Rand des Gefaͤßes zu gehen, wenn auch der Abſtand noch ziemlich
erheblich war; aber der Anſchein einer ſo weit in die Ferne gehenden
Anziehung der Koͤrper beruht nur auf dem eben vorhin betrachteten
hoͤhern Stande des Waſſers zwiſchen zwei einander nahe geruͤckten
Waͤnden. So lange naͤmlich die ſchwimmenden, vom Waſſer bis
uͤber die Waſſerflaͤche hinauf befeuchteten Koͤrper noch ziemlich weit
von einander entfernt ſind, ziehen ſie zwar neben ſich das Waſſer
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[16/0030] am Gefaͤße herabzufließen, je genauer man das Gefaͤß abgetrocknet hat, vorzuͤglich wenn man dem Strome an dem Staͤbchen ſo viel Breite als moͤglich giebt. Faſt alle dieſe Bemerkungen bezogen ſich nur auf die Koͤrper, die vom Gefaͤße ſtark angezogen werden und ſich daher an den Waͤnden deſſelben in die Hoͤhe ziehen; aber auch die entgegengeſetzte Erſcheinung verdient unſere Aufmerkſamkeit. Das Queckſilber ge- hoͤrt zu den Fluͤſſigkeiten, die ſich nicht leicht an eine Glaswand anlegen und die daher in Roͤhren eine convexe Oberflaͤche anneh- men. Da wir nun wiſſen, daß eine ſolche Oberflaͤche, ſelbſt mit ihrer hoͤchſten Woͤlbung, nicht ſo hoch ſteht, als der Druck es bei horizontaler Oberflaͤche fordern wuͤrde, ſo muͤſſen wir bei der Beobachtung des Barometers den Luftdruck nicht allein der bis zum hoͤchſten Gipfel gerechneten Queckſilberſaͤule gleich rechnen, ſondern noch etwas groͤßer, und die Zugabe, die wir hinzurechnen muͤſſen, iſt groͤßer in engen, als in weiten Roͤhren. Indeß iſt dieſe Verminderung der Barometerhoͤhe durch die ſo große gegenſeitige Anziehungskraft der Queckſilbertheilchen nicht bei allen Glas-Arten gleich, und es bleibt daher eine kleine Ungewißheit bei der Verglei- chung von Barometern, die man nicht unmittelbar neben einander ſtellen kann, uͤbrig. Scheinbare Anziehung bis zu groͤßer Entfernungen durch die Kraft der Haarroͤhrchen. Noch eine andere Reihe von Erſcheinungen, wo ſelbſt in be- deutenden Entfernungen der Schein von Anziehung und Abſtoßung ſtatt findet, gehoͤrt hieher. Sehen wir auf dem Waſſer in einem Gefaͤße Korkſtuͤckchen oder auch nur Blaͤschen ſchwimmen, ſo be- merken wir, daß dieſe ſchnell gegen einander und ſchnell gegen den Rand des Gefaͤßes zu gehen, wenn auch der Abſtand noch ziemlich erheblich war; aber der Anſchein einer ſo weit in die Ferne gehenden Anziehung der Koͤrper beruht nur auf dem eben vorhin betrachteten hoͤhern Stande des Waſſers zwiſchen zwei einander nahe geruͤckten Waͤnden. So lange naͤmlich die ſchwimmenden, vom Waſſer bis uͤber die Waſſerflaͤche hinauf befeuchteten Koͤrper noch ziemlich weit von einander entfernt ſind, ziehen ſie zwar neben ſich das Waſſer etwas hoͤher hinauf, aber doch nicht in erheblichem Grade; kommen

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/30>, abgerufen am 21.11.2024.